Pilotprojekt in Brandenburg - Ambulantes Zentrum für übergewichtige Kinder zieht positives Fazit

Do 02.04.20 | 18:50 Uhr
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Auch am letzten Tag der ambulanten Reha beginnen die 6 Kinder (zwischen 11 und 13) ihren wöchentlichen Reha-Nachmittag mit der Ernährungsberatung. Sie schnippeln aus Obst und Gemüse lustige Gesichter. (Quelle: rbb/Blumenthal)
Bild: rbb/Blumenthal

Wie können Kinder und Jugendliche erfolgreich abspecken? Funktioniert das auch mit einem ambulanten Reha-Programm? In Brandenburg wurde das mit jungen Cottbusern getestet. Ein erster Kurs verlief erfolgversprechend. Von Anke Blumenthal

Können übergewichtige Kinder und Jugendliche auch in einer Reha vor Ort abnehmen?  Brandenburgs erstes ambulantes Reha-Zentrum, das "Reha Vita" in Cottbus, hat es ausprobiert. Im Januar wurde es eröffnet - zum Ende des ersten Kurses für 11- bis 13-Jährige ziehen Kinder und Einrichtung nun ein positives Fazit.

Bessere Werte, weniger Kilo

Zum Programm gehörten für die Jungs und Mädchen Sport, Ernährungsberatung, gemeinsames Kochen und eine psychologische Betreuung. Drei Monate lang wurden die Kinder im "Reha-Vita"-Gesundheitszentrum Ostrow in Cottbus betreut und behandelt. Das Besondere ist, dass die Reha-Maßnahme nicht stationär wie bei einer normalen Kur erfolgt, sondern ambulant im gewohnten sozialen Umfeld. Dadurch kann auch die Schule weiterlaufen.

Manuela K. und ihr Sohn Paul Finian sind zum Ende des Kurses zufrieden. "Die drei Blutwerte, unter anderem der Cholesterinwert, haben sich wirklich zum Positiven verbessert. Nicht nur, dass er drei Zentimeter gewachsen ist, er hat auch noch fünf Kilo verloren." Paul Finian hat viel Fett in Muskelmasse umwandeln können. Das Ende des Kurses bedeutet für ihn aber nicht das Ende des Sports. "Ich habe eine Sportmatte bekommen und mache jeden Abend meine täglichen Übungen."

Egal, welches Kind man zum Kursende fragt - alle betonen, dass sie bei der Reha Freunde gefunden haben, Gleichgesinnte. Sie hätten auch ein größeres Bewusstsein für ihren Körper und das Thema Ernährung bekommen, sowie mehr Kraft. Die 13-jährige Vanessa hat gemerkt, dass sie nun Medizinbälle wesentlich weiter werfen kann, sagt sie.

Tipps direkt am Abend zu Hause umsetzen

Die betreuende Krankenschwestern ist Ines Busch. Auch aus ihrer Sicht ist das Model einer ambulanten Reha eine gute Sache. "Der entscheidende Vorteil ist, dass zum Beispiel die Ernährungsberatung direkt auf dem Abendbrottisch umgesetzt werden kann." Ein Vorteil sei auch, dass die ganze Familie mit im Boot ist. "Das Problem des Übergewichts ist nie ein Problem dieses einen Kindes. Man muss sich immer den Gesamtkontext anschauen", sagt Busch.

Nach jeder Reha gibt es eine Nachsorge-Betreuung. Durch die Corona-Pandemie wird die jetzt etwas nach hinten verschoben. Aber weitere Kurse sollen folgen. Erste Ansprechpartner dafür sind die behandelnden Kinderärzte.

Drei Jahre kürzeres Leben durch Übergewicht

Zielgruppe der ambulanten Reha sind sowohl adipöse, also fettsüchtige Kinder, als auch solche mit leichtem Übergewicht. Da seien die Therapie-Chancen am besten, sagte Regina Berndt zur Eröffnung des Zentrums, die das Programm als Kinderärztin betreut. Denn: "Wenn die Kinder im Jugendalter übergewichtig sind und bleiben, haben sie ein ganz, ganz hohes Risiko, das auch im Erwachsenenalter zu bleiben." Und die Konsequenzen sind immens, sagt die Ärztin: Übergewicht könne das Leben um bis zu drei Jahre verkürzen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.04.2020, 16.30 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Statt Kinder und Jugendliche zu pathologisieren und normgerecht abzurichten und anzupassen, sollte eine Gesellschaft in erster Linie an sich selbst arbeiten. Denn trotz der Aussage, es sei kontextabhängig, sprich von Sorgeberechtigten oder Lebensumfeld, wird die Verantwortung für "Fettsucht", wie es hier stigmatisierend benannt wird, sehr wohl individualisiert.

    Zudem ist, dick zu sein, keine Krankheit an sich. Sie kann daher auch nicht therapiert oder in Reha-Kliniken umsorgt werden. Der BMI ist ein Produkt der Pharmaindustrie. Auch Cholesterin-Werte sind deutlich komplexer, als es hier dargestellt wird. Die Pauschalisierung, hohe Cholesterin-Werte seien automatisch schlecht und die ausbleibende Differenzierung der Diversität von Cholesterin untermauern die fragwürdige Arbeit und den ebenso fragwürdigen Artikel.

    Mit Heimen sowie Initiativen zur Abrichtung von jungen Menschen gibt es ja gerade im Osten große Erfahrung.

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