Anschlag in Halle an der Saale - Polizei weitet Schutz jüdischer Einrichtungen deutlich aus

Do 10.10.19 | 15:46 Uhr
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Ein Bereitschaftswagen der Polizei steht vor der Synagoge in Cottbus.
Video: Brandenburg aktuell | 10.10.2019 | Anja Meyer | Gespräch Gideon Botsch | Bild: rbb/Thomas Krüger

Nach dem Anschlag von Halle verstärkt die Polizei ihre Sicherheitsmaßnahmen: Vor jüdischen Einrichtungen in Berlin und Brandenburg gibt es deutlich mehr Präsenz. Brandenburgs Landesrabbiner spricht von einer "großen, großen Schande für Deutschland". 

Nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle werden jüdische Einrichtungen in Berlin und Brandenburg weiter mit erhöhtem Aufwand geschützt. "Diese Schutzmaßnahmen werden bis auf weiteres aufrecht erhalten - insbesondere auch mit Blick auf die noch anstehenden jüdischen Feiertage", sagte ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung am Donnerstag. Die spürbare und sichtbare Präsenz von Sicherheitskräften gelte auch für Einrichtungen "jenseits von Synagogen".

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte am Mittwoch erklärt: "Es geht nicht, dass Juden an ihren Feiertagen in Angst zu ihren Synagogen gehen müssen." Die jüdische Gemeinde in Halle habe einen schrecklichen Angriff erlebt. Die jüdische Gemeinde zu Berlin brauche ein Zeichen der Solidarität.

"Das ist eine große, große Schande für Deutschland"

Brandenburgs Landesrabbiner Nachum Presman hält auch für Brandenburg einen größeren Schutz jüdischer Einrichtungen für notwendig. "Es muss mehr geschehen", sagte Presman am Donnerstag.

Potsdam sei zwar eine tolerante Stadt. Presman betonte allerdings: "Man kann nicht sagen, bei uns wird es nicht passieren." Er sei traurig über die tödlichen Schüsse. "Das ist eine große, große Schande für Deutschland, dass solche Sachen noch passieren." Mit mehr Schutz allein sei es allerdings nicht geetan. Parallel sei auch mehr Vermittlung von Wissen in Schulen über den Holocaust nötig, sagte Presman.

Ein Funkstreifenwagen der Polizei steht an der Synagoge in Cottbus.
Synagoge in der Cottbuser Innenstadt | Bild: rbb/Marlis Hartmann

Mehr Polizeipräsenz vor Cottbuser Synagoge

Die Brandenburger Polizei stimmt sich für die Verstärkung der Präsenz eng mit den jüdischen Gemeinden ab. Man sei mit ihnen in Kontakt, um die Sicherheitsbedürfnisse zu klären, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Brandenburg. Es gehe um Gebetshäuser, Büros, Friedhöfe, Gedenksteine und Gedenktafeln. "Diese Orte unterziehen wir nochmal einer Bewertung." Der Sprecher betonte: "Das haben wir sehr intensiv auf dem Schirm." Als Beispiel für eine verstärkte Präsenz nannte er eine Fußstreife während einer Veranstaltung, bei der der Rhythmus des Einsatzes intensiviert oder die durch eine feste Streife ersetzt werde.

Seit dem Anschlag wird die Synagoge in Cottbus von der Polizei rund um die Uhr auch mit Fahrzeugen bewacht. Wie lange die Überwachung dauern wird, konnte die Polizei Cottbus rbb|24 nicht sagen. Die Synagoge in der Cottbuser Innenstadt werde ohnehin regelmäßig von der Polizei bewacht. Seit Mittwochnachmittag aber auch deutlich sichtbar.

Jüdische Gemeinden gibt es in Brandenburg/Havel, Cottbus, Frankfurt (Oder), Königs Wusterhausen, Potsdam, im Kreis Barnim und im Kreis Oberhavel. "Wir sind aufgefordert, gegen Antisemitismus klare Kante zu zeigen - immer und überall, und alles zu tun, dass in Brandenburg jüdisches Leben ungestört und ohne Angst stattfinden kann", sagte Woidke. "Dass jüdische Einrichtungen in Brandenburg besonders geschützt werden, das ist gestern unverzüglich passiert." 

Zwei Menschen in Halle auf offener Straße erschossen

In Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) waren am Mittwoch zwei Menschen auf offener Straße erschossen worden. Die Polizei geht in Moment von einem rechtsradikalen Täter aus, der 27-Jährige aus Sachsen-Anhalt befindet sich in Haft.

Bei den Toten soll es sich um eine Frau und einen Mann handeln. Sie waren am Mittwoch in der Nähe einer Synagoge erschossen worden.

Der mutmaßliche Täter hatte zuvor offenbar versucht, in eine mit bis zu 80 Menschen besetzte Synagoge einzudringen. Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen "Mordes von besonderer Bedeutung". An der Neuen Synagoge in Berlin Mitte hatte es am Mittwochabend eine Mahnwache für die Opfer des Anschlags von Halle gegeben. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte daran teilgenommen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.10.2019, 5:30 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Sein Problem? Sie meinen ihr Problem!

    Sie wissen also jetzt schon was die StA fordern wird? Genau so wie der Mob immer weiß welche Strafe gerecht wäre? Diese ganze gespielte Empörung soll doch nur von den wahren Ursachen ablenken, nämlich wo die geistigen Brandstifter dieser Taten sitzen.

    Wenn Rechtextreme Galgen bei "Demonstrationen" tragen dürfen, wenn verurteilte Verbrecher Politiker als "Volksfeinde" titulieren, wenn die rechtsextreme AfD weiter ihren Hass versprühen darf, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden.

  2. 10.

    Danke für Ihren Kommentar. Das ging mir auch durch den Kopf, als ich den Artikel und die anderen Kommentare las. Die Menschen in der Synagoge haben drinnen sicher auch einen psychischen Ausnahmezustand erlebt, nicht wissend, ob der Täter reinkommt. Getötet wurden aber 2 Menschen außerhalb, eine 40jährige Frau die nur vorbei lief und ein 20jähriger im Dönerladen. 2 weitere Personen wurden angeschossen. Denen und den Hinterbliebenen der Getöteten gilt mein Mitgefühl. Soweit ich das verfolgen konnte, wurde NIEMAND in der jüdischen Gemeinde körperlich verletzt. In Berlin wird die Synagoge rund um die Uhr bewacht. Das sollte wohl überall so sein und dafür braucht die Polizei eben Personal.

  3. 9.

    stimmt, die übliche politische Betroffenheitsrhetorik , Entsetzen, Fassungslosigkeit , unsere Gedanken sind bei... usw.

  4. 8.

    Unabhängig davon, dass ich den Anschlagsversuch in Halle aufs Schärfste verurteilte und mich für jede Art von Terror schäme, frage ich mich ernsthaft wem hier die gesamte Aufmerksamkeit zukommt bzw. zukommen sollte. Da wurden auf offener Straße 2 Menschen erschossen...von einer Minute auf die nächste sinnlos aus dem Leben gerissen und man ist hier lediglich mit politischen Debatten und sich selbst zu Beweihräuchern beschäftigt? Eine beschämende Art und Weise die Ihresgleichen sucht.....erschreckend.

  5. 7.

    Was ist Ihr Problem? Lebenslänglich mit Sicherungsverwahrung ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit das, was auch die Staatsanwaltschaft fordern wird. Wenn der Vorkommentator "Rübe ab" geschrieben hätte, könnte man die Reaktion ja nachvollziehen, aber so...

  6. 6.

    Das ist der Unterschied zwischen ihnen und ihresgleichen und Anhängern und Verfechtern von Demokratie und Rechtstaatlichkeit!

    Auch dieser Rechtsextremist hat Anspruch auf ein faires und rechtstaatliches Gerichtsverfahren und nicht auf das was der Mob auf der Straße (sinnbildlich gemeint) fordert!

  7. 5.

    Ist das nicht berührend, da kommen einem die Tränen, die Kehle ist wie zugeschnürt, wenn man sieht, wie nach dem Terroranschlag Frau Merkel vor der Berliner Synagoge in den hebräischen Gesang einstimmt oder der Bundespräsident und der Bundesinnenminister nach Halle/Saale eilen, um den Tatort aufzusuchen, Blumen niederzulegen und mit getragener Stimme Worte der Trauer und des Beileids von sich zu geben. Alles, alles zu spät! Was haben denn diese Herrschaften gemacht, um die Polizei in die Lage zu versetzen, daß sie den neuen, schrecklichen Anforderungen gerecht wird? Wie soll eine Polizei mit ihrer chronischen Unterbesetzung und Underausstattung den Schutz von Synagogen rund um die Uhr gewährleisten? Jetzt wird nach dem Motto, "den letzten beißen die Hunde", leider (wieder 'mal) auf die Polizei eingeprügelt. Kein Wunder wenn die Polizei frustriert und desillusioniert ist.

  8. 4.

    Und das ist gut so, scheinbar laufen immer mehr
    Gestörte in Deutschland herum.
    Furchtbar.
    Ich hoffe der Täter bekommt Lebenslänglich mit Sichetheitsverwarung.

  9. 2.

    Sehr gute Entscheidung!
    Auch in anderen Städten wie Berlin, Köln, Duisburg etc sollte man die jüdischen Gemeinden stärker schützen. Extremisten egal welcher Coleur haben in Deutschland nichts zu suchen.

  10. 1.

    Richtig so, es gibt immer wieder Nachahmer, und Cottbus ist nicht als Hort der Diversität und Offenheit bekannt... Insofern...

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