Handel, Handwerk, Politik, Kultur - Wie Südbrandenburg die verschärften Corona-Regeln sieht

Do 26.11.20 | 16:48 Uhr
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Auf einem Konzertplakat in COttbus steht groß "Abgesagt" (Foto: rbb)
Antenne Brandenburg | 26.11.2020 | Aline Lepsch | Symbolfoto | Bild: rbb

Verschärfte Kontaktbeschränkungen, verschärfte Maskenpflicht, neue Regeln für den Handel. Bund und Länder wollen mit strengeren Corona-Maßnahmen die Pandemie in den Griff bekommen. Doch die Regeln kommen in Südbrandenburg unterschiedlich an.

Die neuen Corona-Regeln stehen fest: Bis 20. Dezember sollen sich nur fünf Leute aus zwei Haushalten treffen. Die Anzahl von Kunden in Geschäften wird beschränkt. Im Handel gilt künftig auch vor den Läden und auf Parkplätzen Maskenpflicht. Kultureinrichtungen bleiben weiter geschlossen. Es ist ein Teil der neuen Maßnahmen, auf die sich Bund und Länder am Mittwoch geeinigt hatten. Eine komplette Übersicht haben wir hier zusammengefasst.

Die Reaktionen auf die verschärften Regeln fallen in Südbrandenburg bei Handel, Handwerk, Politik und Kultur unterschiedlich aus. Sie reichen von Verständnis bis Enttäuschung.

Maik Bethke
Maik Bethke | Bild: rbb/Dirk Schneider

Handel

Bei Stichproben in der Cottbuser Innenstadt trifft eine rbb-Reporterin auf Ladeninhaber, die gefasst mit der neuen Situation umgehen. Ob Sport- und Bekleidungsgeschäft, im Dekoladen oder einem Supermarkt mit knapp 4.000 Quadratmetern - alle haben mit den verschärften Regeln gerechnet.

Angst um Umsatzeinbrüche kann Michael Wawrok, der zwei Sport-Läden in der Innenstadt betreibt, trotzdem nachvollziehen. "Ich glaube nicht, dass die Quadratmeterzahl die entscheidende Zahl ist - sondern die allgemeine Stimmung, die dadurch erzeugt wird, dass alles ganz schlimm und schwierig ist." Dadurch würden die Kunden nicht mehr in die Stadt gehen.

Auch aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Cottbus sind die verschärften Corona-Regeln nicht überraschend gekommen. Allerdings müsse dringend über Hilfen für Einzelhändler nachgedacht werden, denen in leeren Innenstädten die Umsätze wegbrechen. “Natürlich haben wir die Befürchtung, dass Unternehmen diese Wintermonate einfach nicht überstehen, sei es Gastronomiebereich oder Handel“, sagt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Maik Bethke.

Ein inhabergeführtes Handelsunternehmen mit zwei, drei Angestellten habe Schwierigkeiten. "Die Mieten müssen bezahlt werden, die kommen vom Umsatz her nicht rein." Auch das Personal müsse bezahlt werden. Die IHK gehe davon aus, "dass vielleicht nicht in Cottbus, aber in anderen Mittelstädten in Brandenburg durchaus Läden schließen und dadurch die Innenstädte veröden".

Laut Bethke brauche es Ideen für Einzelhändler. "Die verkaufsoffenen Sonntage waren der letzte Strohhalm, den der Handel hatte, der ist jetzt komplett weggebrochen." Das Brandenburger Gesundheitsministerin hatte sich gegen eine Öffnung des Einzelhandels an allen vier Adventssonntagen ausgesprochen. Bethke fordert von der Politik Ideen für das Jahr 2021. Dazu gehöre zum Beispiel, dass verkaufsoffene Sonntage flexibler gestaltet werden.

Handwerkskammer CottbusHandwerkskammer Cottbus

Handwerk

Die Handwerkskammer Cottbus ist enttäuscht, dass die Corona-Beschränkungen für Handwerksbetriebe erneut verlängert wurden. "Damit geht betroffenen Unternehmen wie Kosmetikstudios, Bäckereien und Fleischereien einer der umsatzstärksten Monate des Jahres verloren", heißt es in einer Pressemitteilung am Donnerstag [hwk-cottbus.de].

"Umso wichtiger ist es jetzt, dass die versprochenen Wirtschaftshilfen so schnell wie möglich fließen", wird HWK-Präsident Peter Dreißig zitiert. Das Beispiel Novemberhilfen vom Bund zeige, dass es "alles andere als unbürokratisch und schnell geht". Die Reserven seien schon zum großen Teil durch den ersten Lockdown im Frühjahr aufgebraucht. "Die Liquidität bei vielen Betrieben ist in Gefahr", so Dreißig.

Aus Sicht der HWK sei es wichtig, dass auch indirekt betroffene Unternehmen größtmögliche Unterstützung bekommen. Die Kammer nennt dabei unter anderem Wäschereien, Messebauer und Brauereien. Dreißig verweist auch auf die erarbeiteten Hygienekonzepte und Schutzmaßnahmen.

Christian-Heinrich-Jaschinski. (Quelle: rbb/O. Soos)
Christian Heinrich-Jaschinski | Bild: rbb/O. Soos

Politik

Der Südbrandenburger Landkreis mit der niedrigsten Inzidenzzahl ist seit Wochen neben Dahme-Spreewald der Elbe-Elster-Kreis. Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) sieht die strengeren Beschlüsse des Corona-Gipfels trotzdem positiv.

Sie seien angesichts der noch immer hohen Infektionszahlen der richtige Schritt. Es müsse das Ziel sein, die Pandemie einzudämmen, “damit wir das Gesundheitssystem nicht überfordern.“ Er schaue mit “großer Sorge“ in die Nachbarschaft, wie den sächsischen Raum, “wo die 7-Tage-Inzidenz noch um ein vielfaches höher ist, als im Landkreis Elbe-Elster.“

In dem südbrandenburger Kreis lag am Donnerstag die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von einer Woche auf 100.000 Einwohner gerechnet bei rund 139. Das geht aus den Zahlen des Gesundheitsministeriums Brandenburg hervor. Im benachbarten Kreis Oberspreewald-Lausitz lag der Wert bei 273. Brandenburg hat am Donnerstag mit insgesamt 629 neuen Corona-Fällen innerhalb eines Tages einen neuen Höchststand erreicht.

Intendant Manuel Soubeyrand im Theater "Neue Bühne Senftenberg" (Bild: rbb)
Manuel Soubeyrand | Bild: rbb

Kultur

Mit den neuen Corona-Regeln bleiben auch Restaurants, Kinos und Theater weiter geschlossen. Der Intendant der Neuen Bühne Senftenberg, Manuel Soubeyrand, fordert klare Ansagen, wann es weitergehen kann. Für ihn sei es Frust, wieder im "Wartemodus" zu sein. "Dieser andauernde Stand-by-Modus ist kaum leb- und realisierbar für ein Theater."

Sein Haus müsse planen, Karten verkaufen und dem Publikum sagen, ob Silvester gespielt wird, oder nicht. "Ich kann nicht immer sagen: Kaufen sie mal eine Karte. Aber ich kann ihnen erst am 21. sagen, ob wir überhaupt spielen, dann können sie ja wieder zurücktauschen." So könne man nicht mit dem Publikum umgehen.

Weil seine Schauspieler auch die Motivation zu verlieren drohen, hat es am Donnerstag eine kleine interne Premiere von einem Weihnachtsmärchen gegeben.

Das Staatstheater in Cottbus von außen (Foto: rbb/Harasim)
Bild: rbb/Harasim

Vor dem Staatstheater in Cottbus hängt ein Plakat. "Das unmögliche möglich machen. Wir sehen uns im Dezember!" Ein Premierenfeuerwerk hatte der Intendant des Mehrspartenhauses, Stephan Märki, für den letzten Monat 2020 versprochen. Doch auch diese Pläne fallen jetzt ins Wasser. "Wir werden es wahrscheinlich auf Januar umstreichen."

Ähnlich wie in Senftenberg sei auch am Staatstheater Cottbus die sinkende Motivation ein Problem, sagt Märki auf dem Weg zu einer Probe. "Alles was wir tun, hat mit Theater wenig zu tun. Der Sinn unseres ganzen Tuns ist natürlich die Aufführung, ist die Premiere, ist das Miteinander, das Händeschütteln, das Anfassen."

Stephan Märki Intendant Staatstheater Cottbus (Foto: rbb/Fösch)
Stephan MärkiBild: rbb/Fösch

Pragmatisch - mit diesem Wort kann die Stimmung der Theater- und Kulturschaffenden gefasst werden. Auch die Chefin vom Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst in Cottbus, Ulrike Kremeier, bleibt gelassen angesichts der verlängerten Zwangspause. "Es ist jetzt wie es ist." Sie hätte sich aber eine längerfristigere Perspektive gewünscht, über den 20. Dezember hinaus. "So zeichnet sich im Moment ab, dass immer im Dreiwochen-Rhythmus entschieden wird. Das macht das Planen natürlich schwierig."

Alle vom rbb in Südbrandenburg befragten Kulturschaffenden sich sich aber einig, dass das "Jammern und Klagen" nichts bringe. "Es gibt halt im Moment einfach Wichtigeres", sagt Intendant Märki. "Das müssen auch Theaterleute einsehen. Wir müssen das Beste daraus machen. Wir alle."

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich möchte nicht meckern Altstadt 5 Personen würde ich mal anfangen die Demo zu verbieten was bringt das wenn ich meine Eltern nicht besuchen darf aber 500 auf einer Demo gehen

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