Ansprüche jüdischer Organisation - Cottbuser müssen weiter um ihre Grundstücke bangen

Mi 22.01.20 | 21:38 Uhr
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Das Haus der Familie Homer in Cottbus Groß Gaglow (Foto: rbb/Manske)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.01.2020 | Iris Wussmann | Bild: rbb/Phillipp Manske

Dieser Fall sorgt international für Aufmerksamkeit: In Cottbus bangen einige Einwohner um ihre Häuser. Es geht um die Rückübertragung von Grundstücken ehemaliger jüdischer Siedler. Der eingesetzte Schlichter hat nun erste Ergebnisse präsentiert.  

Im Streit um die Rückübertragung von Grundstücken ehemaliger jüdischer Siedler an die Jewish Claims Conference (JCC) im Cottbuser Ortsteil Groß Gaglow hat der eingesetzte Schlichter rbb|24 einen Zwischenstand präsentiert. Die wichtigste Nachricht ist: Bis zum Sommer wird klar sein, ob die Schlichtung erfolgreich gewesen ist - oder ob sie gescheitert ist.

Nervlich am Ende

Die betreffenden Grundstücke waren durch Bescheide des Bundesamtes für offene Vermögensfragen der JCC zugesprochen worden, da die ursprünglichen Besitzer, eine jüdische Siedlergemeinschaft, im Jahr 1933 von den Nationalsozialisten enteignet worden waren.

Der von der Staatskanzlei eingesetzte Schlichter machte deutlich, dass bis Juli eine Lösung gefunden sein müsse. Entweder einigten sich beide Seiten noch im ersten Halbjahr - oder die Schlichtung sei gescheitert. Dann müsste der Streit vor Gericht geklärt werden. Genau das will Schlichter Jürgen Kipp, der ehemalige Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg, den Groß Gaglowern gern ersparen. Sie sind größtenteils über 80 Jahre alt, durch den jahrelangen Kampf zermürbt und nervlich am Ende.

Abstriche auf beiden Seiten

Ob eine Schlichtung gelingt, ist laut Kipp schwer zu sagen. Jeder der vier Fälle liege anders. Deshalb brauche er vier Lösungen. Keine der Seiten werde jedoch ihre Maximalforderungen durchsetzen können, meint der Schlichter.

So werde die Jewish Claims Conference von ihrer Forderung nach Rückgabe des Landes abrücken müssen. Und die Groß Gaglower werden wahrscheinlich nicht sagen können, dass sie nichts für die Situation könnten. Bisher hieß es, die Eltern hätten die Grundstücke in gutem Glauben erworben und nichts von dem Unrecht gewusst.

Politische Lösung ist offenbar ausgeschlossen

Seit Jahren hoffen die Groß Gaglower, dass es eine politische Lösung gibt, sprich: dass der Bund für altes Unrecht einstehen muss. Der Orstvorsteher Dieter Schulz (Fraktion AUB Cottbus) hat erst am Montag auf der Grünen Woche Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) angesprochen und gerade den dritten Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geschickt - mit der Bitte, trotz der eindeutigen Gesetzeslage "Rückgabe vor Entschädigung" eine Lösung zu finden. Eine Antwort habe er nie bekommen.

Kipp hält es für ausgeschlossen, dass der Bund finanziell einspringt. Dies würde für einen Präzedenzfall sorgen. Auch Andere würden dann ihre Ansprüche anmelden.

Internationale Aufmerksamkeit

Der Fall Groß Gaglow erregte nicht nur in Deutschland Aufmerksamkeit. So hatte beispielsweise ein israelischer Journalist die Familien Anfang 2019 besucht. Sein Artikel hatte auch in Israel Kritik ausgelöst. Auch Holocaust-Überlebende und deren Kinder kritisierten die JCC für ihr Vorgehen in einem offenen Brief.

3 Kommentare

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  1. 3.

    War das bei den Hohenzollern, wo sich alles Queer stellt? Es müssen nur die richtigen kommen, dann ist Rückübereignung kein Problem.
    Vor allem jetzt, fast 100 Jahre später.

  2. 2.

    Hier geht es nicht um die Suche nach erwerblichen Grundstücken, sondern um die Rückgabe von Eigentum, das unter Zwangsverkauf und nicht zuletzt unter den Rahmebedingungen des NS-Staats und -Unrechts die Besitzer*innen wechselte. Die Ortsvorstehenden Groß Gaglows haben sich mehrfach an volksverhetzenden, da NS-Verbrechen verharmlosenden, Veranstaltungen beteiligt sowie auch die heutigen Nutznießenden das NS-Unrecht bis heute ignorierten und davon profitierten.

    Die große Aufmerksamkeit suchen nicht die JCC, sondern die heutigen Nutznießenden von NS-Unrecht und ihre Unterstützenden, auch in Teilen kommunaler Politiker*innen.

    Der Rechtslage nach haben die Bewohner*innen keinen Anspruch auf die Häuser. Dennoch glaube ich nicht, dass die JCC unmittelbar an diesen Häusern interessiert ist, sondern an rechtlicher Anerkennung der Enteignung durch den NS-Staat und an Wiedergutmachungen - längst überfällig. Ein möglicher, pragmatischer Kompromiss wäre durchaus der Mietkauf.

  3. 1.

    Warum kann man JCC nicht anderen Grundstücke anbieten wo noch Platz ist? In der Gegend sind die Preise ja nun nicht so hoch, dass es die Gemeinde umbringen würde oder? Warum muss das immer alles so kompliziert und Medienwirksam geklärt werden? Wenn da Ansprüche bestehen dann ist das eben so. Wer da nun geschlafen hat ist doch heutzutage auch egal. Um so viele Grundstücke sollte es doch nicht gehen wenn ich das richtig raus lese aus dem Artikel.

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