Interview mit dem Leiter der JVA Cottbus-Dissenchen - "Gefangene fühlen sich sicherer als draußen"

Mo 16.11.20 | 23:28 Uhr
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Oliver Allolio beim Interview im Studio Cottbus(Quelle:rbb/Jahn)
Audio: Antenne Brandenburg|16.11.2020|Josefine Jahn | Bild: rbb/Jahn

In allen Lebensbereichen wirkt sich die Corona-Pandemie aus und macht natürlich auch nicht vor Gefängnistoren halt. Im Interview erläutert der Leiter der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen Oliver Allolio, wie sich der Alltag im mit derzeit 351 Insassen größten Gefängnis Brandenburgs verändert hat.

rbb: Corona betrifft natürlich auch diejenigen, die "hinter Gittern sitzen" und auch die Menschen, die sie betreuen. Wie schützen sie alle gleichermaßen vor einer Infektion?

Oliver Allolio: Diese Pandemie ist außerhalb aber auch innerhalb des Gefängnisses eine neue Krisensituation. Auf diese haben wir uns seit dem Frühjahr aus meiner Sicht gut vorbereitet. Das müssen wir auch, weil wir das Gefängnis eine besonders anfällige Einrichtung ist, die besonderen Schutz erfordert. Zunächst haben wir eine Quarantänestation eingerichtet, in der neu aufgenommene Gefangene für 14 Tage bleiben. Zum Ende dieser Zeit werden sie getestet. Bevor sie in den regulären Vollzug kommen, muss klar sein, dass sie nicht infiziert sind. Darüber hinaus beobachte ich bei den Bediensteten eine große Sorgfalt beim Infektionsschutz. Bei ihnen wird auch regelmäßig Fieber gemessen beim Betreten der Anstalt. Außerdem kommen bei uns im Moment nur externe Mitarbeiter in die Anstalt die ausschließlich hier tätig sind, um das Risiko von Übertragungen zu reduzieren.

rbb: Sind Freigänge erlaubt unter diesen Umständen?

Auch in Zeiten von Corona ist die Anstalt der Resozialisierung und der Rückfallreduzierung verpflichtet. Es geht darum, dasmit dem Infektionsschutz unter einen Hut zu bekommen. Wir werden in dieser Woche wieder mit Tätigkeiten außerhalb der Anstalt in Cottbus beginnen, die wir für zwei Wochen ausgesetzt hatten. Dabei schauen wir uns das Hygienekonzept des jeweiligen Betriebes sehr genau an. Auch Lockerungen wie Ausgänge finden statt, soweit sie als Eingliederungsgründen notwendig sind und durch eine zuverlässige Person begleitet werden.

rbb: Inhaftierte dürfen auch Besuch empfangen. Wie ist das momentan geregelt?

Wir haben den Besuchsverkehr nicht eingeschränkt. Er findet unter sehr starken hygienischen Vorschriften statt. Dazu gehören zum Beispiel eine Plexiglasscheibe als Abtrennung, Masken- und Handschuhpflicht. Wir bieten den Gefangenen aus den Erfahrungen des Frühjahrs auch Videotelefonie an. Das hat sich gut etabliert. Die Gefangenen schätzen das so sehr, dass sie beides, also Besuche und das Telefon nutzen wollen. Das können wir aber nicht anbieten. Wer besucht werden kann, der muss auf Videotelefonie verzichten.

rbb: Wie funktioniert die Videotelefonie praktisch?

Wir haben in einem zentralen Mehrzweckgebäude in der Anstalt Räume dafür eingerichtet. Auch zeitlich muss das organisiert werden, weil natürlich dafür auch Personal nötig ist.

rbb: Wo sehen sie Einschränkungen durch die Pandemie?

Zum Beispiel müssen wir uns auf Lehrer beschränken, die nur in der Anstalt tätig sind. Außerdem sind die Hygienevorschriften natürlich aufwendig. Ich bin aber beeindruckt, wie sie durch die Gefangenen eingehalten und mitgetragen werden. Insofern sind wir gut für die kommenden Wochen aufgestellt, die nicht einfach sein werden. Wir hatten bisher noch keine Corona-Infektion, auch nicht auf der Quarantänestation. Wir müssen alles daran setzen, dass das auch so bleibt.

rbb: Sind denn weitere Verschärfungen überhaupt möglich?

Wenn sich die Infektionslage in Cottbus und der Umgebung verschlechtert, müssen möglicherweise die Arbeitseinsätze außerhalb der Anstalt reduziert werden.

Generell sind Gefangene durch die Pandemie genauso belastet, wie Menschen außerhalb der Anstalt. Seelsorger berichten mir von einem höheren Betreuungsbedarf. Wir versuchen mit der Situation seht transparent umzugehen. Über Aushänge in mehreren Sprachen werden die Maßnahmen erklärt. In Zusammenhang mit den weiter erlaubten Besuchen und der Videotelefonie führt das zur schon erwähnten Akzeptanz unter den Gefangenen. Diese fühlen sich in der Anstalt geschützter, als das außerhalb der Fall wäre.

rbb: Wie sieht es mit der Freizeit, mit Sport aus? Läuft das ganz normal weiter, weil davon auszugehen ist, dass alle gesund sind?

Wir gegen tatsächlich davon aus, dass alle Gefangenen im offenen und geschlossenen Vollzug außerhalb des Quarantänebereiches infektionsfrei sind. Trotzdem haben wir kleinere Gruppen gebildet, damit im Infektionsfall eben weniger Menschen isoliert werden müssen. Es geht auch hier um einen Kompromiss zwischen Infektionsschutz und Betreuung der Gefangenen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mit Oliver Allolio sprach Josefine Jahn, Antenne Brandenburg. Dieser Artikel ist eine redigierte Version. Das Originalinterview können Sie mit Klick auf das Audiosymbol im Aufmacherfoto des Artikels nachhören.



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3 Kommentare

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  1. 3.

    Hää, der Direktor ist verantwortlich für die nachgewiesenen Straftaten der Insassen???
    Krude Theorie...

  2. 2.

    Hää, der Direktor ist verantwortlich für die nachgewiesenen Straftaten der Insassen???
    Krude Theorie...

  3. 1.

    Wer soll das glauben? DIe zig 1000 Gefangenen in Berlin und Brandenburg selbst sollen bitte reden und nicht 1 Mensch, der für die Gefangenschaft eines Teils der Leute verantwortlich ist.

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