Gesetzentwurf zu Strukturwandel liegt vor - Strukturhilfen sollen noch vor den Wahlen beschlossen werden

Do 22.08.19 | 10:03 Uhr
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Ein Schaufelradbagger steht im Braunkohletagebau Welzow-Süd der Lausitz Energie Bergbau AG (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: Brandenburg aktuell | 22.08.2019 | Phillip Manske | Bild: dpa/Patrick Pleul

Bis 2038 soll Deutschland aus dem Kohlestrom aussteigen. Der Bund lässt sich den Kompromiss mit Industrie und Ländern viele Milliarden Kosten. Unmittelbar vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen will der Wirtschaftsminister Fakten schaffen.

Kurz vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier einen Gesetzentwurf zu Milliarden-Hilfen für den Strukturwandel in Kohleregionen vorgelegt. Damit bei anderen Vorhaben des Bundes nicht zugunsten der vom Kohleausstieg betroffenen Gebiete gespart werden muss, sehen die Pläne des CDU-Politikers zusätzliche "Verstärkungsmittel" für die Ministerien vor. Der Entwurf des "Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen" liegt der Nachrichtenagentur DPA vor. Er wird jetzt zwischen den Bundesministerien abgestimmt.

Bis 2038 soll Deutschland aus der klimaschädlichen Stromgewinnung aus Kohle aussteigen - so hat es die Kohlekommission Ende Januar beschlossen. Dagegen gab und gibt es unter anderem in den Regionen, in denen Tausende Jobs an der Kohle hängen, Widerstand. Wenn alles glatt läuft, könnte der Gesetzentwurf schon am 28. August vom Bundeskabinett beschlossen werden - vier Tage später wird in den betroffenen Ländern Brandenburg und Sachsen gewählt. Die Passagen zur Finanzierung sind nach DPA-Informationen bereits mit dem Finanzministerium abgestimmt.

Strukturhilfen werden erst gezahlt, wenn Kohleausstieg verhandelt wurde

In dem Gesetz geht es unter anderem um die Verteilung von bis zu 14 Milliarden Euro "für besonders bedeutsame Investitionen" in Braunkohleregionen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Außerdem wird die Verteilung von 1,09 Milliarden Euro an strukturschwache Standorte von Steinkohle-Kraftwerken in Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie dem ehemaligen Braunkohlerevier Helmstedt geregelt.

In Kraft treten soll das Gesetz zu den Strukturhilfen erst, wenn auch das Kohleausstiegsgesetz verkündet ist - das war unter anderem Umweltschützern besonders wichtig. Denn noch steht nicht fest, wann welches Kohlekraftwerk vom Netz geht. Die Bundesregierung verhandelt derzeit mit dem Energiekonzern RWE über Entschädigungen.

Wofür genau sie die Hilfen ausgeben, legen die Länder selbst fest. Neben diesen direkten Zahlungen an die Länder will der Bund außerdem selbst bis zu 26 Milliarden Euro für den Strukturwandel in den Kohleregionen ausgeben. Beispielsweise legt der Bund Förderprogramme auf und steckt Geld in Forschungseinrichtungen, Behörden, Straßen, öffentlichen Nahverkehr und Schienen sowie in digitale Infrastruktur. Ziel des Bundes ist, bis 2028 bis zu 5.000 Arbeitsplätze in Behörden und anderen eigenen Einrichtungen in den Regionen zu schaffen.

Großteil der Mittel geht an die Lausitz

Das Wirtschaftsministerium plant etwa ein Förderprogramm "Zukunft Revier", das aus ehemaligen Kohleregionen "bundesweiten Modellregionen einer treibhausgasneutralen, ressourceneffizienten und nachhaltigen Entwicklung" machen soll.

Im Gesetzentwurf ist genau aufgeführt, nach welchem Schlüssel die Finanzhilfen verteilt werden, etwa "43 Prozent für das Lausitzer Revier", davon wiederum 60 Prozent für Brandenburg, 40 Prozent für Sachsen. 37 Prozent der Finanzhilfen gehen demnach ans Rheinische Revier, 20 Prozent ans Mitteldeutsche Revier, davon 60 Prozent nach Sachsen-Anhalt, 40 Prozent nach Sachsen. Der Verteilungsschlüssel - insgesamt 25,8 Prozent für Brandenburg, 37 Prozent für NRW, 25,2 Prozent für Sachsen sowie zwölf Prozent für Sachsen-Anhalt - ist schon länger bekannt.

Woidke und Kretschmer zufrieden

Investitionen "zur Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur" trägt der Bund damit zu bis zu 90 Prozent, Länder oder Gemeinden müssen mindestens zehn Prozent übernehmen. Die Länder hatten bereits viele Projekte angemeldet.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) begrüßte den Entwurf. "Wir haben hart dafür gestritten. Es hat sich gelohnt, und der Bund hat Wort gehalten", erklärte Woidke am Mittwoch. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) äußerte sich ebenfalls zufrieden. "Darauf haben wir lange gewartet. Er ist ein weiterer wichtiger Meilenstein für das Gelingen des Strukturwandels", sagte er der DPA.

Sendung: Inforadio, 21.08.2019, 19.40 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Das Gesetz sollte bis Mai kommen.
    Das, was jetzt kommt, wird keinen Wähler umstimmen. Eher noch mehr Protest wählen lassen. Und dann will es wieder keiner gewesen sein ...

  2. 9.

    Man könnte wohl halb Deutschland zukunftsfähig machen mit diesem Batzen Geld. Um Jobs ging es nie. Denn die Solarbranche hat in Deutschland bereits 80.000 Jobs verloren, weil die Politik die Energiewende blockiert hat. Bei 20.000 Kohlejobs wird dagegen ein großes Trara gemacht. Völlig absurd. Wenn es nach Logik ginge, hätten wir längst die Energiewende über den Berg gebracht. Aber es geht nicht um Logik, wenn Lobbyisten der Kohlekonzerne bei den Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs quasi permanent mit am Tisch sitzen! Woidke lässt sich permanent was einreden von diesen Leuten. Ein unabhängiger und selbständiger Politiker sieht anders aus.

  3. 8.

    Wahlgeschenke. Kann man es noch offensichtlicher machen? Ich fühle mich beleidigt, wenn man mich für so käuflich hält. SPD und Union zeigen beim Kohleaustieg nur eines: Totalversagen!

  4. 7.

    Die Chinesen haben doch schon einen Teil der Betriebe mit Zukunfttechniken in Deutschland geschluckt. Überlassen wir ihnen doch den Kohleabbau für ihre sauberen Kohlekraftwerke. Es sind doch nur die deutschen Werke, die die Luft verpesten. Und das Geld nehmen sie sicher auch gerne mit.

  5. 6.

    Renaturierung wäre die bessere Lösung. Dann hat der Wolf auch mehr Platz.

  6. 5.

    Von 40 Milliarden kann man eine ganze Menge Windräder und Photovoltaik bauen. Dann entstehen auch automatisch Jobs in einer Zukunftsindustrie.

  7. 4.

    Was haben wir in OST-Deutschland eigentlich in den letzten Jahrzehnten mit den Billionen!!! an Transferzahlungen Sinnvolles geschaffen? Meine kritsichen Gedanken: was soll jetzt plötzlich anders werden als in den letzten 30 Jahren, wenn sich wieder Hinz und Kunz am Fördertopf laben, ohne dass etwas Sinnvolles passiert und man dann nicht mehr auf die Wertschöpfung aus der Braunkohleverstromung angewiesen ist. Ich bezweifle, dass man in Brandenburg fähig ist, dieses Geschenk sinnvoll, vor allem für die direkt Betroffenenen des Kohleausstiegs einzusetzen. Tote Gewerbegebiete haben wir genug, Entwicklungsgesellschaften und Lausitzmanager auch. Brauchen wir nun noch ein paar Posten und Pöstchen und "Verwaltungen", die das Geld verteilen werden?

  8. 3.

    Viel schlimmer ist das den Kohlekonzernen für ihre abgeschriebenen Buden Milliarden an Steuergeldern hinterher geworfen werden sollen.
    Das es auch anders geht zeigen die Niederlande.
    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uniper-beisst-sich-an-den-niederlanden-die-zaehne-aus-16315562.html

  9. 2.

    Rotes Brb. investiert in Bildung: "Der Buchholz-Paradox: Doch auch als mal investiert wurde, wurde nicht langfristig geplant. Anfang der 2000er wurde eine neue Turnhalle für die Schule gebaut. Das Problem: Die Schule wurde 2003 geschlossen. Der Grund: Es gab genau einen Schüler zu wenig. Die Kinder aus Buchholz fahren nun früh morgens ins sechs Kilometer entfernte Halbe. In Halbe gibt es eine Schule - aber keine Turnhalle." (https://www.rbb24.de/politik/wahl/Landtagswahl/stichprobe-brandenburg/beitraege/landtagswahl-brandenburg-2019-reportage-maerkisch-buchholz.html)

  10. 1.

    "Wofür genau sie die Hilfen ausgeben, legen die Länder selbst fest." (Vinothek im Bahnhof?) Dann muss RotGrün am Wahltag verhindert werden. Die können es nicht, wie die "vergeigten" Großprojekte gezeigt haben. Am Ende zahlen alle, für die Brandenburger "Lachnummer". Wetten das das wieder Satiresendungen füllen wird? #rbb24: könnt ihr mal die Liste investigativ besorgen? Geheimhaltung macht verdächtig.

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