Langer Weg für Millionenprojekt - Umstrittene Stadthalle in Finsterwalde wird nach mehr als 15 Jahren eröffnet

Fr 09.12.22 | 06:12 Uhr
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Stadthalle Finsterwalde Modell (Foto: Stadt Finsterwalde/Vogel)
Audio: Antenne Brandenburg | 09.12.2022 | Thomas Krüger | Bild: Stadt Finsterwalde

Irgendwann nach der Jahrtausendwende wurde die Idee einer Stadthalle für Finsterwalde geboren. Lange wurde gekämpft und gestritten. Auf dem Weg haben sich die Kosten fast verdoppelt. Nun soll das erste Konzert im Millionenbau stattfinden.

Sie ist das größte Bauprojekt der Sängerstadt Finsterwalde (Elbe-Elster): Die viel diskutierte Stadthalle "Kulturweberei" öffnet am Freitagabend zum ersten Mal die Türen für Besucher. Premierenveranstaltung ist ein Weihnachtskonzert der Kreismusikschule Gebrüder Graun.

Bis dahin war es ein langer, rund fünfzehnjähriger Weg - mit Bürger-Workshops, Diskussionen, Klage, Bürgerentscheid, Kostensteigerung, Baustopp, Hilfe von Bund und EU und schließlich einer Stadtverordnetenentscheidung. "Es war ein langwieriger Prozess, aber ich glaube gut für die Stadt, weil wir viel über das Projekt diskutiert haben", sagte Bürgermeister Jörg Gampe (CDU) anlässlich der Grundsteinlegung 2020 dem rbb. "Wir haben es auch immer weiter fortentwickeln können. Natürlich hat es auch immer wieder in den Seilen gehangen."

Start der Bürgerbeteiligung

2007 kam zum ersten Mal die Idee auf, für Finsterwalde eine Stadthalle zu bauen. 2009 wurde das "Entwicklungsthema im überarbeiteten Stadtentwicklungskonzept verortet und mit breiter Mehrheit [von den Abgeordneten] beschlossen", blickte Bürgermeister Gampe einige Jahre später zurück [finsterwalde.de].

Auch die Bürger konnten mitreden und Ideen einbringen. Im Mai 2011 wurde ein erster Workshop mit der Frage "Braucht die Stadt Finsterwalde eine Kongress- und Veranstaltungshalle?" veranstaltet, zu dem laut Stadt rund 100 Personen gekommen waren. Die Frage haben demnach die meisten Teilnehmer mit "Ja" beantwortet. Arbeitsgruppen wurden gegründet, ein weiterer Workshop folgte im Herbst 2011.

Sänger von Finsterwalde (Foto: rbb/Schneider)
Statur der Sänger in Finsterwalde | Bild: rbb/Martin Schneider

Im Oktober 2014 wurde das Vorhaben konkreter: Die Stadtverordneten beauftragten die Verwaltung, die finanziellen Voraussetzungen für den Bau auf dem Gelände der ehemaligen Schaeferschen Tuchfabrik zu schaffen. Im Beschluss ist die Rede von Kosten in Höhe von 10,7 Millionen Euro [PDF/Finsterwalde.de].

Während Bürgermeister Jörg Gampe für das Großprojekt warb, wollte es die örtliche SPD kippen und hatte ein Bürgerbegehren gestartet. Der Protest gegen das Bauvorhaben entzündete sich vor allem am Preis und den zu erwartenden Folgekosten. Die SPD befürchtete auch, dass die neue Halle das Geschäft der kleinen Säle oder des Kulturhauses in Plessa (Elbe-Elster) kaputt machen könnte. Der Bürgermeister erklärte dagegen mit Blick auf die Kosten: Wenn schon gebaut werde, dann richtig. Er sprach auch davon, einen Veranstaltungsmanager einstellen zu wollen, der Showacts in die Stadt mit der jahrhundertelangen Sangestradition holen soll. Dadurch, dass die Halle umbaubar wäre, könnten dort auch Schulaufführungen oder Feiern stattfinden, so Gampe 2014.

Ein Bürger steht vor dem Modell für eine Stadthalle in Finsterwalde (Quelle: rbb)
Ein Bürger steht 2016 vor dem Modell für die Stadthalle. | Bild: rbb

2016 kam es schließlich zu einem Bürgerentscheid über den Bau der Stadthalle, bei dem sich die Befürworter durchgesetzt haben. Gut 64 Prozent der Wähler stimmten für das Vorhaben. Der Bürgermeister sprach von einem "deutlichen Zeichen".

Stadt legt Projekt auf Eis

Im Juni 2018 schließlich die überraschende Nachricht: "Finsterwalde legt die Pläne auf Eis". Die Stadt begründete den Schritt mit gestiegenen Baupreisen und neuen Bauvorschriften, die ebenfalls die Kosten erhöhen würden. Nach damaligen rbb-Informationen führte das verantwortliche Architekturbüro die Mehrkosten auf die erhöhten Anforderungen beim Brandschutz und Lüftungsvorgaben zurück. Die Investitionssumme hatte sich nun fast verdoppelt, auf rund 19 Millionen Euro. Bürgermeister Gampe erklärte damals, dass das Projekt "so, wie wir es jetzt vorgelegt bekommen haben, unrealistisch für uns ist".

Neustart

Im Februar 2019, kommt wieder Bewegung in das Projekt. Die Stadtverordneten haben beschlossen, dass die ehemalige Tuchfabrik doch zur Stadthalle umgebaut werden soll. Der Grund: Wegen zusätzlicher Fördermittel liegt der Eigenanteil der Stadt niedriger als bei den ursprünglichen Planungen. Wenige Monate später im April 2019 wurde bekannt, dass der Bund rund eine Million Euro mehr zur Verfügung stellen will. Dazu kommt ein Zuschuss von 8.600.000 Euro von der Europäischen Union. Insgesamt sind 70 Prozent der Investitionssumme Fördermittel.

Grundsteinlegung Stadthalle Finsterwalde 2020 (Foto: rbb)
Grundsteinlegung 2020 | Bild: rbb

Im September 2020 konnte schließlich der Grundstein für die künftige Stadthalle gelegt werden, im Juni 2021 folgte das Richtfest. Anderthalb Jahre später, am 6. Dezember 2022, fand die endgültige Bauabnahme für die neue Kongress- und Veranstaltungshalle "Kulturweberei" statt, bevor nun zum ersten Mal für eine Veranstaltung geöffnet wird. Nach Angaben der Stadt kann sie künftig "multifunktional" genutzt werden - zum Beispiel für Lesungen, Konzerte oder Tagungen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.12.2022, 09:30 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Wie hoch waren denn nun die Gesamtkosten? Die 19 Millionen waren eine Schätzung in 2018.

  2. 3.

    Es ist wichtig, dass auch in den Orten in Brandenburg öffentliches Leben einzieht. Hoffentlich wird die Halle häufig und multikulturell genutzt und das Angebot wird auch an eine junge Zielgruppe gerichtet. Wichtig, um die die Innenstadt attraktiver zu machen und die Bevölkerung freut sich.

  3. 2.

    Wie hoch waren nun letztendlich die Baukosten? Und um eine unwesentlcihe Meinung aus der Ferne bilden zu können, ob eine 16.000 Einwohner-Städtchen in der Brandenburger Pampa 'ne eigene Stadt-/Veranstaltungshalle braucht, wäre es hilfreich zu wissen, wie groß sie ist.

  4. 1.

    Dass man es sich mit so einer happigen Investition nicht leicht macht, ist doch richtig und nicht „umstritten“. Und wenn der eigentliche Bau dann in gut einem Jahr geschafft wird, ist das erfreulich und kein Grund zum Nörgeln. Gratulation an Finsterwalde zur Stadthalle - möge sie gut genutzt werden!

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