Personalversammlung in Cottbus - Knapp 2.000 Lausitzer Lehrer fordern neues Bildungssystem

Mi 22.03.23 | 18:10 Uhr
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Blick in die LausitzArena in Cottbus auf die Lehrerkonferenz (Foto: rbb/Lepsch)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.03.2023 | Aline Lepsch | Bild: rbb/Lepsch

Enorme Arbeitsbelastung, zu volle Klassen, zu wenig Weiterbildung: Davon haben Lehrerinnen und Lehrer auf einer Personalversammlung in Cottbus gesprochen - und über ein Dutzend Forderungen formuliert. Das Bildungsministerium bekommt nun Post. Von Aline Lepsch

Rund 2.000 Lehrerinnen und Lehrer aus Südbrandenburg haben am Mittwoch bei einer Personalversammlung in Cottbus einstimmig einen Forderungskatalog beschlossen. In 16 Punkten halten sie fest, wie das Bildungssystem ihrer Ansicht nach reformiert werden soll - und welche Reformpläne des Bildungsministeriums sie ablehnen. Die Forderungen sollen nun an Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) gehen. Ihr Ministerium war trotz Einladung nicht zu der Personalversammlung gekommen.

Die Teilnehmer wollen unter anderem, dass Bürokratie abgebaut und die Schulleitungen spürbar entlastet werden, Lehrkräften ohne Lehramtsausbildung eine bedarfsorientierte Qualifikation ermöglicht wird und die Bedingungen für ältere Lehrer verbessert werden. Sie fordern beispielsweise auch, dass die Pflichtstundenzahl nicht erhöht wird, Teilzeitregelungen weiter Bestand haben und ein vorzeitiger Ruhestand weiter möglich bleibt.

"Nichts getan, jetzt geht es krachen"

Der Frust bei der Personalversammlung war groß. "Wir haben hier das Bildungssystem von 19-hundert-weißichnicht. Das muss komplett überarbeitet werden", sagt eine Teilnehmerin dem rbb. "Es wurde nichts getan, jetzt geht es krachen und wir müssen es umso lauter kundtun", sagte ein anderer. "Es ist teilweise wirklich nur noch eine reine Betreuungsanstalt", war eine dritte Meinung.

Eine Abbildung im Stil einer Traueranzeige hängt bei der Lehrerkonferenz an einer Wand (Foto: rbb/Lepsch)

Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren schwarz gekleidet. "Wir sind schon oft genug traurig, dass wir manchmal gefühlt der Abtreter der Nation sind", so Jödis Heidemann, Lehrerin aus Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz). Auch sie will wieder Zeit für die Schüler haben. "Die Kinder kommen zu kurz. Ich sehe das mal als Mutter... ich habe wirklich Sorge um meine Kinder."

Dass es zu wenige Lehrer gibt, ist nichts neues - auch für das Bildungsministerium nicht. Doch dessen Lösungsansätze seien völlig falsch, sagte Birgitt Petendi aus Cottbus. "Ich denke es ist Augenwischerei, damit das Ministerium selbst besser dasteht." Erreicht worden sei dagegen eine Verschlechterung der Schüler, sagt sie.

Um beispielsweise Lehrer von Aufgaben zu befreien, sollen Assistenzstellen geschaffen werden. Dafür fallen aber wiederum Förderstunden weg. Das ist nur ein Beispiel der Pläne. Ein weiteres ist die Erhöhung der Pflichtstundenzahl. "Wenn man Teilzeit zurückfährt - klar, dann sind mehr Leute im System", sagt die Personalratsvorsitzende Birgit Szesny. "Wenn die, die in den Ruhestand gehen können, nicht gehen - klar, dann sind sie im System. Dann sind Lehrer da, aber das ist das, was wir hier versuchen wollen, zu verhindern." Schon jetzt seien die Lehrer so überlastet, dass es gesundheitliche Folgen habe.

Protest auch in Berlin

Auch in Berlin haben sich Lehrerinnen und Lehrer am Mittwoch Luft gemacht - und den zweiten Tag in Folge ihre Arbeit niedergelegt und demonstriert. Mit dem Protest will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Senat dazu bewegen, über einen gesonderten Tarifvertrag Gesundheitsschutz zu verhandeln. Er soll vor allem kleinere Klassengrößen festschreiben. Außerdem solle sich der Senat dazu verpflichten, mehr Lehrkräfte auszubilden.

Der Senat lehnt es bis jetzt ab, über einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz zu verhandeln. Das Land verweist darauf, dass auch Berlin zur Tarifgemeinschaft der Länder gehöre und deshalb nicht über die Klassengröße verhandeln könne.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.03.2023, 16:40 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Gernot hat doch lediglich geäußert, dass die Nation Lehrern durchaus Respekt entgegenbringt u. sich diese Wertschätzung nicht zuletzt in der sehr guten Besoldung zeigt. Und dass es andere sehr belastete Berufsgruppen, nämlich in der Kranken-und Altenpflege, schwerer trifft, weil diese nicht weniger Stress haben, bei weitaus weniger Gehalt.
    Es steht doch außer Frage, dass viele Lehrer Großes leisten u. den Fachkräftemangel ausgleichen. Aber das machen eben Ärzte, Krankenpfleger*innen und Polizisten etc. auch.
    U. das wird aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge, die in Rente/Pension gehen noch schlimmer.
    Aber ich würde mir viel öfter wünschen, dass von den Lehrern nicht oft nur Meckern auf die Bildungsminister u. die Gesellschaft kommt, die sie angeblich nicht schätzen, sondern auch mal ein Blick nach unten in der Gesellschaft auf diejenigen, die auch viel leisten und min. genauso viel Stress haben, a. keine A13 Besoldung u. keine üppige Pension.

  2. 25.

    Fortsetzung: Sicher ist das Gehalt nichts, worüber ich mich beklagen würde. Aber längst nicht alle Lehrer sind mit A13 eingestuft, da herrscht bei vergleichbarer Tätigkeit eine große Spanne. Wer weniger als seine Kollegen verdient, wird das auch als Mangel an Wertschätzung empfinden. Mangelnde Wertschätzung zeigt sich auch darin, dass das Mbjs die Probleme auf den Schultern derer, die die Arbeit vor Ort leisten, ablädt und weiterhin so tut, als gäbe es einen Plan. Warum war Frau Ernst nicht da?

  3. 24.

    Die Frage, woran wir als Lehrer die Geringschätzung festmachen, ist leicht beantwortet. Der von Ihnen verfasste Kommentar ist die Antwort an sich. Sie haben keine Ahnung, wie sich Lehrer an chronisch unterbesetzten Schulen (meist Grund- oder Oberschulen auf dem flachen Land) aufreiben, um die Arbeit der nicht existierenden Kollegen mit abzudecken. Aber sie maßen sich an, Ihre Fehleinschätzung auszuposaunen - Schule kennt jeder und Lehrer kann auch jeder. Diese Botschaft lesen wir regelmäßig...

  4. 23.

    Viele Lehrer schimpfen immer auf die Schulämter und auf die ach so schlimmen Politiker und vor allem die jeweiligen Bildungsminister. Der Vorgänger von Frau Ernst war übrigens selbst vom Fach und ausgebildeter Lehrer, und nein kein Seiteneinsteiger. Und Ihre Vorschläge müssten Sie auch noch mit Ihren 15 Ministerkolleginnen von der KMK abstimmen und das teure Stipendium von 750€ mit dem Finanzminister und was machen Sie mit den Medizinstudenten und allen anderen Studenten? Die wollen doch dann auch 750€. Ärztemangel herrscht ja auch.
    Das Problem ist, dass Lehrer in der Schule waren, dann in der Uni und dann wieder in der Schule. Da fehlt oft etwas der realistische Blick für die harte Wirklichkeit außerhalb der Schule. Und wenn man dann mal einen anderen stressigen Job machen müsste, wo aber am Ende nicht das sehr üppige „Schmerzensgeld“ auf das Konto fließt, wären die meisten schneller wieder in der Schule als Sie den Namen Britta Ernst sagen könnten.

  5. 22.

    In Teilen kann ich Ihnen recht geben. Nur, was haben Lehrer mit Schulverwaltungen und Schulämtern zu tun, außer, dass sie sich nicht besonders mögen? Die Lehrer sind für die Situation nicht verantwortlich, außer dadurch, dass sie sich nicht viel früher und lauter bemerkbar gemacht haben und einfach immer mehr Arbeit für Ihre Schule und ihre Schüler übernommen haben, weil sie das richtigerweise als ihre berufliche Aufgabe begriffen haben.

  6. 21.

    Obwohl ich es in anderen Kommentaren schon angedeutet habe, würde ich eine Lehrerausbildungsinitiative starten. 4 Jahre intensives Studium speziell auf den Lehrerberuf abgestellt an Lehrerbildungse, ein Stipendium von mindestens 750 Euro u. ein bezahlbarer, gesicherter Wohnheimplatz. Währenddessen regelmäßige Praktika an Schulen mit steigender Unterrichtszahl. Danach 2 Jahre auf Probe mit voller Besoldung. Das hätte man schon vor 10 Jahren machen müssen. Frau Ernst u. ihre nicht minder ungeeigneten Vorgänger haben das aber verschlafen und machen zurzeit keine Anstalten, für eine angemessene Lehrerbildungsinitative. Deshalb empfehle ich dringend den längst überfälligen Rücktritt u. die Bildung einer schnellen "Eingreiftruppe ", die die wichtigsten Ziele sofort u. weitgehend ungestört umsetzen darf, bei dichter Ergebniskontrolle u. gutem Projektmanagement. Das kostet, wird sich aber schnell auszahlen. Im Übrigen kann ich keinen Rat geben für die Zeit der katastrophalen Untätigkeit.

  7. 20.

    Nein, ich komme nicht aus dem Bildungsministerium, habe aber früher mal an der Uni Lehramtsstudenten und Studentinnen unterrichtet. Ich bin mir schon im klaren darüber, dass Schule inzwischen der Ort ist, wo es nicht mehr klappt, Bildungsansprüche zu realisieren. Ich denke aber auch, dass der jetzige Zustand von den meisten Lehrkräften und ihren Berufsverbänden mitzuverantworten ist, da es in den Schulverwaltungen bis heute keine Problemkultur gibt. Dass Lehrkräfte fehlen würden, war lange bekannt. Jetzt wo die persönliche Belastung vieler LehrerInnen zu groß wird, regt, nein bricht sich Widerstand Bahn. Unter maroden Schulen, fehlendem Equipment, fehlenden Schulpsychologen/Innen und übertriebenen Leistungsansprüchen leidet aber besonders die Schülerschaft. Und die kommt als relevante Größe in der gegenwärtigen Protestwelle der Lehrkräfte nur als Topos vor.

  8. 19.

    Machen Sie die Arbeit eines Lehrers bitte nur ein halbes Jahr, dann reden Sie anders. 25 Pflichtunterrichtsstunden, ca 2 Std Aufsicht, ca. 16 Stunden Vor- und Nachbereitung, Dienstberatungen, Fachkonferenzen, Klassenleitertätigkeit, Zusatzaufgaben usw. durchschnittlich nochmal mindestens 3-4 Wochenstunden. Ich komme da locker auf 45 Stunden. Dazu kommt, dass die Schülerschaft immer heterogener (um es vorsichtig auszudrücken) wird und einzelne Schüler regelmäßig mehr Zeit für sich in Anspruch nehmen. Probieren Sie es. Lehrer werden gut bezahlt. Nur zu. Seltsamerweise sind viele Junglehrer und Seiteneinsteiger meist nach wenigen Wochen so überfordert, dass sie krankheitsbedingt ausfallen und wegen der guten Bezahlung und der Sicherheit des Arbeitsplatzes lernen, dass man das regelmäßig so machen kann, zu Lasten der erfahrenen Lehrerschaft. Im Ministerium stimmt die Statistik aber wieder halbwegs und wird nicht hinterfragt.

  9. 18.

    Was wäre Ihre konkrete Lösung, wenn Sie Bindungsminister wären? Was würden Sie an der Stelle von Frau Ernst machen?

  10. 17.

    Möchten Sie etwa sagen, dass die Bezahlung nicht ordentlich ist? Deutschland leistet sich ganz enorme Lehrergehälter (https://amp2.handelsblatt.com/politik/deutschland/studie-lehrer-verdienen-in-deutschland-so-viel-wie-sonst-nirgends-im-oecd-vergleich/24997070.html).
    Und es fehlen nicht nur Lehrer, weil diese so schlechte Bedingungen haben, sondern, weil u.a. durch Migration und doch höhere Geburtszahlen mehr Schüler da sind. Außerdem gibt es keinen Mangel an Abiturienten, die Lehrer werden wollen (höchstens bei MINT Fächern), sondern einen Mangel an Studienplätzen. Für das Gymnasiallehramt gibt es z.B. genug Interessenten. Und auch, dass das Studium vielleicht zu schwer ist und viele abbrechen, hat mit dem hohen Gehalt von Lehrern nichts zu tun.

  11. 16.

    Nein, die haben keine Angst vorm Dialog, die vermeiden ihn bewusst, zeigen sich arrogant und ihrer Macht bewusst. Das grenzt an Verhaltensweisen in totalitären Systemen. Frau Ernst handhabt das mangels Kompetenz seit Amtsantritt. Dieser wurde ihr in Brandenburg von der SPD zugeschanzt, damit sie mit dem damaligen Vizekanzler gemeinsam berlinnah wohnen und "arbeiten " konnte. Kompetenz hat dabei eine untergeordnete Rolle gespielt. Bildung spielt in der Politik unserer Zeit eine untergeordnete Rolle, was sich mehr und mehr rächt.

  12. 15.

    Die Unterrichtsverpflichtung beträgt doch meines Wissens nach nur 25 Unterrichtsstunden. Also 25 x 45 Min = 18,75 h. Der Rest ist doch schon für Pausenaufsicht, Vorbereitung, Telefonate, etc. eingeplant. Und ich muss sagen, dass die Qualität auch sehr unterschiedlich war. Viele, vor allem junge Lehrer und Referendare, aber auch erfahrene Lehrer waren sehr engagiert und haben sicher lange für die Vorbereitung gebraucht. Aber es gab auch genug Lehrer, die immer nur ihre Ordner aufgemacht haben und den Unterricht gehalten, den sie schon Jahr für Jahr seit wahrscheinlich 20 Jahren machen. Die hatten sicher neben den 18,75 h nicht mehr viel zu tun. Abgesehen von ab und an ein paar Tests zu kontrollieren.

  13. 14.

    Da die Bezahlung in so vielen Kommentaren aufgegriffen wird:
    * Warum fehlen dann so viele Lehrkräfte, bei einer angeblich so ordentlichen Bezahlung?
    * Ja, es kommt tatsächlich nicht nur auf das Gehalt an, sondern noch auf sehr viel mehr um guten Unterricht bieten zu können.
    * Warum wird dann noch ein Lehramtsstudium abgebrochen?
    Warum prügeln sich nicht alle darum endlich Lehrer*in zu werden? Anscheinend kann die Bezahlung das noch nicht im geringsten aufwiegen.

  14. 13.

    Vielleicht aber auch weil in dem einen Beruf noch vor der Präzenszeit vor Ort Stunden am Schreibtisch (Vorbereitung, Nachbereitung, Kontrollen von Arbeiten, Telefonate u. a. mit Eltern) anfallen?
    Denn wäre es nur das Geld warum möchte nicht jede*r auf der Stelle Lehrer*in werden?
    Warum wird dann noch ein Lehramtsstudium abgebrochen?
    Warum scheiden Lehrer*innen aus dem Beruf aus?
    Es wäre so schön, wenn die Lösung so einfach wäre!

  15. 12.

    Ich möchte auch mal eine Frage in den Raum stellen: Warum arbeiten vor allem Lehrer*innen so oft in Teilzeit und andere sehr belastete Berufsgruppen wie Krankenpfleger*innen nicht?
    Vielleicht weil es eben doch einen Unterschied macht, ob man wie Lehrer in der Endstufe in A13 in Brandenburg fast 6000€ brutto bekommt (bei wenigen Abzügen als Beamte) oder ca. 3500€ brutto als angestellte Pflegekraft und Nicht-Beamter.
    Bei fast 6000€ brutto in Vollzeit (dazu kommen oft ja auch noch Zuschläge wie der Familienzuschlag)bleibt bei Teilzeit eben immer noch genug übrig.

    Wie sagte schon Marcel Reich-Ranicki so schön: „Geld allein macht nicht glücklich, aber es ist besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.“

  16. 11.

    „Abtreter der Nation“ Also die Wertschätzung der Nation für die Lehrer zeigt sich doch auch in deren enormer Besoldung. Diese wird u.a. auch von den Steuern des Bauarbeiters bezahlt, der für 1.500€ netto 160h im Monat auf dem Bau steht oder von dem Altenpfleger oder der Krankenschwester mit unglaublich hoher Arbeitsbelastung. Diese können von der Besoldung oder vor allem auch der Pension der Lehrer im Alter nur träumen. Lehrer werden in Brandenburg in A13 besoldet. Damit gehören sie vom Einkommen schon zu den oberen 18% der Gesellschaft aufwärts, da sie über 3000€ netto bekommen. Von der wahnsinnig üppigen Pension, von der Rentner nur träumen können und den Privilegien als privat Krankenversicherte möchte ich gar nicht erst anfangen. Also etwas mehr Demut bitte liebe Lehrer. Die Gesellschaft alimentiert Sie sehr üppig! Ich habe Respekt vor der Leistung der meisten Lehrer, aber das oft permanente Meckern ist nervig. Andere Berufsgruppen haben auch Stress bei WESENTLICH weniger Gehalt.

  17. 10.

    Selten einen so schlechten Kommentar gelesen. Sie haben entweder keinerlei Bezug zum Lehrerberuf od. sind im Bildungsministerium beschäftigt. Es geht nicht um Bezahlung od. politische Radikalisierung. Es geht um Nachwuchsmangel, es geht um Anerkennung von Lebensleistung, um ein seit der Wende sich stetig verschlechterndes Schulsystem mit dementsprechend verschlechterten Schülerleistungen, es geht um Inhalte, Zusatzaufgaben, die mittlerweile Hauptaufgaben sind, aber nichts mit dem Lehrerberuf zu tun haben, es geht um geschönte Statistiken, unrealistische Anforderungen zu Lasten der Kinder (Inklusion, Integration) und die völlig falsche Darstellungsweise der Ergebnisse in der Öffentlichkeit, es geht um die Entwertung einer ganzen Berufsgruppe (Lehrkräfte, nicht Lehrer) usw. Eine Gesellschaft, die gewohnt ist, mit Geld alles haben zu können, wundert sich natürlich sehr, wenn die gut bezahlte Lehrerschaft trotzdem auf die Barrikaden geht. Schweigegeld funktioniert im Osten nicht gut.

  18. 9.

    Der Lehrermangel ist länderübergreifend.
    Die jetzigen Kuturminister können nichts dafür.
    Aber ich denke, die Kommunikation aus den Ministerien ist ungenügend. Frau Ernst hätte zur Personalversammlung fahren sollen, denn da hätte sie ihre bildungspolitischen Vorstellungen gut vortragen können, hätte den Dialog anbieten können, hätte den Schulfrieden stärken können.
    So entsteht der Eindruck, das Ministerium hat Angst vorm Dialog.

  19. 8.

    Wir brauchen nicht mehr Abiturienten, sondern mehr Lehrer. Die Inflation des Abiturs ist längst da, der Output an akademischen Abschlüssen, die tatsächlich gebraucht werden, ist schlechter geworden. Es muss also gezielt nach jungen Leuten gesucht werden, die diesen Beruf ergreifen wollen. Das Studium muss speziell auf den Lehrerberuf ausgerichtet sein, auch bei den fachlichen Inhalten. Es kann nicht sein, dass Biologiestudenten, Medizinstudenten und angehende Lehrer in einem überfüllten Hörsaal eine Mikrobiologievorlesung hören. Zudem müssen die Studenten gefördert werden durch auskömmliche Stipendien und Wohnheimplätze. Last but not least: der Lehrerberuf muss befreit werden von Gesellschaftskorrekturschrott, den uns in erster Linie die Politik eingebrockt hat. Die Missachtung der Lehrerschaft haben Frau Ernst und Konsorten durch ihre Abwesenheit deutlich zum Ausdruck gebracht.

  20. 7.

    Hallo Gernot,
    ich vermute mal, dass Sie kein Lehrer sind. Sicher gibt es Berufsgruppen, die es auch sehr hart mit dem Personalmangel trifft. Deswegen heißt es aber nicht, dass die Lehrer alles ungefragt hinnehmen müssen. Genauso wenig, wie alle anderen Berufsgruppen. Ich maße mir ein Urteil an über den Beruf, den ich selbst ausübe. Da habe ich, für meinen Fachbereich, meine Schulform, Ahnung. Bei allen anderen Urteilen halte ich mich zurück. Ich möchte nur mal die Frage in den Raum stellen, warum viele Kollegen Teilzeit arbeiten bzw. vorzeitig in Pension gehen. Bestimmt nicht, weil sie das "exorbitant hohe Gehalt" nicht mehr benötigen. Nein, sie schaffen es nicht, mit der vollen Belastung einen, sie zufriedenstellenden, Unterricht zu machen. Sie benötigen die eingesparte Zeit für all die Aufgaben, die ein Lehrer so hat. Quasi arbeiten viele "unbezahlt", um ihren eigenen Ansprüchen zu genügen. Ich könnte weitere Beispiele anbringen. Aber vielleicht reichen die, um mal nachzudenken.

  21. 6.

    Wer ist eigentlich für wem da? Soviel Expertise auf engstem Raum lässt sich das Ministerium entgehen? Frau Ernst sagte ja neulich, wem sie für die Creme de la Creme der deutschen Bildungslandschaft hält. Wenn keine Lehrer dabei sind, sagt das viel über sie aus.
    Erst wenn das Ministerium seine (Struktur)Arbeit so macht, dass die Schüler besser werden, hat es eine Daseinsberechtigung. Sachbearbeiter mit enormen Excelinfobedarf sind nicht nur wegen des Auftretens und des Tones überflüssig. Rechtfertigungsstatistiken, gefüllt mit Daten aus den Schulen von Lehrern und Schulleitungen, sind nicht dafür da aufzuzeigen, was Ministeriumssachbearbeiter alles (nicht)geleistet haben. Jede Statistik, die hier anscheinend manipulierend in den Aussagen veröffentlicht werden, werden regelmäßig „zerpflückt“ von denjenigen die sie (richtig)lesen können.

  22. 5.

    Schade das Herr Gernot nicht verstehen kann was das Grundproblem ist und irgendwelche sinnlos Märsche à la Corona vor seinem geistigen Auge sieht. Vielleicht Mal übern Beckenrand schauen Herr Gernot. Wenn es keine vernünftige Schulausbildung gibt, gibt es auch keine von ihnen angesprochenen Krankenschwester etc.
    Bildung ist das A & O! Wenn es da zu Überbelastung der Lehrer kommt, dann kann keine vernünftige Bildung stattfinden.

  23. 4.

    Einen Radiobeitrag einfach schriftlich in die Artikelform zu bringen ist nicht zielführend, merkt man dann doch die inhaltliche Vereinfachung, die durch die Verschriftlichung der akkustisch-journalistische Stakkatoatmosphäre des Radiobeitrages evoziert wird.
    Das geht so nicht. Atemlosigkeit, Alarmstimmung, Aufgeregtheit der betroffenen Lehrkräfte, ihre Aufgewühltheit kann man im Radio durch O-Töne darstellen, das ist dann halt live-Stimmung. Im Artikel wirkt das Ganze deplatziert, weil nur durch Schrift vermittelt, die Konnotation der live-Atmosphäre fehlt.
    Das ist journalistisch nicht so gut.
    Wie wäre es mit einem komplett neuen Beitrag, anstatt gesprochene Sprache 1 zu1 in Text zu verwandeln?

  24. 3.

    Vehement wurde lange Zeit darauf geachtet, aus Kostengründen und Sparsamkeit: inne Ferien sofort arbeitslos! Und das hatte wirklich System. Inne Sommerferien Nummer 123 beim Arbeitsamt! Was eine Perspektive für junge studierte Lehrer. Erbärmlich.

  25. 2.

    Wir sind schon oft genug traurig, dass wir manchmal gefühlt der Abtreter der Nation sind."
    Ich muss sagen, da wird auf hohem Niveau geklagt. Ich kann das auch nicht nachvollziehen, warum man "der Nation" solch eine negative Grundhaltung gegenüber dem deutschen Lehrkörper vorwirft. Woran soll sich die nationale Geringschätzung denn verkörpern?
    Am Gehalt? Wohl kaum.
    An der Arbeitsbelastung? Da gibt es mit Kranken- und AltenpflegerInnen Berufsgruppen, die härter betroffen sind.
    Meine Vermutung ist: hier bahnt sich eine politische Radikalisierung im Unterrichtswesen den Weg. Ich befürchte, es ist nur eine Frage der Zeit bis die deutschen Pädagogen/innen mit dem wütenden Sprechchor durchs Land ziehen: "Wir sind Lehrer und ihr nicht! "

  26. 1.

    ""Wir haben hier das Bildungssystem von 19-hundert-weißichnicht. Das muss komplett überarbeitet werden", sagt eine Teilnehmerin dem rbb."

    Richtig, nur die Abschaffung des gegliederten Schulsystems ermöglicht es, mehr Jugendliche zum Abitur zu führen. Ohne mehr Studierende lässt sich der Lehrermangel eben nicht bekämpfen. Eine Abiturientenquote von 40% in Deutschland ist ein großes Problem, das endlich angegangen werden muss.

    Eine Vernetzung zwischen den Bundesländern beim Kampf für Reformen ist notwendig!

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