Europäischer Tag der Ersten Hilfe - Wie ein Lausitzer zurück ins Leben geholt wurde

Infarkt, Unfall, Schlaganfall: Der Europäische Tag der Ersten Hilfe macht darauf aufmerksam, wie wichtig schnelle Hilfe im Notfall ist. Der Lausitzer Roland Hebestreit hat es erlebt. Er würde ohne das richtige Handeln seiner Ersthelferin nicht mehr leben.
"Wie schnell können Sie hier sein? Wenn das Hämatom einblutet, wird er die Nacht nicht überleben." Diese Worte hört Ramona Hebestreit aus Schwarzbach (Oberspreewald-Lausitz), als sie von einer Klinik in Bayern angerufen wird, rund 600 Kilometer entfernt von ihrem Wohnort.
Doch zu diesem Zeitpunkt war der erste wichtige Schritt schon geschafft: Eine Ersthelferin hat ihren Mann Roland Hebestreit zurück ins Leben geholt, nachdem er vom Rad gefallen war. Ein Blutgerinnsel hatte einen Infarkt ausgelöst. Der heute 61-Jährige stand minutenlang auf der Schwelle zum Tod.

Keine Erinnerungen mehr
Sommer 2017. Roland Hebestreit ist erneut auf Montage in Bayern, diesmal mit Fahrrad. Er und seine Arbeitskollegen wollen eine Tour machen. An einem Fußgängerüberweg fällt der Lausitzer plötzlich vom Rad. Ab dem Moment kann er sich an nichts mehr erinnern.
Alles was er weiß, erfährt er später von den Rettungsärzten und Ines Sigl, seiner Ersthelferin. Sie ist gelernte Krankenschwester, ihre Mutter war an einem Herzinfarkt gestorben. "Und sie hat sich gesagt: Das passiert nicht nochmal. Dem Wildfremden, dem hilfst du."
Noch heute spürt er die Auswirkungen
"Sie hat mich dort beatmet, beatmet, beatmet, Herzdruckmassage." Lange kniete sie auf dem heißen Asphalt, berichtet Hebestreit. Nach zehn Minuten begann er schließlich wieder, aus der Schläfe zu bluten. "Da hat sie gesagt: Jetzt hat er es geschafft!“ Als der Lausitzer an diesem Punkt der Geschichte ankommt, kommen ihm die Tränen. "Das geht mir immer noch so nah."
Das Blut war das Zeichen, dass Hebestreits Herz wieder angefangen hatte, zu schlagen. Acht Minuten später lag er bereits im Krankenhaus. "Sie haben mich ins künstliche Koma gelegt, weil ich mir auch sieben Rippen gebrochen hatte. Schmerzmittel, Morphium und alles."
Nach dem Koma wurde er lange zurück ins Leben geführt, mit monatelangen Therapien und Reha. Bis heute spürt er Auswirkungen von damals, hat zum Beispiel Konzentrationsstörungen. "Aber ich habe das alles gut überstanden und bin froh, dass es für mich so optimal gelaufen ist", sagt er.
Hebestreit: Ein zweiter Geburtstag
Mit seiner Lebensretterin verbindet Roland Hebestreit inzwischen viel. Im Juni 2021 ist die Familie aus Bayern in die Lausitz gekommen, um Hebestreit und seine Frau Ramona zum ersten Mal zu besuchen. Sie haben viel unternommen, den Spreewald besucht, geredet.
Dass Ines Sigl im richtigen Moment zum Unfallort kam und schnell mit der Hilfe begonnen hat, war Hebestreits Glück. "Die Leute sind dann ja immer so: jeder weiß es besser, aber keiner will etwas unternehmen." Der Lausitzer spricht seit dem Tag von seinem zweiten Geburtstag.
DRK rät zu regelmäßigen Erste-Hilfe-Auffrischungen
Wie wichtig schnelles Reagieren im Notfall ist, darauf macht jährlich am 8. September der Europäische Tag der Ersten Hilfe aufmerksam. Jeder sollte sein Ersthelferwissen alle fünf Jahre auffrischen, rät das Deutsche Rote Kreuz Brandenburg.
Dabei gehe es vor allem darum, wieder Routinen zu erlangen, sagte DRK-Landessprecher Fabian Lamster dem rbb am Mittwoch. "Wie funktioniert nochmal die stabile Seitenlage, wie war das mit der Herz-Druck-Massage, was ist in meinem Erste-Hilfe-Koffer und wann benutze ich was?"
Das Schlimmste, was jemand in einer Notfallsituation tun könne, sei nichts zu tun, so Lamster. "Man kann nichts Falsches tun." Diese Sorge sei unbegründet. "Es ist eine natürliche und instinktive Hilfe, die dann aus einem hervorkommt." Wer sich unsicher sei, könne auch den Notruf 112 wählen. Dort bekomme man Unterstützung, was genau zu tun sei.
Für Verkehrsteilnehmer plädiert das DRK Brandenburg allerdings für einen verpflichtenden Erste-Hilfe-Auffrischungskurs. "Mit Blick auf das immer weiter zunehmende Verkehrsaufkommen und dem damit stetig steigenden Risiko eines Verkehrsunfalls halten wir insbesondere eine gesetzliche Regelung für notwendig", so Lamster.
Mit Informationen von Andreas Rausch.
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.09.2021, 16:10 Uhr