Zwei Wochen in Quarantäne - Wo polnische Arbeiter in Brandenburg schon jetzt fehlen

Fr 27.03.20 | 15:36 Uhr
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Bild: rbb

Seit Freitag müssen polnische Pendler nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat zwei Wochen in Quarantäne. Eine Ausnahmeregelung der polnischen Regierung gilt nun nicht mehr. Das stellt auch deutsche Firmen in der Grenzregion vor Probleme, wie zum Beispiel in Guben.

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Die polnische Regierung greift angesichts der hohen Zahlen von Corona-Infizierten in Deutschland durch. Seit Mitternacht von Donnerstag auf Freitag gilt, dass polnische Berufspendler bei ihrer Rückkehr nach Polen für 14 Tage in Quarantäne müssen. Die brandenburische Landesregierung hat versucht, zu retten was zu retten ist und zahlt 65 Euro Unterkunftszuschuss für alle, die sich entscheiden zu bleiben und weiterzuarbeiten. Doch bringt das was? Drei Beispiele aus der Grenzstadt Guben.

Unternehmen können noch produzieren

Rund 1.000 Männer und Frauen kommen täglich zur Arbeit über die Grenze aus Gubin. Beim Schaumstoffhersteller Megaflex sind es allein 200. Für ein Viertel von ihnen konnte, so Bürgermeister Fred Mahro, eine Lösung gefunden werden. "Die sind einquartiert, hier im Umfeld. Die Produktion muss also nicht angehalten werden", sagt Mahro. In der chemischen Industrie wäre das besonders kritisch.

Sein Rundruf bei allen betroffenen Firmen habe ergeben, dass nirgendwo die Produktion stehe. Die Unterstützung des Landes wird begrüßt, doch zum Beispiel beim Garnhersteller Trevira hat sie nichts genutzt, sagt Werkleiter Thomas Rademacher. "Wir haben für unsere polnischen Pendler Reservierungen gemacht in Pensionen und Hotels, auch, als wir noch nicht wussten, dass die Kosten übernommen werden. Das Ergebnis: Von den 21 Betroffenen wird keiner hier in Deutschland bleiben", sagt Rademacher. Sie würden lieber bei ihren Familien sein.

Weltwirtschaft trifft auch Guben

Die Situation könne dennoch bewältigt werden, wie er sagt. Derzeit sei die Produktion ohnehin nur zu 70 Prozent ausgelastet. Kein Wunder, die Automobilindustrie, für die Trevira Rohstoffe für Sitzbezüge und Innenverkleidungen liefert, ist zusammengebrochen. Die Großkunden in Italien arbeiten nicht mehr. "Wir sehen natürlich täglich, wie Aufträge wegbrechen und ich gehe davon aus, dass wir auch in Kurzarbeit gehen werden. Die Wirtschaft kommt zum Erliegen, das wirkt sich auch bei uns aus", sagt Rademacher.

Die Hälfte des Umsatzes ist auch bei der Bäckerei Dreißig eingebrochen. Das gesamte Imbissangebot und die Konditorwaren sind betroffen, die Cafés sind alle dicht. Keiner trifft sich mehr um Torte zu essen. Doch die normale Produktion muss weiterlaufen, so Geschäftsführer Georg Langweg. Ohne die polnischen Beschäftigten sei das schwierig. "Es betrifft uns schon massiv und es hat uns auch kalt erwischt. Hier am Standort Guben haben wir allein 27 Mitarbeiter aus Polen." Keiner sei am Freitag zur Arbeit in der Produktion erschienen.

Umstellung der Produktion

Natürlich habe man den Mitarbeitern Angebote gemacht. Doch viele hätten nur den Kopf geschüttelt. 14 Tage Trennung von Familie, von Kindern, das wollten sie sich - "verständlicherweise", so Langweg - nicht antun. Bis auf wenige Ausnahmen im Verkauf. "Ich weiß von einem Fall, da ist die ganze Familie hier hergekommen für die Zeit. Das ist natürlich eine schöne Geste, dass die uns so die Stange halten", sagt Langweg.

Der Betrieb, der in Brandenburg, Berlin und Sachsen insgesamt 85 Filialen hat, sei ohnehin durch die unterschiedlichen Regelungen belastet. "In Sachsen ist es mittlerweile so, dass wir die Türen offen stehen lassen müssen, sodass die Türen gar nicht mehr berührt werden dürfen und dass wir die Böden abkleben müssen, mit ganz definierten Abstandsbereichen."

Jetzt müssten die Produktionsleiter die Ausfälle durch den Wegfall der polnischen Mitarbeiter kompensieren. Zum Glück seien die Mitarbeiter aber universell einsetzbar. Das heißt, statt Torten wird Brot gebacken. "Bei uns müssen alle Leute vieles können, sodass wir doch gut über die Runden kommen und die Versorgung sicherstellen können. Brot wird es bei uns noch geben", versichert Langweg.

Sendung: Inforadio, 27.03.2020, 16.00 Uhr

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