Staatliche Unterstützung - Verwaltungen rechnen mit Verdreifachung der Wohngeldanträge

Mi 04.01.23 | 10:41 Uhr | Von Daniel Mastow
  7
Antrag auf Wohngeld
Audio: Antenne Brandenburg | 03.01.2023 | Daniel Mastow | Bild: rbb/Phillipp Manske

Durch die Wohngeldreform sind 2023 deutlich mehr Menschen anspruchsberechtigt. Gleichzeitig haben die Ämter schon jetzt Personalsorgen. Wie gehen die Verwaltungen damit um? Ein Beispiel aus Lübben. Von Phillipp Manske

Acht Uhr am Morgen, das Sozialamt in Lübben (Dahme-Spreewald) öffnet für seine Klienten. Darunter ist auch Steffen Langer, der Wohngeld beantragen möchte. Der 66-Jährige lebt in einer Lübbener Mietwohnung, vor Kurzem ist er Rentner geworden. "Ich hab' zwar die Jahre voll", sagt er, "aber die Rente ist sehr dürftig, was natürlich traurig ist."

Für die Deckung der Grundkosten reiche seine Rente zwar, viel mehr bleibe ihm danach aber nicht übrig: "Vielleicht ein paar Euro für die Futtersuche", sagt Langer ironisch. Aber auch da müsse er genau aufs Geld gucken.

Anträge steigen seit halbem Jahr

Langer ist nur einer von vielen, die jetzt das neue Wohngeld beantragen. Seit einem halben Jahr sei die Zahl der Anträge bereits kräftig gestiegen, sagt Stefan Wichary, Sozialdezernent des Landkreises Dahme-Spreewald. Die Behörde verzeichne einen Zuwachs um circa 50 Prozent im Vergleich zu "Normalzeiten". Mit Jahresbeginn dürfte die Zahl noch einmal steigen. "Jetzt ist die neue Wohngeldreform in Kraft getreten, und da rechnen wir nochmal mit einer Verdreifachung der Wohngeldempfänger und damit auch mit einer Verdreifachung der Anträge", so Wichary.

Konkret bedeutet das, dass der Landkreis damit rechnet, dass künftig 3.600 Menschen Wohngeld beantragen werden. Jeder Antrag muss geprüft werden: Ist der Antragsteller wirklich wohngeldberechtigt? Faktoren wie Gesamteinkommen, Höhe der Miete und wie viele Menschen in einem Haushalt leben spielen eine Rolle - aber auch das Mietniveau in der Region.

Anstehen für das neue WohngeldMenschen stehen in Lübben um Wohngeld an.

Bundesregierung will in der Krise entlasten

Mit der Wohngeldreform will die Bundesregierung nach eigenen Angaben vor allem Einkommensschwache in der aktuellen Energiekrise und in Inflationszeiten unterstützen. Dafür ist das Wohngeld an sich erhöht worden - viele Haushalte erhalten nun doppelt so viel wie zuvor. Außerdem ist die Wohngeldformel angepasst worden. Dadurch sind mehr Menschen anspruchsberechtigt, was zu der deutlich gestiegenen Zahl der Anträge führt.

Zudem gibt es seit 2023 durch das sogenannte "Wohngeld Plus" einen Zuschuss zu den Heizkosten, ein Grund für den Anstieg der Leistung. Es soll zugleich, so die Bundesregierung, für mehr klimagerechten und bezahlbaren Wohnraum sorgen.

Zusätzliches Personal soll "Bugwelle abarbeiten"

Sozialdezernent Wichary spricht von einer "Bugwelle", die es zunächst abzuarbeiten gelte. "Denn vermutlich werden nicht alle neuen Antragsteller auch wohngeldberechtigt sein, das gilt es auszusortieren", sagt er. Er geht davon aus, dass die Bearbeitung der berechtigten Anträge länger dauern wird als bisher, voraussichtlich mehrere Wochen bis sogar Monate. Um den Mehraufwand zu bewältigen, stellt das Sozialamt in Lübben zusätzliches Personal ein.

Trotz der Erleichterung, die das Wohngeld Betroffenen verspricht, ist der Gang zum Amt für die Antragssteller nicht leicht. "Dieses innere Gefühl, jetzt muss ich auch noch betteln gehen, das ist nicht schön", sagt Rentner Steffen Langer.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03. Januar 2023, 16.15 Uhr

Beitrag von Daniel Mastow

7 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 7.

    Das gehört übrigens auch zu den immensen Sozialausgaben des Landes,die hier immer wieder mal gerne aufgeführt werden. Mit anständigen Löhnen und Renten wäre viele dieser Ausgaben nicht nötig.

    @Dagmar
    Wo bekommt man denn diesen Unsinn vorgekaut? Selbstverständlich gibt es einfache Lösungen.

  2. 6.

    Einfache Lösungen haben nur Populisten parat, vergleichbar mit dem Motto "der Strom kommt aus der Steckdose, wo ist das Problem".

  3. 5.

    An sich ist es ja gut, dass der Staat unterstützt, aber wenn überall die Zahl der Anspruchsberechtigten steigt, sinkt auch die Zahl der Leistungsträger. Platt gesagt, immer weniger Steuerzahler finanzieren immer mehr Leistungsempfänger. Entweder macht man das System nach ganz oben auf und stopft Steuerlöcher oder wir müssen die Schuldenuhr mal wieder anstellen.

  4. 4.

    "Vermutlich werden nicht alle neuen Antragsteller auch wohngeldberechtigt sein, das gilt es auszusortieren".
    Klingt nach einem teuren Bürokratieapparat, den man günstiger durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzen könnte...

  5. 3.

    Heute in MOZ gelesen,das Wohngeldstufen wurden zum Januar 2023 neu festgelegt.Statt aktueller Marktmieten werden Bestandsmieten zur Berechnung herangezogen.Berechnungsformel sehr kompliziert und hochindividuell.Den Mitarbeitern der Wohngeldstellen wünsche ich viel Geduld bei der Arbeit

  6. 2.

    Hätte man die Beantragung nicht auch gleich ausschließlich digital zulassen können? Wie bei anderen Anträgen auch üblich. dann würde ein anzunehmender Bearbeitungsengpass von vornherein vermeidbar.

  7. 1.

    Unsere freie Marktwirtschaft müsste wohl vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden. Der Staat sieht sich außerstande: 1. die Bürger mit angemessenen Renten zu versehen, 2. dafür zu sorgen, dass Energielieferanten und Wohnungskonzerne sich nicht wie Raffkes aufführen, 3. dass die Wirtschaft angemessene Löhne und Gehälter oberhalb der gesetzlichen Mindestlöhne zahlt. Stattdessen werden alle entstandenen Löcher mit Leistungen aus unseren Steuern gestopft. Das ist schlicht bekloppt.

Nächster Artikel