Rückkehrertag in Cottbus - "Heimat ist Heimat, da, wo man aufgewachsen ist"

Fr 27.12.19 | 17:20 Uhr
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Besucher beim Cottbuser Rückkehrertag
Audio: Inforadio | 27.12.2019 | Iris Wussmann | Bild: rbb/Th. Krüger

Viele junge Leute aus der Lausitz sind in der Vergangenheit in den Westen gegangen, wo es Arbeit und Perspektiven gab. Jetzt zieht es sie zurück nach Hause. Und als Arbeits- und Fachkräfte sind sie gefragter denn je. Von Iris Wussmann

Arbeit gibt es genug in der Lausitz und im Elbe-Elster-Land, sagt der Chef der Cottbuser Arbeitsagentur, Heinz-Wilhelm Müller, und listet 6.000 unbesetzte Stellen sowie 2.000 Ausbildungsplätze auf. Lange nicht habe es eine solche Menge an Arbeitsangeboten gegeben, betont Müller. Und durch die Ansiedlung neuer Firmen in der Region könnten Hunderte weiterer Jobs entstehen. Positiv zeichnet Müller am Freitag die Lage - abschreckende Signale angesichts des Kohleausstiegs sieht er hingegen nicht.

Mit diesen ließe sich wohl auch nicht so gut werben - beim fünften sogenannten "Rückkehrertag" am Freitag in Cottbus. Der Name ist Programm: Gemeinsam mit Handwerkskammer, Universität BTU Cottbus-Senftenberg, dem Carl-Thiem-Klinikum und anderen Institutionen und Firmen wollen Stadt und Arbeitsagentur Weggezogenen die Rückkehr schmackhaft machen. Der Termin zwischen den Jahren bietet sich an, weil viele ihre Familien und Freunde zu Hause besuchen.

Interessierte können sich beim jährlichen Rückkehrertag beispielsweise informieren, welche freien Jobs es gibt, ob Plätze in Kindertagesstätten und Schulen vorhanden wären - und sich gute und preiswerte Wohnungen finden. Auch andere Kommunen in Brandenburg bieten Rückkehrertage an, beispielsweise am Freitag in Calau, Guben, Schwarzheide, Fürstenwalde und Finsterwalde.

Arbeitsagneturchef Heinz-Wilhelm Müller und Sozialdezernentin Maren Dieckmann eröffen den 5. Rückkehrertag
H.-W. Müller (li.), Chef Arbeitsagentur Cottbus | Bild: rbb/Th. Krüger

"Heimat ist Heimat"

Nach Cottbus sind auch Christof Lehmann und seine Frau gekommen. "Heimat ist Heimat, da, wo man aufgewachsen ist, fühlt man sich zu Hause", stellt Christof Lehmann fest. Er und seine Frau kommen aus Cottbus - und beide wollen wieder zusammen in der Stadt leben. Momentan führen sie eine Fernbeziehung - sie arbeitet in Hamburg. Über das Rückkehrerprogramm bekommt die Frau schon jetzt regelmäßig Stellenangebote und bewirbt sich immer wieder. Allerdings bisher ohne Erfolg. Deshalb sind beide auch nochmal beim Rückkehrertag.

Auch ein anderes Paar ist da. Sie: Gesundheitspflegerin, gebürtig aus der Lausitz. Er: Industriemechaniker in Freiburg (Breisgau). Beide haben drei Kinder, leben in Freiburg, haben dort gut bezahlte feste Arbeitsstellen. Aber was bringe das Geld, wenn die Lebensverhältnisse nicht glücklich machten, fragen sich beide. Die Sehnsucht nach Cottbus sei groß.

Berater geben Auskünfte zu Angeboten bei Rückkehr nach Cottbus
Beratung für Rückkehrer | Bild: rbb/Th. Krüger

Zurück nach Hause ja, aber...

Trotzdem: Bei aller Sehnsucht nach Ruhe, nach bezahlbaren Grundstücken und Häusern, nach Freunden und Familie dürften die Abstriche beim Gehalt nicht zu groß sein, sagt Arbeitsagenturchef Müller. Unternehmen, die glauben, mehr als zehn Prozent weniger unter dem Bundesdurchschnitt zahlen zu können, würden wohl kein Personal finden.

Die Stadt Cottbus verlor im vergangenen Jahr 817 Einwohner, Abwanderung ist in den berlinfernen Regionen Brandenburgs nach wie vor ein Problem. Müller zufolge lohnt sich der hohe Aufwand, der mit dem Rückkehrertag verbunden ist, trotzdem. Auch wenn nicht genau gesagt werden könne, wie viele Stellen am Ende durch die Initiative besetzt werden: Das Signal, dass in Cottbus gelebt und gearbeitet werden kann, sei wichtig.

2 Kommentare

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  1. 2.

    Heimat ist für mich aber kein Ort. Im Grunde schnurz wo der Geburtsort oder der Wohnort ist. Leben kann jeder überall.

  2. 1.

    "Unternehmen, die glauben, mehr als zehn Prozent weniger unter dem Bundesdurchschnitt zahlen zu können, würden wohl kein Personal finden."
    Jupp. Volle Zustimmung.
    Mehr als 10% billiger ist mein Einkauf im Rewe oder Aldi nämlich auch nicht.
    Und die Miete auf dem Land ist, verglichen mit anderen Mieten auf dem Land im Westen, auch nur 10% billiger.
    Und meine Krankenkassen- und Rentenbeiträge sind auch nur 10% niedriger als im Westen.
    Ebenso wie Briefporto, Benzin, Strom, KFZ-Haltungskosten usw.

    Wer Ironie findet darf sie behalten.
    Liebe Grüße von einem, der jetzt 10% mehr hat und erst bei 1-2% MEHR wieder ans Rückkehren in eine Region denkt, die logistisch schlechter erschlossen ist und in der es noch Kilometer durchmessende Funklöcher gibt.

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