Restaurierungsarbeiten - Cottbuser Oberkirche hat vorerst keine Glocken mehr

Mi 14.09.22 | 16:53 Uhr
Eine Glocke der Oberkirche Cottbus wird heruntergelassen (Foto: rbb/Schiller)
Audio: Antenne Brandenburg | 14.09.2022 | Isabelle Schilka | Bild: rbb/Schiller

Die Oberkirche Cottbus ist still. Die drei alten, tonnenschweren Glocken sind ausgebaut worden und sollen teilweise saniert werden. Geplant ist, dass der Turm im Frühjahr 2023 wieder neu bestückt wird. Doch dann werden die Glocken anders klingen.

Die tonnenschweren Glocken der größten Kirche in Cottbus, der Oberkirche, sind am Mittwoch innerhalb von zwei Stunden mit Kränen aus dem Turm geholt und zu Boden gelassen worden. Zwei der drei Glocken sollen restauriert werden. Sie sind defekt und dürfen seit Jahren nur noch eingeschränkt geläutet werden. Die dritte Glocke, die klanglich nicht zu den anderen passt, wird verkauft.

Geplant ist, dass die Kirche in Zukunft insgesamt vier Glocken haben wird. Zwei neue sollen gekauft werden. Die Gesamtkosten liegen bei 350.000 Euro. Möglichst viel soll über Spenden finanziert werden.

Eine Glocke der Oberkirche Cottbus, kurz bevor sie heruntergelassen wird (Foto: rbb/Schiller)
Bild: rbb/Schiller

Kein Luxusprojekt

"Wir sind zu arm für billig", das sei bei ihnen der Grundsatz, sagte der Pfarrer der Oberkirche, Uwe Weise, dem rbb. Glocken fasse man nur alle hundert Jahre an, daher sei eine solche Investition kein Luxusprojekt - und auch aus der Not heraus geboren. 2017 sind bei Wartungsarbeiten massive Risse an der historischen Glocke von 1671 am Kronenhenkel entdeckt worden, "was das ganze technische Drumherum mit infrage gestellt hat - Stahlglockenstuhl, wie hängen die Glocken, wie sind die Schwingungsverarbeitungen."

Es habe sich ein Projekt entwickelt, das gezeigt habe, dass grundhaft in das Geläut eingegriffen werden müsse, so Weise. Nun sollen die zwei "Voillard-Glocken" im österreichischen Insbruck repariert werden. "Dort werden die Risse geschweißt, die Klangringe werden aufgeschweißt, die Glocken werden untersucht."

Eine Glocke der Oberkirche Cottbus wird heruntergelassen (Foto: rbb/Schiller)
Bild: rbb/Schiller

Neue Glocken, neuer Klang

Es werde auch ein neuer Glockenstuhl gebaut, "um die Glocken für die nächsten 500 oder 1.000 Jahre zu schonen." Das werde kein Stahlglockenstuhl wie vor 100 Jahren sein, sondern einer mit zwei Etagen aus Eiche. Die zwei Glocken, die für die Cottbuser Oberkirche ebenfalls in Innsbruck neu gegossen werden, sollen stimmlich besser zu den beiden vorhandenen Voillard-Glocken passen als die bisherige dritte, so der Oberkirchen-Pfarrer.

Das Geläut der Kirche wird sich dann in Zukunft vom alten, eingeschränkten Klang unterscheiden. Auf der Internetseite der Gemeinde kann man eine Klangsimulation hören [st-nikolai-cottbus.de] oder mit Klick auf den Play-Button hier:

Dritte Glocke "unbezahlbar"

Die bisher dritte Glocke - die Lutherglocke - ist am Mittwoch bei einem Festgottesdienst entwidmet worden. Verkauft werden soll sie nicht zum ideellen Wert, so Uwe Weise, "da wäre sie unbezahlbar". Sie werde im Wesentlichen für den Materialpreis Bronze den Besitzer wechseln. Eine konkrete Summe konnte er nicht nennen, da sie vom Weltmarktpreis in dem Moment abhänge.

Ziel sei es aber, dass sie wieder in einer Kirche erklingt und nicht an einen privaten Käufer geht. "Sie sollte schon zum Lobe Gottes läuten und nicht einen privaten Spleen bedienen", so Weise. "So eine Glocke könnte eine Kirchengemeinde erwerben, die vor einer ähnlichen Frage steht, wie wir, das Geläut neu zu konzipieren." Die Lutherglocke wäre dafür laut dem PFarrer eine gute Basisglocke, zu der andere hinzugegossen werden könnten, die sich vom Klang mit ihr vertragen.

Rund ein halbes Jahr Stille

Nach den aktuellen Plänen sollen die neuen Glocken im Januar gegossen werden. Ende März könnte dann möglichereise eine Glockenweihe gefeiert werden. Und wenn alles glatt läuft, wird die Oberkirche Cottbus im Frühjahr wieder hörbar werden. "Wir planen, dass wir zu Ostern wieder alles in seiner guten Stube haben und läuten dürfen", so Weise.

Mit Informationen von Isabelle Schilka, Sebastian Schiller und Dirk Schneider.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 14.09.2022, 19:30 Uhr

Nächster Artikel