Trotz Agitation von Rechtsextremen - Brandenburger Verfassungsschutz sieht keine Radikalisierung bei Corona-Protesten

Mi 05.01.22 | 15:13 Uhr
Demonstranten treffen sich zu einem nicht angemeldeten «Spaziergang» in der Innenstadt, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. (Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt)
Bild: dpa/Frank Hammerschmidt

Seit Monaten gibt es in Brandenburg immer wieder Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, teilweise mit Teilnehmern aus der Hooligan- und Neonazi-Szene. Eine grundsätzliche Radikalisierung sieht der Brandenburger Verfassungsschutz nicht.

Der Brandenburger Verfassungsschutz sieht bei den Versammlungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen im Bundesland bisher keine nennenswerte Radikalisierung. Die Versammlungen seien überwiegend bürgerlich geprägt, Extremisten seien dort in der absoluten Minderheit, sagte Verfassungsschutzchef Jörg Müller am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. Wenn weiterhin weniger als ein Prozent der Bürgerinnen und Bürger an solchen Versammlungen teilnehme, könne weder von einer Radikalisierung noch von einer Spaltung der Gesellschaft die Rede sein, so Müller.

Rechtsextreme bemühen sich um Steuerung

Sorge bereitet der Behörde allerdings, dass rechtsextreme Organisationen die Proteste für ihre Demonstrationen nutzen, erklärte Müller. Zum Teil gelinge es rechtsextremen Gruppen wie der Kleinstpartei "Der III. Weg", Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an ihren eigenen Versammlungen zu bewegen. Bestimmte rechtsextremen Akteure, wie zum Beispiel auch das Compact-Magazin, würden vom Verfassungsschutz beobachtet.

Die Brandenburger Polizei hatte bei Corona-Protesten unter anderem in Cottbus auf Teilnehmer aus dem Hooligan- und Neonazi-Umfeld hingewiesen. In Cottbus sei bei den Versammlungen die bereits lange bekannte "Mischszene" aus Neonazis, Hooligans, Kampfsportlern und anderen aktiv, sagte Müller. Dieses "toxische Gebilde" versuche, das bürgerliche Milieu zu gemeinsamen Versammlungen zu bringen. Insgesamt bemühten sich Extremisten, die Dynamik zu steuern.

Regionalisierung als Strategie

Die Regionalisierung und Verteilung der Versammlungen gegen die Corona-Politik auf eine Vielzahl von Orten sei eine Strategie, die in der rechtsextremen Szene propagiert werde, erläuterte Müller am Mittwoch. Dies habe jedoch bisher nicht zu insgesamt steigenden Teilnehmerzahlen geführt.

Innenstaatssekretär Uwe Schüler (CDU) belegte das mit Daten aus den letzten Wochen: Im Zeitraum vom 17. bis 23. Dezember hätten demnach insgesamt 94 Versammlungen mit rund 32.500 Beteiligten stattgefunden, vom 24. bis 30. Dezember insgesamt 97 Versammlungen mit rund 22.700 Teilnehmern und in der zurückliegenden Woche wurden noch 95 Versammlungen mit insgesamt 24.500 Teilnehmern registriert.

Die Brandenburger Polizei hatte am Dienstag abweichende Zahlen genannt und auf steigende Teilnehmerzahlen bei den Demonstrationen verwiesen. Sie legte allerdings auch abweichende Zeiträume zugrunde - ein direkter Vergleich ist daher nicht möglich.

Proteste oft nicht angemeldet

Die Zahl nicht angemeldeter Versammlungen hat laut Schüler "sprunghaft" zugenommen. Solche sogenannten Spontanversammlungen seien zwar zulässig, müssten dann jedoch vor Ort Anmelder finden. Wenn sich kein Versammlungsleiter finde, könnten die Aufzüge auch aufgelöst werden. Die Polizei versuche jedoch zu vermeiden, dass Auflösungen solcher Versammlungen erforderlich werden.

Insgesamt seien bei Versammlungen mit Corona-Bezug wegen Verstößen gegen geltende Regelungen bisher 209 Strafanzeigen und 488 Ordnungswidrigkeitsanzeigen aufgenommen sowie 421 Platzverweise erteilt worden, sagte Schüler.

Die höchsten Teilnehmerzahlen würden meist in Cottbus verzeichnet. Dort hätten am vergangenen Montag erneut rund 3.000 Menschen teilgenommen.

Sendung: Inforadio, 05.01.2022, 13.40 Uhr

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