Schulen in Corona-Pandemie - "Wir haben sehr viel Lehrgeld gezahlt"

Do 17.12.20 | 15:35 Uhr
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Symbolbild Schulklasse einer Grundschule (Foto: dpa/Gentsch)
Audio: Antenne Brandenburg | 17.12.2020 | Christian Matthée | Bild: dpa

Die Weihnachtsferien stehen an, doch die Kinder sind schon zu Hause, im Home-Schooling. Noch vor einem Jahr war das unbekanntes Terrain. Seitdem hat sich in den Schulen sehr viel getan, wie ein Blick nach Südbrandenburg zeigt.

Für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte geht in wenigen Tagen ein gänzlich anderes Schuljahr zu Ende als gewohnt. Die Corona-Pandemie hat den Unterricht umgekrempelt und sichtbar gemacht, wo es mit der Digitalisierung noch klemmt. "Jetzt, zum Ende des Schuljahres, haben viele Dinge einen sehr positiven Verlauf genommen", zieht der Leiter des Cottbuser Schulamtes, Uwe Mader, am Donnerstag Bilanz. Die Lehr- und Lernbedingungen in Südbrandenburg seien besser geworden, sagte er dem rbb. Doch es werde noch Monate dauern, bis alle Schulen auf einem Level sind.

Uwe Mader, der Leiter des Schulamtes Cottbus, im rbb-Studio Cottbus (Foto: rbb/Krüger)
Uwe Mader | Bild: rbb/Krüger

Technische Ausstattung "sehr fragwürdig"

Aus Sicht von Uwe Mader geht ein anstrengendes Jahr zu Ende. Er ist als Schulamtsleiter Cottbus für den kompletten Süden Brandenburgs zuständig, dazu gehören über 180 Schulen in öffentlicher Trägerschaft und 30 in privater. "Ich denke, alle sind ganz froh, dass die letzten Tage erreicht sind. Es war doch für viele eine ganz schöne Herausforderung in den letzten Wochen, was wir von den Lehrkräften aber auch den Schulleitungen abverlangt haben.“

Rückblickend habe vieles geklappt, aber das "eine oder andere nicht so gut". Grund sei laut Mader mit Sicherheit, dass so eine Situation, wie sie durch die Corona-Pandemie entstanden ist, für alle neu war. "Ich muss mal sagen: Wir haben sehr viel Lehrgeld gezahlt."

Die technische Ausstattung der Schulen sei Anfang des Jahres in manchen Bereichen "sehr fragwürdig" gewesen, erklärt Mader. Sie konnte aber durch Geld von Land und Schulträgern wesentlich verbessert werden, so der Leiter. Probleme habe es auch beim Organisieren des Home-Schoolings gegeben. Anfangs seien Unterrichtsmaterialien noch per Kopiervorlage verteilt worden, Absprachen mit Eltern fanden klassisch per Telefon statt.

Schulen auf unterschiedlichem Niveau

Inzwischen habe sich die Situation verbessert. Laut Mader werden nun Lernplattformen in den Schulen genutzt, Schulcouds werden eingesetzt. "Wir hatten ganz zum Anfang eine Schulcloud als Modelversuch mit 50 Schulen im ganzen Land Brandenburg organisieren wollen. Nun sind wir bei weit über 300." Für den Schulamtsleiter sei das ein großer Erfolg. Aber nicht nur der Unterricht wurde digitaler, auch die Lehrkräfte hätten sich fortgebildet, um die Technik bedienen zu können.

Doch nicht alles laufe rund, nicht alle Schulen haben bei der digitalen Ausstattung das gleiche Niveau, sagt Mader. Das habe unterschiedliche Gründe. Immerhin hätten fast alle Schulen, nämlich 97 Prozent, Finanzmittel aus dem Digitalpakt des Landes beantragt. Einige haben nach Aussage des Schulamtsleiters auch schon die Technik geliefert bekommen. Bei anderen Schulträgern sei zwar der Antrag bei der Investitionsbank des Landes (ILB) gestellt, die Technik aber noch nicht angeschafft worden.

Probleme für kinderreiche Familien

Beim Thema Distanzunterricht habe das Corona-Jahr auch gezeigt, dass die Internetversorgung in Südbrandenburg ein Hindernis ist. "Wir haben, ich will nicht sagen, 'schwarze Flecken', wo es schwierig ist, dass kontinuierlicher Internetempfang gewährleistet wird." Dort sei die Unzufriedenheit bei Lehrerinnen und Lehrern als auch bei den Eltern groß.

Probleme entstünden auch bei Familien mit relativ vielen Kindern. "Es ist schon eine Herausforderung, alle mit Medientechnik auszustatten", meint Mader. Verschärft werde die Situation, wenn auch beide Elternteile im Home-Office sind. "Wen wollen sie zuerst ranlassen?"

Viele Schritte bis zu neuer Technik

Bis eine Schule überhaupt beispielsweise mit Tablets, einer elektronischen Tafel oder Webcams ausgestattet wird, sind mehrere Schritte nötig. Zunächst müssen Schulen in Abstimmung mit dem Schulträger einen Medienentwicklungsplan schreiben, denn man könne nicht "irgendwas in den blauen Dunst bestellen, was dann nicht funktioniert", erklärt Mader das Prozedere. Die Pläne werden durch die Schulaufsicht geprüft, dann "gibt’s von uns eine Unterschrift und es geht zurück an den Schulträger". Dieser schickt den Plan zum Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und den Antrag zur Investitionsbank des Landes Brandenburg.

Ein anderer Digitalpakt sei für die Ausstattung von sozial schwächeren Familien da. "Dort haben nach meinem Wissen alle Träger die entsprechenden Mittel abgerufen." Inwiefern die Geräte schon ausgegeben wurden, kann Mader nicht sagen. "Ich weiß es von Einzelnen aus meinem Landkreis, wo das schon gemacht wird."

Optimistischer Blick auf die nächsten Monate

Trotz aller Hindernisse hat Uwe Mader die große Hoffnung, dass zum kommenden Schuljahr 2021/2022 alle Schulen mit der notwendigen digitalen Technik ausgestattet sein werden, so dass es dann "kein Thema mehr sein sollte".

Die jetzigen Weihnachtsferien sieht er als Ruhepol für die Schulen und das Schulamt. Wie es danach weitergeht, steht auch schon fest. In der ersten Woche nach den Ferien werden hauptsächlich die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen 10, 11 und 12 im Präsenzunterricht sein. Alle anderen Jahrgangsstufen haben Distanzunterricht. Wie es danach weitergeht, hänge von den Inzidenzzahlen in der ersten Januarwoche ab.

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3 Kommentare

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  1. 3.

    Das Lehrgeld zahlen wir alle gemeinsam und Schuld sind die Sparpolitik der Länder und die Ignoranz der Politik. Dazu kommt dann noch der Bürokratismus in diesem Land.
    Es ist langsam unerträglich, was hier alles durch die falsche Sparpolitik an die Wand gefahren wurde. Und es geht ja weiter.

  2. 2.

    Der Schulamtsleiter muss natürlich in dasselbe Hornblasen wie seine ministeriellen Dienstvorgesetzten. Schöngerede, bla bla bla und Zweckoptimismus, mehr kommt nicht. Der Großteil der Schulen ist digital so gut ausgestattet wie ein Waldkindergarten. Es fehlen moderne Serverlösungen, schnelles und flächendeckendes Internet, tragfähige Konzepte und ein Ministerium, was diese Probleme offen benennt und den Leuten nicht die Taschen vollügt. Die Schulen und Lehrkräfte geben überall ihr Bestes, die politischen Versäumnisse der letzten Jahre aufzuholen und die Schüler und Schülerinnen unter diesen Bedingungen zu beschulen. Sie fahren die Tour de France der Bildung allerdings auf einem alten Klapprad und ohne Doping. So kann es nichts werden. Es hat sich seit März nur eines getan: mehr Schulen versuchen, die Schulcloud zu nutzen. Die eh schon veraltete Hardware hat sich nur insofern seitdem verändert, als das sie lediglich 9 Monate älter geworden ist.

  3. 1.

    "Zunächst müssen Schulen in Abstimmung mit dem Schulträger einen Medienentwicklungsplan schreiben...Die Pläne werden durch die Schulaufsicht geprüft, dann "gibt’s von uns eine Unterschrift und es geht zurück an den Schulträger". Dieser schickt den Plan zum Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und den Antrag zur Investitionsbank des Landes Brandenburg." Also noch besser kann man nicht beschreiben was schief läuft, wo die Verantwortung "hingeschoben" wird, wer gönnerhaft und ohne Digitalkonzept von Laien zuteilt, was gar nicht so beantragt ist, ohne die Folgen spüren zu müssen. So bleibt Brb. links/grüner Bildungsletzter. Der "Gipfel" wäre jetzt noch, wenn ein Lehrer versehentlich eine Datenschutzrichtlinie seines privaten Endgerätes verletzt. Na dann wird die gesamte Härte des BM zu spüren sein...Übrigens der Medienentwicklungsplan ist so voller fachlich fragwürdiger Formblätter, dass es Widerstände gibt, diesen auszufüllen? Ratet mal wer diese Formblätter erstellt?

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