Oberbürgermeister-Stichwahl - Das sind die Ziele der Bürgermeister-Kandidaten von SPD und AfD für Cottbus

Di 04.10.22 | 16:24 Uhr
Collage: der leere Chefsessel im Cottbuser Rathaus, der SPD-Kandidat Tobias Schick (oben, SPD) und AfD-Kandidat Lars Schieske (unten) (Fotos: Stadt Cottbus/dpa/Hammerschmidt)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 28.09.2022 | Bild: Stadt Cottbus und dpa

Wer hat in Cottbus in den nächsten acht Jahren das Sagen? Am Sonntag soll eine Stichwahl entscheiden, ob auf dem Chefsessel künftig ein SPD-Mann sitzt oder erstmalig in einer deutschen Großstadt ein Kandidat der AfD. Was sind ihre Ziele?

Am Donnerstag ab 18 Uhr im rbb|24-Livestream: Duell ums Rathaus - Cottbus vor der Stichwahl

Cottbus muss ein zweites Mal ran: Die Einwohnerinnen und Einwohner wählen am Sonntag in einer Stichwahl ein neues Stadtoberhaupt, nachdem in der ersten Wahlrunde Anfang September kein Kandidat die nötige Mehrheit von über 50 Prozent geholt hatte. Die meisten Stimmen bekam mit 31,8 Prozent Tobias Schick (SPD) gefolgt von Lars Schieske (AfD) mit 26,4 Prozent. Sie treten nun gegeneinander an.

In ihren Wahlprogrammen formulieren Schick und Schieske teils ähnliche Ziele, zum Beispiel, wenn es um den Neubau von Schulen geht. Zum Teil haben sie aber auch unterschiedliche Schwerpunkte. Eine zusammengefasste Auswahl der Ziele, die die Kandidaten auf ihren Webseiten aufführen:

Tobias Schick (SPD)

  • Steckbrief

Was Tobias Schick will

SPD-Kandidat Tobias Schick hat seine Vorhaben unter den Überschriften "Zusammenarbeiten", "Zusammenleben" und "Cottbus gestalten" zusammengefasst.

Im Hinblick auf die Strukturentwicklung und Arbeitsplätze müsse die Stadt laut Schick für Investoren und Unternehmensansiedlungen ihr Bestes geben. So sollten neue Gewerbeflächen für Neuansiedlungen erschlossen werden, um mehr und attraktive Jobs zu schaffen.

Um Arbeitskräfte anzuziehen, müsse das Image der Stadt verbessert werden. Es gelte klarzumachen, dass Cottbus eine "gastfreundliche und lebenswerte Stadt ist".

Beim Thema Wissenschaft und Forschung sieht Schick große Chancen für die Stadt. Die Stadt und die Wissenschaftsinstitutionen müssten gut verknüpft werden, fordert der SPD-Kandidat. Dafür solle ein Kooperationsvertrag zwischen der Stadt, der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) und verschiedenen Forschungseinrichtungen geschlossen werden.

Die Stadtverwaltung soll laut Schick moderner, digitaler und "mittelstandsfreundlich" werden. Dazu seien auch Kooperationen mit der BTU oder anderen Forschungseinrichtungen wichtig. An den Hochschulen in Brandenburg müsse um junge, gut ausgebildete Absolventen geworben werden.

Schick ist für eine investitionsorientierte Haushaltspolitik. Der "Investitionsstau" in der Infrastruktur solle bekämpft werden und bei der Frage, was zuerst angepackt wird, sollen Bürger mehr einbezogen werden.

Schick will, dass neue Schulen gebaut und bestehende saniert werden. Außerdem soll die Wohnortnähe bei der Grundschulwahl stärker berücksichtigt, die Schulsozialarbeit ausgebaut und die Voraussetzungen für digitale Bildung verbessert werden. Darüber hinaus sollen genügend Kitaplätze gebaut und das Personal in Kitas, Schulen und Horten entlastet werden.

Angebote für Kinder und Jugendliche und Kooperationen in der frühkindlichen Betreuung sollen ausgebaut werden. Außerdem sollen Freiräume und Treffpunkte für Jugendliche geschaffen werden.

Mit Blick auf Kultur, Sport und Freizeit will Schick, dass die freie Kulturszene und Subkultur Freiräume bekommt. Themen wir der Kohletagebau sollten in Museen zeitgemäß abgebildet werden. Bestehende Museen, Theater und Schloss Branitz sollten gesichert und der Tierpark ausgebaut werden.

Sportstätten sollen nach dem Wunsch des Kandidaten saniert werden. Ein weiteres Ziel sei, Multifunktionssportstätten zu bauen, heißt es.

Beim Thema Gesundheit will Schick, dass die Gesundheitswirtschaft in der Region weiterentwickelt wird. Die Pflege- und Medizinschule soll schnell ausgebaut und betrieben sowie der Aufbau einer Hochschulmedizin in Cottbus vorangetrieben werden. Außerdem müsse "die räumliche und personelle Ausstattung des Pflegestützpunktes" dem Bedarf angepasst und durch Online-Angebote ergänzt werden.

Schick will, dass in den Tourismus als Wirtschaftsfaktor investiert wird. Zum Thema Verkehr fordert Schick, dass Bus, Bahn sowie Fuß- und Radwege ausgebaut werden sollen.

Außerdem soll der Klimaschutz "konsequent umgesetzt" werden. Städtische Gebäude sollen grüne Dächer und Fassaden bekommen und regenerative Energien auch für öffentliche Gebäude genutzt werden.

Mit Blick auf ein "soziales Miteinander" ist Schick dafür, dass ein "Nachhaltigkeitsbeirat" mit Experten und engagierter Zivilgesellschaft gegründet wird. Dieser Rat solle - bevor Stadtverwaltung und Stadtverordnetenversammlung etwas entscheiden - Empfehlungen "zur Umsetzung der Nachhaltigkeit geben". Außerdem sollen die Treffpunkte oder Mehrgenerationenhäuser ausreichend finanziert werden.

Beim Thema Wohnen will Schick, dass Mieten bezahlbar bleiben und mehr Bauland für Familien entsteht. Außerdem soll es Freiräume für gemeinschaftliches Wohnen geben.

Geht es ums Thema Sicherheit, will Schick eine Citywache aufbauen, damit Polizei und Ordnungsamt präsenter sind. Es soll außerdem bei Feuerwehren, Rettungsdiensten und dem Ordnungsamt das nötige Personal zur Verfügung gestellt werden, "um für Sicherheit in der Stadt zu sorgen". Darüber hinaus soll eine "Kultur der Wertschätzung" für die Engagierten in Brandschutz, Rettungswesen und Katastrophenschutz gefördert werden.

Lars Schieske (AfD)

  • Steckbrief

Was Lars Schieske will

AfD-Kandidat Lars Schieske hat in einem Acht-Punkte-Plan veröffentlicht, was er in Cottbus erreichen will.

So sieht Schieske große Probleme mit Kriminalität in Cottbus. Daher solle für mehr Sicherheit in der Stadt gesorgt und dafür eine "Stadtpolizei" eingerichtet werden, die dem Rathaus untersteht und mit der Landespolizei zusammenarbeitet. Laut Schieske brauche es außerdem eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Ordnungsamt und der Polizei, "um gerade in Brennpunkten die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten".

Um keinen "Strukturbruch" zu erleben, müssen laut Schieske der angepeilte Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 gestrichen und das Ausstiegsdatum 2038 “gerade mit Blick auf die Energie- und Versorgungskrise ergebnisoffen diskutiert werden”. Der Strukturwandel könne nur gelingen, wenn alternative Industriearbeitsplätze vor dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung geschaffen und wichtige Infrastrukturprojekte umgesetzt werden würden, heißt es. Die kommunale Infrastruktur müsse schnell instandgesetzt werden. Außerdem müsse sich der Oberbürgermeister "auf allen Ebenen für eine bessere Anbindung ans Autobahn- sowie Schienennetz einsetzen".

Nach Ansicht von Schieske müssen Handwerk, der Mittelstand und Unternehmensansiedlungen gestärkt werden. Dafür sollten kommunale Steuern gesenkt und geeignete Gewerbegrundstücke dem Mittelstand zur Verfügung gestellt werden, heißt es. Außerdem sollen Anreize für neue Unternehmensansiedlungen geschaffen werden, so der OB-Kandidat. Ein weiteres Ziel sei es, lokale Unternehmen und weiterführende Schulen besser zu vernetzen, um "aus eigener Kraft die Versorgung mit Fachkräften und die Unternehmensnachfolge im Mittelstand sichern" zu können.

Ein weiter Punkt im Programm ist, neue Schulen zu schaffen und bestehende, wenn nötig, zu sanieren. Gerade in den eingemeindeten Dörfern fehle es oft an wohnortnahen Schulen, heißt es im Wahlprogramm. Die Wiedereröffnung von geschlossenen Schulen und die Errichtung neuer weiterführender Schulen müssten geprüft werden, so Schieske.

Auch das Essen in Schulen und städtischen Kitas soll verbessert und "aus regionaler Herkunft zu moderaten Preisen” angeboten werden.

Um Fachkräfte nach Cottbus zu locken, will Schieske ein “lebenswertes Umfeld” schaffen. Die Stadt sei vor allem dann für sie attraktiv, wenn Cottbus sicher sei, eine attraktive Innenstadt und eine stabile Grundvorsorge habe. “Wir setzen uns für ausreichende Kita-Plätze, moderne Schulen und die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung ein.”

Schieske wolle sich außerdem dafür stark machen, dass das Projekt der Universitätsmedizin in Cottbus ohne Abstriche umgesetzt werde, "mit Zahnmedizin und Pharmaziestudium". Das Carl-Thiem-Klinikum müsse zudem in kommunaler Hand bleiben, so Schieske.

Schießke kündigt zudem an, die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht nicht umsetzen zu wollen. Es würden alle verfügbaren Fachkräfte für eine gute Gesundheitsversorgung und den Aus- und Umbau des Carl-Thiem-Klinikums gebraucht. Die Stadt müsse außerdem gezielt Fachärzte anwerben.

Zum Thema Corona will sich Schieske auch dafür einsetzen, "dass die Maskenpflicht an allen Cottbuser Schulen dauerhaft ausgesetzt bleibt".

Schieske will das Ehrenamt und dörfliche Strukturen stärken. Vor allem in dörflichen Strukturen sei das Ehrenamt das Rückgrat des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Deshalb sei ein Ziel, die Budgets der Ortsbeiräte zu erhöhen.

Die Vorhaben der beiden Kandidaten sind in voller Länge auf den jeweiligen Internetseiten [tobiasschick.de und oberbuergermeisterwahl-cottbus.de] beschrieben.

CDU muss Chefposten in Cottbus abgeben

Egal ob Tobias Schick oder Lars Schieske - fest steht schon jetzt, dass nach der Stichwahl am Sonntag ein anderes Parteikürzel hinter dem Oberbürgermeisternamen steht als bisher. Seit 2014 saß Holger Kelch von der CDU auf dem Cottbuser Chefsessel, er hatte im Herbst 2021 angekündigt, bei der Wahl vor allem aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr anzutreten. CDU-Kandidat Thomas Bergner landete nun bei der ersten Wahlrunde Anfang September mit 24,7 Prozent auf dem dritten Platz. Der Brandenburger CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann zeigte sich enttäuscht, dass die zweitgrößte Stadt Brandenburgs nicht in CDU-Hand bleibt. "Das tut natürlich weh, dass wir da jetzt nicht in der Stichwahl sind", so Hoffmann nach der Wahl.

Am 9. Oktober können nun knapp 79.000 Wahlberechtigte entscheiden, ob in Cottbus künftig ein SPD- oder AfD-Mann das Sagen hat. Angesichts der Wahlbeteiligung in Runde eins von unter 54 Prozent hat in der letzten Tagung des Cottbuser Stadtparlaments vor der OB-Wahl Noch-Oberbürgermeister Holger Kelch dazu aufgerufen, wählen zu gehen: "Nehmen Sie ihr demokratisch verbrieftes Recht wahr - gehen Sie am 9. Oktober zur Stichwahl."

Mit Informationen von Phillipp Manske.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.09.2022, 19:30 Uhr

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