Wassermangel und Strukturwandel - Flutung des Cottbuser Ostsees weiterhin gestoppt

Mo 09.01.23 | 17:11 Uhr
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Der Cottbuser Ostsee Luftaufnahme. (Quelle: picture alliance / Andreas Franke)
Video: rbb|24 | 10.01.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: picture alliance / Andreas Franke

Der Cottbuser Ostsee: früher Braunkohle-Tagebau, eines Tages wohl Deutschlands größter künstlicher See. Dafür braucht es viel Wasser. 2019 wurde der Hahn aufgedreht - doch seit Monaten ist er wieder zu. Die Leag sieht keinen Grund zur Unruhe. Von Andreas Rausch

Der Wasserhahn am Cottbuser Ostsee bleibt vorerst geschlossen, trotz des vielen Regens der vergangenen Wochen. Das liegt laut der Flutungszentrale am aktuellen Wasserhaushalt in der Lausitz. Demnach gibt es immer noch ein Wasserdefizit durch die trockenen Sommer der vergangenen Jahre.

Cottbuser Ostsee

Flutung des Cottbuser Ostsees hat begonnen, Wasser laeuft am Einlaufbauwerk Lakoma in das Seebecken (Foto: dpa/Franke)
picture alliance

Im April 2019 hat am ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord die Flutung begonnen.

Gut 80 Prozent des Wassers kommt aus der Spree, der Rest durch Grundwasseranstieg. Das Gesamtvolumen soll 256 Mio m³ betragen, der aktuelle Füllstand liegt bei 106 Mio m³ [Januar 2023/PDF/leag.de].

Der Ostsee soll 1.900 Hektar groß werden - und damit der größte künstliche See Deutschlands.

Seit Mai 2021 herrscht ein Flutungsstopp für den Cottbuser Ostsee, der bis jetzt nicht aufgehoben wurde [leag.de]. Das Bild im Schatten des Schaukastens, direkt am Ostseeeinlauf, wird nur noch selten gewechselt. Es lohnt sich nicht, denn der Pegel steht unverändert bei gut 56 Metern - knapp sechs Meter unter dem angepeilten Endstand [leag.de]. Rund 140 Millionen Kubikmeter Wasser fehlen noch. Wann wieder welches fließen kann, ist im Moment unklar.

Anwohner beunruhigt

Ostseeanwohner machen sich Sorgen - vor allem dort, wo schon Millionen Euro investiert wurden, wie in den Sportboothafen Teichland (Spree-Neiße). "Die Leute sind beunruhigt", sagte Bürgermeister Harald Groba dem rbb. Denn es würden nicht nur Fördermittel, sondern auch Mittel der Kommune investiert werden. "Dann kommen natürlich Zweifel auf: Haben wir denn alles richtig gemacht?" Im Moment beantworte er die Frage immer noch überzeugt mit "Ja", obwohl "die Probleme rundum bestehen."

Leag hält an Zeitplan fest

Die drei vergangenen Jahre waren besonders trocken und nun hilft erstmals seit dem Flutungsbeginn 2019 auch der Winter nicht. Die Niederschläge reichen nicht aus. Unabhängig vom aktuellen Pegel der Spree, die der größte Wasserlieferant des Ostsees ist, müsse nun laut Flutungszentrale vorgesorgt werden.

Die Speicher wie zum Beispiel die Talsperre Spremberg (Spree-Neiße) und verschiedene Speicherbecken in Nordostsachsen müssen aufgefüllt werden. Denn bei der Wasserversorgung der Lausitz gibt es eine Rangordnung. Zuerst sind die Speicher dran, erst später der Ostsee. Die Speicher helfen wiederum in trockenen Zeiten unter anderem der Spree.

"Unseren Prognosen liegen 100 Szenarien zugrunde", teilte die Leag dem rbb schriftlich mit. Dazu würden Bedingungen mit sehr hoher Wasserverfügbarkeit gehören, aber auch anhaltende Trockenperioden. "Über diese Szenarien betrachtet, sollte der Zielwasserstand Mitte dieses Jahrzehnts erreicht werden."

Aktuell scheinen die Projekte wie der Sportboothafen oder die neue Wohnbebauung ebenso im Dämmerzustand zu verharren wie der See selbst. Der Chef des Landesbergamts, Sebastian Fritze, mahnt, sich hier noch ein wenig zurückzuhalten. "Ein See braucht seinen Raum. Wenn man den See bis auf den letzten Zentimeter bautechnisch zu Leibe rückt, wenn er sich mit seinen Böschungen eigentlich noch gar nicht ans Wasser gewöhnen konnte, dann wird sich das zu wehren wissen."

Dass es in den vergangenen Monaten auch Rutschungen gab, sehen das Bergamt und der für den See zuständige Energiekonzern Leag als normal an. Die Uferbereiche sollen weitestgehend wiederhergestellt werden, "um die Standsicherheit der Uferböschungen wiederherzustellen und die zukünftigen Ufer gegen Wind und Wellen zu schützen", so die Leag.

Weiterer Tagebau soll noch größerer See werden

Unterdessen sorgen Pläne der Leag für einen noch größeren See in der Lausitz für Diskussionen. Nach dem Auslaufen des Tagebaus Welzow-Süd (Spree-Neiße) soll dieser geflutet und zu einem 1.960 Hektar großen See werden.

Erst vergangene Woche hatte Infrastrukturminister Guido Beermann, der für die Landesplanung zuständig ist, die Pläne gegenüber dem rbb verteidigt. Weil der Tagebau Welzow-Süd nicht wie ursprünglich geplant weitergeführt wird, müsse neu gedacht werden. Ein entsprechendes Verfahren habe bereits begonnen. "Die Massen sind ja weg, eine Milliarde Tonnen Kohlen sind ja weg. Da kannst du nicht ein bisschen Erde ranfahren und es wieder auffüllen", so Beermann. "Wenn dort in bis zu 80 Metern [Tiefe] Braunkohle abgebaut wird und das Ganze renaturiert oder umgestaltet wird, wird dort schon aufgrund des Grundwassers ein See entstehen."

Der Umweltverband "Grüne Liga" kritisierte im Dezember, dass die bestellten Gutachter für den geplanten See seit Jahren Auftragnehmer der Leag und somit nicht neutral seien. Deshalb müsse das Vergabeverfahren durch die Landesplanung wiederholt und anschließend geprüft werden, wie stark der geplante See verkleinert werden könne. Für die LEAG bedeute eine großflächige Flutung des dann ausgekohlten Tagebaus Welzow Süd die kostengünstigste Variante und Einsparungen von hunderten Millionen Euro, so die Grüne Liga.

Infrastrukturminister Guido Beermann will die Bürger bei der Neugestaltung des Restloches beteiligen. Ein erster Termin im Dezember hatte allerdings ohne Öffentlichkeit stattgefunden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.01.2023, 16:30 Uhr

52 Kommentare

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  1. 52.

    Gegangen sind die Bewohner trotzdem nicht gerne
    Gegen die Kohlelobby ist der kleine Bürger aber Machtlos
    Heimat ist auch wertvoll , aber ein Städter weiß wohl nicht was Heimatverbundenheit heisst
    Den Nachbarort Immerrath ist schon dem Erdboden gleichgemacht
    Auch dem Tageabau Hambach werden noch Dörfer der Kohle zum Opfer fallen
    Zu bedenken, hier soll nur noch bis 2030 gefördert werden

  2. 51.

    Wir waren zuletzt Mitte November letzten Jahres in der Gegend und auf dem Aussichtsturm Merzdorf: das sieht ziemlich öde aus dort. Es ist mehr eine karge, sandige Ebene, denn ein See. Und es ist mehr als zweifelhaft, das in nächster Zukunft die notwendigen Niederschläge fallen. Meine Einschätzung: viel Geld verbrannt für nix. Das Ding wird austrocken.

    Gruß
    Navan

  3. 50.

    Verladung funktioniert nur über die Serufer, bei den Ausmaßen dauert das ewig.

    Eher wird es nie ein richtiger See werden.

    Mit der schwarzen Elster sieht es was Wasserverfügbarkeit angeht auch nicht besser aus.

    Das ist selbst mit extremen Niedrigwasser des Rheins nicht zu vergleichen, der einfachste Unterschied, der Rhein fließt im Sommer wenigstens noch in die richtige Richtung.

  4. 49.

    Wenn man da das Beispiel Aralsee durchspielt mit hoher Verdunstung, wenig Zufluß und Verlandung, ergibt sich dann bald ein Seeband um eine Insel.

  5. 48.

    Die paar Meter Tiefe hätte man eben durchaus ausschütten können und andere Stellen dafür tiefer Formen können.

    Verursacht eben Kosten.

    Theoretisch hätte das ein Moor oder zumindest eine großflächige Feuchtwiese werden können.

  6. 47.

    Nun bin ich mal ganz ehrlich, ich hab da wirklich keine Ahnung. Aber neue Siedlungen auf ehemaligen Tagebaugruben, ist das trotz auch fachgerechter Auffüllung der Löcher nicht immer noch mit Setzungen verbunden? Oder wurden da besondere Vorkehrungen getroffen? Denn es ist doch noch garnicht solange her, wo in Brandenburg eine Straße wegen Setzungen gesperrt werden musste? Auch kenne ich persönlich nicht den Zeitraum wie lange so ein ausgefülltes Areal "ruhen" muss.

  7. 46.

    Die durchschnittliche Tiefe des Sees soll 2,5 bis 3 Meter betragen, die Fläche was die ehemalige Kippe war. Die Randbereiche werden eine tiefe von etwa 40 Meter aufweisen.

  8. 45.

    Natürlich ist es Ironie, mit der Siedlung im Abbauloch
    Machen Sie mal Vorschläge wie sie ein 250 m tiefes Loch , so groß das sie vom einen Ende fast das andere Ende fast nicht mehr sehen können rekultiviert werden soll
    Ich weiß es nicht
    Zu bedenken ist au h das der Rhein nicht direkt nebenan fließt

  9. 44.

    Habe Verwandtschaft in Kerpen, bei Köln
    Bin oft dort
    Die letzten Jahre, besonders letztes Jahr Steppenlandschaft , viel zu trocken
    Der Rhein so niedrig, daß die Schifffahrt fast eingestellt werden musste , voraussichtlich wird es noch trockener , vielleicht nicht ganz so wie in Osten, aber trotzdem viel zu trocken
    Alleine das Loch in Garzweiler braucht 70 Jahre bei jetzigen Verhältnisse um voll zu laufen
    Hier noch einen Ort und Ackerflächen abzubuddeln wegen 6 Jahren, wo hier noch gefördert werden soll ist für mich unverständlich
    Lützerath könnte man durchaus auch wieder besiedeln, Wohnraum wird gebraucht

  10. 43.

    Wäre die Spree wie der Rhein hätte die LEAG kein Problem.

    Und natürlich bleiben Restlöcher, aber die werden tief und von der Oberfläche eher klein im Vergleich zum Volumen.

    Noch dazu dürfte westlich von Köln auch in Zukunft kein Kontinentalklima vorherrschend werden, sondern eher noch mehr Niederschlag.

  11. 42.

    Es geht nicht darum ob da noch jemand wohnt.
    NACHWEISLICH ! Wird die Kohle unter Lützerath bis 2030 gar nicht gebraucht.

  12. 41.

    Ihnen ist wohl entgangen, das in dem Ort niemand mehr wohnt und die ehemaligem Bewohner großzügig entschädigt wurden.

  13. 40.

    Die Kohlefraktion ist angesichts der Probleme ziemlich kleinlaut hier......

  14. 39.

    Lincoln dies ist auch in der Lausitz so. Die Leag muss sämtliche Flächen rekultivieren oder lässt es von anderen Unternehmen. Auch in der Lausitz werden rekultivierte Flächen wieder genutzt, auf einer zum Beispiel wurde ein Weinberg errichtet, auf anderen stehen WKA. Laut einem Bericht will die Leag weitere rekultivierte Flächen nutzen und dort WKA und PV Anlagen aufstellen. Und jetzt zum Thema Flutung, das was meistens geflutet wird, sind die sogenannten Restlöcher die entstehen weil durch die Entnahme der Kohle der Abraum dem man vorher beseitigt hat nicht mehr reicht um den Tagebau wieder restlos zu verfüllen.
    Desweiteren wurden einige Tagebaue nach der Wende ohne große Übergangszeiten geschlossen und somit hat keine ausreichende Rekultivierung statt gefunden und deshalb hat man dann diese eher geflutet.Außerdem hatten viele Politiker sich zum Thema gemacht ein lausitzer Seenland entstehen zu lassen und somit den Tourismus in die Lausitz zu holen,ob die Rechnung aufgeht mal sehen.

  15. 38.

    @rbb: Wer lesen und richtig recherchieren kann, ist klar im Vorteil. Laut LEAG und diversen Videos bei Youtube zur Flutung im Netz, Zitat " genehmigte Einleitmenge Flutung pausiert seit 09.05.2022". Wie kommen Sie also auf Mai 2021?

  16. 37.

    Es mag in wikipedia stehen, aber diese Lösung entspricht nicht dem in NRW geltenden Gesetz. Flutung ist immer die billigere Lösung als Rekultivierung und dazu ist RWE nach dem geltenden Gesetz verpflichtet.
    Ihre Ironie bezüglich der Siedlungen im Abbauloch spricht für Ihr Textverständnis. Ich hatte Sie auf die alten Tagebaue und dort vorbildlich durchgeführte Rekultivierung hingewiesen und trotzdem dauert es rund 50zig Jahre bis der Grundwasserstand erreicht ist, der vor der Kohlegewinnung dort bestand! Bitte befassen Sie sich mit Lokalgeschichte!

  17. 36.

    Als man vor 4 Jahren mit der Flutung begann war die Welt noch eine andere. Angela Merkel und Peter Altmaier versprachen den Lausitzern mal wieder blühende Landschaften. Man konnte noch im Helenensee baden. Dann kam eine neue Landesregierung und seit dem läuft es nicht mehr rund. Es wurden Fragen gestellt, die vorher niemanden interessierten. Es folgten der Kohleausstieg, Sperrung vom Helenensee. Auf einmal in die Welt nicht mehr in Ordnung und die Lausitz wird das Babylon der Gegenwart.

  18. 35.

    Neue Ansiedlungen in einem 250 m Tiefen Loch das einer Mondlandschaft gleicht ??
    Garzweiler soll zu einem See werden , dauert 70 Jahre wenn der Rhein bis dahin überhaupt noch soviel Wasser hat
    Steht auf Wikipedia ,Tageabbau Garzweiler

  19. 34.

    Nur zu Ihrer Information: in NRW ist die Rekultivierung der Tagebau gesetzlich vorgeschrieben und da beißt die Maus keinen Faden ab. RWE muß also auch die neuen Tagebaue wieder rekultivieren und kann sie nicht einfach fluten. Schauen sie doch auf die alten ausgekohlten Tagebauflächen. was finden Sie dort land- und forstwirschaftliche Flächen, sowie neu Ansiedlungen.

  20. 33.

    »Ich erinnere mich an einen Artikel der vom Appell eines Bürgermeisters aus dem Spreewald berichtet, der nachdem Braunkohletagebaue beendet wurde und der Grundwasserstand wieder auf der alten Höhe, man möge das Wasser wieder abpumpen da die Gebäude nicht auf den hohen Grundwasserspiegel ausgerichtet waren.«

    Es ist relativ unwahrscheinlich, daß der Grundwasserspiegel weiterhin abgesenkt gehalten wird. So tragisch das ist, aber es ist ein persönliches Pech für die Leute, die nach ca. 1950 Ziegelbauten errichtet haben. (Regionaltypische Umgebindehäuser aus Holz und Lehm kämen mit den Bewegungen im Untergrund besser klar.)

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