Interview| Zehn Jahre Bündnis gegen braune Spree - "Zu feiern gibt es eigentlich noch nichts"

Di 09.05.23 | 16:23 Uhr
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Am Mühlenwehr in Spremberg ist das einst klare Wasser der Spree rostrot gefärbt. © rbb/Wolfgang Albus
Audio: Antenne Brandenburg | 08.05.2023 | Sebastian Schiller | Bild: rbb/Wolfgang Albus

Seit zehn Jahren kämpft ein Bündnis gegen den Eisenschlamm in der Spree. Vor allem rund um Spremberg ist das Wasser oft rostbraun gefärbt. Zum Jubiläum zeigt sich, die Politik kennt das Problem, doch eine Lösung ist noch nicht in Sicht.

Sie ist eine Folge alter Tagebaue, die sogenannte "braune Spree". Durch den Wiederanstieg des Grundwassers nach dem Ende der Tagebaue werden Sulfat und Eisen aus dem Boden gewaschen und gelangen in den Fluss. Das Eisenocker setzt sich als brauner Schlamm am Grund der Spree ab und verfärbt diese braun. Vor allem rund um Spremberg gibt es das Problem, allerdings auch in einigen Zuläufen zum Spreewald.

Seit zehn Jahren will das "Aktionsbündnis Klare Spree" auf das Problem aufmerksam machen. Vorsitzender des Bündnisses ist Dieter Perko, Bürgermeister der Gemeinde Neuhausen/Spree (Spree-Neiße).

rbb|24: Herr Perko, seit zehn Jahren gibt es Ihr Aktionsbündnis für eine klare Spree. Was gibt es zu feiern?

Dieter Perko: Zu feiern gibt es eigentlich nichts. Feiern werden wir vielleicht irgendwann, wenn der vorgeschriebene Grenzwert für Oberflächengewässer erreicht ist. Der liegt bei 1,8 Milligramm Eisen pro Liter. Das ist unsere Zielstellung. Wir wollen uns heute zusammensetzen und das Ergebnis von zehn Jahren Aktionsbündnis würdigen. Wir müssen danke sagen, wir haben viele Unterstützer. Sie alle haben sich eingebracht und deshalb heißt es nach zehn Jahren Danke zu sagen.

Wenn der Zielwert bei 1,8 Milligramm Eisen pro Liter liegt, wo stehen wir aktuell?

Das kann man nicht genau sagen. In Spremberg ist es natürlich dramatisch, in Bühlow, in der Vorsperre, ist der Wert wesentlich besser und hinter der Talsperre Spremberg, in Bräsinchen, haben wir den Wert durchaus erreicht. Aber es muss ja für die gesamte Region gelten und es kann nicht sein, dass in Spremberg beispielsweise bis zu zehn Milligramm durch die Spree rauschen und es passiert nichts.

Ihr Aktionsbündnis ist von Anfang an sehr aktiv und auch durchaus laut gewesen. Welchen Stellenwert hat das Bündnis bei Entscheidungsträgern heute?

Man muss einfach zehn Jahre zurückgucken. Zu der Zeit, als sich das Aktionsbündnis gegründet hat, hat sich keine Behörde, keine Institution für die braune Spree, für die Verockerung zuständig gefühlt. Weder moralisch noch finanziell. Der eine hat es auf den Bergbau geschoben, andere hielten das Landesbergamt oder das Umweltamt für zuständig - keiner wollte ran. Jedem war klar, dass das eine riesige Aufgabe ist, die auch vom finanziellen Aufwand her anständige Ausmaße annimmt.

Dem Bündnis ist es zu verdanken, dass es heute zumindest klare Verantwortlichkeiten gibt und dass auch öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere ist das die LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft, der "Bergbausanierer" des Bundes, Anm. d. Red.)und wir pflegen natürlich auch eine sehr gute Zusammenarbeit. Die Gelder, um konkrete Projekte umzusetzen, sind eingeplant. Das klappt ganz gut. Bei vielen anderen Behörden, in Sachsen und Brandenburg, haben wir außerdem Gehör gefunden. Wir setzen uns in regelmäßigen Abständen zusammen und tauschen uns zum aktuellen Stand aus.

Das Aktionsbündnis stellt aber auch klare Forderungen auf. Vor einigen Jahren hat das Aktionsbündnis eine Dichtwand im Bereich des Tagebaus Nochten (Sachsen) gefordert. Damals wurden wir belächelt. Es wurde gesagt, das ist utopisch, das ist nicht bezahlbar, das ist völlig unrealistisch. Heute wird genau darüber nachgedacht, die Planungen sind angelaufen, weil man davon überzeugt ist, dass eine Dichtwand wichtig und erforderlich ist, um eine Barriere gegen den starken Eiseneintrag aufzubauen.

Sie haben sich vor Kurzem mit Ministerpräsident Woidke getroffen. Woidke erklärte im Anschluss, der Kampf gegen die Verockerung der Spree habe eine hohe Priorität für das Land. Ist das auch Ihr Eindruck?

Ich habe mal in den Koalitionsverträgen aus 2019 und 2014 nachgelesen und da ist es eher so, dass die Landesregierung die Verantwortung eher bei der LMBV sieht. Sie will unterstützen. Es ist auch richtig, dass uns der Ministerpräsident und die zuständigen Minister empfangen, dass wir über die Probleme reden und auch unsere Forderungen aufmachen, aber es wird von Seiten der Regierung kein Geld dafür ausgegeben. Die Talsperre Spremberg ist die einzige Talsperre dieser Dimension in Brandenburg. Wir fordern schon seit Jahren, dass die Hauptsperre vom Eisenschlamm beräumt wird. Nun hat man sich dazu durchgerungen, eine Studie in Auftrag zu geben. Das finde ich einfach schwach. Von Seiten des Landes müsste wesentlich mehr getan werden.

Was sind denn die nächsten Vorhaben des Bündnisses?

Wir selbst können keine Vorhaben umsetzen, wir haben kein Geld dafür. Wir sind auch keine Behörde, sondern ein Verein. Unsere Aufgabe sehen wir darin, bei den zuständigen Behörden Forderungen zu stellen, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, was hier los ist und welche Auswirkungen das hat, egal ob biologisch oder touristisch. Dafür machen wir Presseerklärungen, erstellen Flyer, reden mit Behörden. Dabei machen wir unsere Ziele sehr deutlich.

Experten sprechen von einer Jahrhundertaufgabe. Sehen Sie das ähnlich?

Für die nächsten Jahrzehnte ist es auf jeden Fall eine Aufgabe. Wenn der Grenzwert irgendwann erreicht wird, dann haben wir unser Ziel im Wesentlichen erreicht. Dann, wenn auch nachgewiesen ist, dass der Wert dauerhaft für die Zukunft gehalten werden kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Dirk Schneider für Antenne Brandenburg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.05.2023, 15:32 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Wer Brdunkohle will, muss auch mit den Folgen leben. Wie einige hier schon anmerken, liegt es nicht nur an den alten unsanierten DDR Tagebauen...

  2. 6.

    Der Landschaftsraum in die sich der Abbau der Braunkohle hinein entwickelte hat eben seine Tücken.Und ist dher schon anders als im Ruhrgebiet zu betrachten, gleichwohl die Grundprobleme bleiben. Wir haben seit 2000 quasi höher in der Rechtspyramide angesiedeltes Recht, die Wasserrahmenrichtlinie, den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich die damaligen EU-Mitglieder einigen konnten. Und doch war der Schutz des GW in Dargebot (!)u. der gute ökolog. Zustand eines Fließgewässers eine s hohe Hürde, mit der es bis in die Gegenwart zur Einhaltung erhebl. Probleme gibt. Aber weder Polen schafft das heute, die Oder einigermaß. clean zu halten, obwohl die WRRL auch für sie gilt noch der Rechtsnachfolger des Braunkohlen-Abbaus. Klar, wenn der Abbau nach dem Vorrang des Bergrechtes u. zudem politisch entschieden wurde. Wir können uns frisch machen, wenn der Kupferabbau b. SPB kommen sollte. Umweltschutz? - Es gibt berecht. Bedenken. Wir sehen ja, was mit dem Tempolimit - BAB läuft. Nichts!

  3. 5.

    Doch, zu feiern gibt es etwas.
    Und zwar für die LEAG die als rechtsnachfolgender Bergbaubetreiber
    zwar für ein grossteil der Ocker und Sulfateinträge verantwortlich ist aber nicht haftbar gemacht wird.
    Herr Perko weiß das. Warum wird das verschwiegen???

  4. 4.

    Werter Herr Schneider,
    Wäre schön wenn Sie und der Interviewte in Ihrem Bericht alle Verursacher genannt hätten.
    Jeder mit dem Problem befasste weiß das der aktive Tagebau zu 56% beteiligt ist.
    Wer trägt dafür die Kosten die ja noch Jahrzehnte nach Bergbauende anfallen?
    Soll der Fakt unter den Teppich gekehrt werden? Seriöser Journalismus geht jedenfalls anders.
    Nun bin ich mal gespannt ob Ihr euch traut das zu veröffentlichen....

  5. 3.

    Die Blaupause gibt es eben nicht da es hier vollkommen andere geologische Gegebenheiten sind. Bekannt seit den 1930er hat jede Regierung auf die Umweltschäden gepfiffen .

  6. 2.

    Eigentlich gäbe es für unser Land Brandenburg eine gute Blaupause für die Bewältigung dieser "Ewigkeitsaufgaben" nach dem Stop des Bergbaus: Das Ruhrgebiet. Dort gibts mit dem Grundwasser und deren Behandlung fast gleiche Aufgaben. Die haben dort über 30 Jahre Erfahrung mit dem Strukturwandel auch der Natur. Da gibts z.B. eine Landesstiftung, die diese Ewigkeitskosten der Grundwassersicherung eigenfinanziert.

  7. 1.

    Nix zu feiern? In Spremberg hat jetzt in der Spree ein Biber sein Zuhause gefunden.

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