Interview | Karneval-Verband Lausitz - "Es könnte regelrecht zu einem Bruch in den Vereinen kommen"

Mo 28.02.22 | 10:15 Uhr
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Die Stadt Cottbus gilt als ostdeutsche Hochburg im Karneval. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 28.02.2022 | Jasmin Schomber | Bild: dpa/Patrick Pleul

Auch in diesem Jahr mussten wegen der Corona-Pandemie Karnevalsumzüge und Prunksitzungen abgesagt werden. Sollte es so weitergehen, könnten einige Vereine ihre Arbeit aufgeben, meint Matthias Schulze, Präsident des Karneval-Verbands Lausitz.

Die Corona-Pandemie hat vielen Karnevals- und Faschingsvereinen auch in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vielerorts wird auf Karnevalsumzüge und Prunksitzungen verzichtet, wie beispielsweise in Eberswalde, Groß Lindow, Müllrose oder Finkenheerd. Stattdessen planen die Vereine, die Feierlichkeiten in die Sommermonate zu verlegen. Eine Rosenmontags-Alternative hat sich der Eggersdorfer Karneval Club gesucht. Zum Saisonende werden die Mitglieder am Montagabend bunt kostümiert am deutschlandweit statt findenden Faschingslauf teilnehmen.

In Cottbus musste die Karnevals-Gala "Heute steppt der Adler" und der Umzug erneut abgesagt werden. Am Sonntag fand nur ein Autokorso durch die Stadt statt, mit dem die Session beendet wurde.

rbb: Zwei Jahre kein Karneval - wie schwer wiegt das für den Verband?

Matthias Schulze: Wir sind ja ein Verband, der 43 Mitgliedsvereine hat. Das sind ungefähr rund 5.000 Mitglieder. Wenn wir in die Vereine schauen, sind dort unterschiedliche Situationen festzustellen. Aber in der Regel ist es so momentan, dass die Demotivation ganz groß ist. Wir haben natürlich auch - trotz der Situation - im Sommer viele Vereine gehabt, die mit ihren Jugendlichen und Kindern trainiert haben, die natürlich ihre Darbietung gerne zeigen wollten. Das war nicht möglich gewesen.

Damit ist natürlich auch die Motivation nochmals gesunken. Man muss auch immer sagen, wir haben ungefähr von unseren 5.000 Mitgliedern etwa ein Drittel Kinder und Jugendliche, die wir immer bei Laune halten und teilweise auch von der Straße holen. Und das jetzt noch aufrechtzuerhalten, ist verdammt schwer.

Sind Mitglieder verlorengegangen?

Ja natürlich. Aber im Großen und Ganzen konnten wir den Verband relativ stabil halten. In den einzelnen Vereinen werden natürlich Abgänge zu verzeichnen sein. Aber nicht nur das. Ich glaube auch, was auch in der Gesellschaft passiert, dass man die Vereine teilweise in der Position zu den Corona-Maßnahmen spaltet. Und auf der anderen Seite ist es so, wenn ich dann nicht mehr weiß, wofür ich trainiere, dann werde ich auch abtrünnig.

Wie halten die Karnevalisten das Vereinsleben am Laufen?

Es geht hier ja nicht nur um den Karneval, sondern um den gesamten Vereins- und Kulturbereich. Dort ist die Situation ja ähnlich. Es ist sehr schwer. Und wenn man es mal richtig betrachtet, sind wir eigentlich zufrieden, wenn wir so einigermaßen die zweite Welle oder das zweite Jahr gut überstehen. Aber ich kann Ihnen heute schon sagen, sollte es ein drittes Jahr geben, wird es regelrecht zum Bruch in vielen Vereinen kommen oder zur Auflösung. Davon kann man ausgehen.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den ich auch noch mal rüberbringen möchte. Die Politik muss sich Gedanken machen, für den Herbst einen Plan zu haben. Ich glaube schon, dass wir wieder in eine ähnliche Situation des Virus kommen werden. Und dann kann es nicht sein, dass wir wieder alles dicht machen. Das darf definitiv nicht passieren. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Matthias Schulze führte Jasmin Schomber, Studio Cottbus. Es handelt sich um eine gekürzte Fassung.

Was Sie jetzt wissen müssen

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.02.2022, 08:00 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Ich bitte um Nachsicht. Denn ich beschreibe hier nicht all die Vereine, welche sich maßgeblich und sehr vorbildlich um unsere Jugend kümmern tun. Und das ist auch gut so. Da fällt bei mir solch ein Karnevalisten Verein doch glatt durch das große Sieb. Sie verstehen mit Sicherheit schon, was ich mit Vereinsmeierei sagen will oder?

  2. 11.

    Nein, kann man nicht. Carneval ist mindestens so wichtig wie Profifußball.

  3. 10.

    Aber klar doch. Vom Häkel-Stricken Verein bis zum ach ja natürlich Schützenverein, gibt es nichts was sich so an Stammtischen in leutseliger Stimmungsrunde erfinden läßt;-) Ob’s nun den Kleinen gefällt oder nicht. Dabeisein ist alles.

  4. 9.

    Ich bin kein Karnevalteilnehmer.

    Aber es sollte möglich sein, daß die "Narren" feiern dürfen. Irgendwo auf der Welt ist immer etwas ganz schrecklich. Aber Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
    Und das braucht der Mensch genauso zum Überleben wie Brot und Wasser.

    Die Welt würde nicht besser, wenn wir hier den ganzen Tag trauern und im Betroffenheitsmodus bleiben.

    Im Gegenteil: Wir brauchen dringend Optimismus und Lebensfreude, egal woher.

  5. 8.

    Diese Sorgen haben aktuell viele Vereine, nicht nur die Karnevalisten. Wer das hier abfällig kommentiert, denke bitte über den Wert der "Vereinsmeierei" nach: Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen, sie zu fördern und zu fordern und das vielfach mit ehrenamtlichen Mitarbeitern, hier werden Werte wie Teamgeist (=Solidarität), Disziplin, Zuverlässigkeit und Fairness vermittelt, bitte das wenigstens anzuerkennen, auch wenn es nicht Ihr "Ding" ist.

  6. 7.

    Ja Bernhard.. Ein verbrecherischen krieg.. Aber die karnevalisten sind nicht einarschiert.. Und Sie haben sich sicher auch andere Gedanken gemacht.. Zb was gibt's heute zu Mittag.. Helau und allaf.. Oder narrinnarro.. Ne ich gebs zu.. Hab ausser in der Kita noch nie fasching gefeiert..

  7. 5.

    Auf diesen Schwachsinn kann man meiner Meinung nach komplett verzichten .

  8. 3.

    Natürlich sind Klimawandel, Pandemie und der Krieg in der Ukraine ungleich schwerwiegender. Trotzdem darf und muss man sich auch darüber Gedanken machen. Vereine, welcher Art auch immer bieten vielen Menschen eine Heimat und sind wichtig für den sozialen Frieden. Da darf man dann schon Sorgen haben wenn so etwas wegbricht.

  9. 2.

    Na denn Herr Bernhard: Sie dürfen ab sofort keine Unterhaltungsfilme oder Unterhaltungsshows im Fernsehen schauen. Sobald jemand irgend etwas aufheiterndes erzählt, halten Sie sich aber sofort die Ohren zu. Augen zu, wenn Sie bunte heitere Farben im Alltag sehen!
    Und gehts Ihnen jetzt besser?
    Übrigens: Im 2. Weltkrieg wurde auch gefeiert, auch wenns die damaligen Umstände eigentlich nach Ihrer Lebensart nicht erlaubt hätten.
    Es geht ja hier nicht um Dauerparty, sondern um diese Kulturbereich allgemein.
    Auch für Sie mal zur Info: Viele Karnevalsvereine im Brandenburger Land sind ein Teil der regionalen Kultur- und Freizeitangebote. Speziell übrigens für Kinder und Jugendliche, z.B. durch Tanzgruppen und andere kreative Freizeitangebote das ganze Jahr.

  10. 1.

    Das sind ja schlimme Sorgen....
    Während Covd-19 haben Millionen Menschen ihr Leben verloren!
    In der Ukraine werden die Menschen durch den Krieg der Russen getötet!

    Und die machen sich Gedanken um Karneval?
    Man glaubt es kaum!

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