Bundesweiter Ernteauftakt in Kemlitz - Bauernpräsident fordert uneingeschränkte Gaslieferungen für Landwirtschaft

Während Tausende Tonnen Getreide die Ukraine nicht verlassen können beginnt am Freitag offiziell die Ernte in Deutschland. Doch die Landwirte klagen über geringe Erträge. Es bleibt die Frage: Wieviel Getreide kann Deutschland selbst produzieren?
In Deutschland hat die Getreideernte offiziell begonnen. Den offiziellen Auftakt gab es am Freitag auf einem Hof in Kemlitz bei Dahme (Teltow-Fläming).
Die Landwirte haben allerdings gedämpfte Erwartungen an den Ertrag. Die Ausbeute an Körnern sei mager, das Frühjahr zu trocken gewesen, sagte beispielsweise Landwirt Heiko Terno, Vizepräsident des Brandenburger Bauernverbandes.
Terno spricht deshalb bereits jetzt von einer Noternte. "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals zu so einem frühen Termin die Wintergerste gedroschen haben", sagt er. Das Getreide habe wegen der Trockenheit nicht ausreifen können.

Bei allen Getreidesorten rechnen die Landwirte mit teils kräftigen Einbußen im Vergleich zum fünfjährigen Durchschnitt. Es ist aber davon auzugehen, dass die Erträge regional unterschiedlich ausfallen, je nach Boden und Wasserversorgung. Erwartet wird eine Gesamternte von rund 41,2 Millionen Tonnen und damit etwa drei Prozent weniger als im Vorjahr.
Noch könne sich in Deutschland mit Getreide versorgen, sagte der Präsident des deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied am Freitag in Kemlitz. Doch es werde enger, so Rukwied. So gebe es auch weniger Weizen in diesem Jahr. Er stellte deshalb am Freitag einige Forderungen an die Politik. So dürfe die Gasversorgung, insbesondere von Landwirten, nicht eingeschränkt werden. Andernfalls seien Ernteausfälle von bis zu 40 Prozent zu erwarten.
Priorisierung beim Gas gefordert
Gas sei in der Landwirtschaft und in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte der wichtigste Energieträger, sagte Rukwied. "Wir brauchen die Priorisierung, sonst können wir die Versorgung mit Lebensmitteln nicht mehr garantieren", so der Bauernpräsident. So gebe es ohne Gas keinen Stickstoffdünger, die Erträge würden weiter einbrechen.
Auch Molkereiprodukte und Zucker seien auf das Erdgas angewiesen, sagte Rukwied weiter. Dass zukünftig 50 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürften, wie zuletzt von der europäischen Kommission beschlossen, halte er zudem für "wissenschaftlichen Unsinn".
"Nach dem Krieg kommt immer der Hunger", sagte auch Heiko Terno. Er fordert daher ebenfalls in gleich mehreren Bereichen mehr Unterstützung für die Landwirtschaft.
Terno forderte beispielsweise Subventionen beim Treibstoff und generell weniger Regulierung durch die Politik. So dürften nicht noch mehr begrünte Flächen, sogenannte Blühstreifen angelegt werden, sagte auch der Präsident des Südbrandenburger Bauernverbandes, Thomas Göbel.
Alle Regelungen würden dazu führen, dass noch weniger produziert werde, bei steigenden Kosten kritisierte Göbel. "Sehenden Auges ins offene Messer laufen, das trifft die Sache im Moment im Kern", so Göbel.
Sendung: Antenne Brandenburg, 24.06.2022, 16:10 Uhr