BTU Cottbus forscht an Carbon-Rotorblättern - Mini-Windräder sollen Stromgewinnung revolutionieren

Mi 08.07.20 | 11:35 Uhr
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Mini-Windrad aus der Lausitz
Video: Brandenburg aktuell, rbb|24 | 07.07.2020 | Bild: rbb/Brandenburg Aktuell

Zu groß, zu laut, zu hässlich: Seit Jahren klagen Brandenburger Initiativen über Windräder in der Landschaft. In der Lausitz wird nun hochmoderne Mini-Windräder getestet: Sie sollen nicht nur leiser sein, sondern auch bei wenig Wind Strom produzieren können.

Vor allem kleinere Windräder haben bei wenig Wind ein großes Problem: Ihr Wirkungsgrad liegt oft nur noch bei mageren 15 Prozent. Der Unternehmer Christian Beloch aus Luckau (Dahme-Spreewald) will das ändern und tüftelt aus diesem Grund an neuen Materialen für Windräder. "Wir wollen bei niedrige Windgeschwindigkeiten Bewegung reinbringen und Strom produzieren", erklärt er dem rbb.

Wissenschaftler an der Technischen Universität in Cottbus sind davon überzeugt, dass kleine Windräder mit leichten Materialen wie Carbonfasern auch bei schwachem Wind laufen können. Gemeinsam mit Beloch entwickeln sie superleichte Flügel für kleine Windkraft-Anlagen. "Wir nutzen dafür die sogenannte Biegedrill-Torsionskopplung", erklärt Holger Seidlitz, Professor für Leichtbau an der BTU Cottbus. Dafür wird das Rotorblatt leicht gebogen und verdreht, "und daraus ergibt sich, dass das Rotorblatt bei geringen Windgeschwindigkeiten anläuft".

Grüner Strom aus ungeliebter Quelle

Die modernen Windräder sollen später einmal mit Robotertechnik gefertigt werden. Noch aber ist viel Entwicklungsarbeit nötig - nicht nur technische.

Denn dass kleine Windräder nicht überall beliebt sind, zeigt das Beispiel Herzberg: Ein privater Investor will eine kleine Windkraftanlage in der Altstadt errichten. Einwohner empfinden die Anlage jedoch als Fremdkörper im Stadtbild. "Ästhetisch sollte es schon ein wenig schicker aussehen", sagt Bürgermeister Karsten Eule-Prütz (parteilos) diplomatisch. Ihn stört zudem der bislang niedrige Wirkungsgrad. "Es sollte schon etwas dabei rumkommen - sonst macht das keinen Sinn in der Stadt."

Die internationale Forschergruppe in Cottbus will auch erreichen, dass die Flügel kleiner und leiser werden. Nur so könnten kleine Winkraftanlagen mehr Akzeptanz bekommen. "Die Vorbehalte kann man ausräumen, wenn man auf das richtige Design setzt", meint Holger Siedlitz.

Windkraftunternehmer Beloch ist sich sicher, dass die Mini-Anlagen eine große Zukunft haben. "Das geht los beim Eigenheim, über Klein-Industrie bisn zur Landwirtschaft." Sogar Bereiche, in denen bislang gar keine Stromversorgung möglich war, seien denkbar.

In zwei Jahren will Christian Beloch mit der Produktion starten. Dann könnten sich Interessierte eine Windkraftanlage "Made in Brandenburg" aufstellen, sagt er. und eine Anlage, die ebenso wirtschaftlich sein soll wie ihre großen Brüder.

Förderung läuft aus

In Deutschland schickten im letzten Jahr an die 31.000 Windräder Strom ins Netz, fast 4.000 davon stehen in Brandenburg. Die Stromproduktion durch Windenergie ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Insgesamt erzeugten Windräder im vergangenen Jahr fast ein Viertel des gesamten Stroms.

Nun kommen einige Räder in die Jahre: Fast 10.000 Windkraft-Standorte gibt es schon über zwei Jahrzehnte. Ab 2021 fallen solche alten Anlagen aus der Förderung des "Erneuerbare Energien Gesetz" heraus. Wie viele das genau sind, ist unklar. Schätzungen gehen von insgesamt mehr als 5.000 Rädern aus.

19 Kommentare

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  1. 17.

    In Berlin stehen mehrere kleine Windkraftanlagen. Wie oft muss dort der Abdecker die toten Vögel abholen? Wie oft werden die Rotoren von der Schicht getötete Insekten gereinigt?

  2. 15.

    Ob die Unis und wir Geld haben oder nicht, das ist keine Frage. Wir müssen uns Fragen was die Zukunft kostet, wenn wir die Energien die gratis von der Sonne kommen nicht nutzen.

  3. 14.

    Wenden Sie sich an den Bürgermeister. Der Bürgermeister von Herzberg, Karsten Eule-Prütz meinte doch, "Es sollte schon etwas dabei rumkommen - sonst macht das keinen Sinn in der Stadt".
    Offensichtlich gibts von einem Pilotprojekt schon Erfahrungswerte. Ansonsten lesen Sie meinen Beitrag #4, ich habe versucht, physikalisch zu begründen, warum kleine Windkraftanlagen ihre eingebauten Probleme haben.
    Das schließt ja einen Nischen-Einsatz nicht aus.

  4. 13.

    Das Problem bei der Windenergie ist, dass sie nicht kontinuierlich zur Verfügung steht und dass die bisherigen Windkraftanlagen nicht "schwarzstartfähig" sind, was bedeutet, ein konventionelles Windrad benötigt immer ein aktives Netz relativ großer Leistung, in das eingespeist werden kann. Das schwankende Aufkommen an Windenergie erfordert die Möglichkeit, Energie im großem Umfang zu speichern, damit sie dann kontinuierlich abgerufen werden kann. Dieses Problem ist gegenwärtig noch nicht zufriedenstellend gelöst und führt bei weiterem Ausbau der Windenergienutzung dazu, dass immer häufiger Windparks heruntergefahren werden müssen, wenn ein hohes Aufkommen an Wind vorliegt. Das schlägt sich direkt in den Stromkosten für die Endverbraucher nieder, da bei einer Nichtabnahme des Windstroms der Betreiber dafür eine Entschädigung aus der EEG-Umlage bekommt. Ein Herunterfahren konventioneller Kraftwerke ist auf Grund der dafür benötigten Zeit nicht möglich.

  5. 12.

    Ihnen ist da ein blöder Fehler unterlaufen. Oder Absicht damit sich ihre Windräder rechnen?
    Zitat "Heutige Dampfkraftwerke erreichen Wirkungsgrade von 40 Prozent (Braunkohle) bis zu 45 Prozent (Steinkohle)."
    Website udo-leuschner
    Windenergie muss fast immer wie in der Planwirtschaft subventioniert werden, da sie unwirtschaftlich ist. Sie lassen zudem da verschiedene Aspekte außen vor. Es gibt gar nicht genug Platz um Deutschland per Wind zu versorgen. Windenergie kann zudem nicht wirtschaftlich gespeichert werden.

  6. 11.

    Es gibt eine extrem weit entwickeltete Kleinwindkraftanlage, flüstert leise, benötigt keine Ausrichtung im Wind, ist extrem Robust, Günstig herzustellen. Aber der Markt möchte so etwas nicht, der Erfinder ist leider gerade in die Insolvenz gegangen.
    Die Patente müsste es nun hierfür sehr günstig geben ;).

  7. 10.

    Der Wirkungsgrad in% ist der Anteil der produzierten Energie an dem Energiegehalt des Rohstoffs. Also: Benzinmotor ca. 22 bis 33%,
    Dieselmotor ca. 30 bis 42%,
    Dampfturbine ca. 16 bis 25%,
    Windkraftanlage ca. 44 bis 49%.
    Berücksichtigt man, dass nach dem Betz'schen Gesetz nur 59% der Energie aus dem Wind extrahiert werden können, dann steigt der Wirkungsgrad einer Windenergieanlage auf über 80% des Möglichen.
    Letztendlich kommt es auch auf die Kosten an, bei jedem Kraftwerk kostet der Energierohstoff Geld, beim Wind sind diese Kosten exakt Null.
    Noch Wünsche zur Effizienz?
    Soviel zum Thema Wirkungsgrad einer WEA.

  8. 9.

    Haben die Unis zu viel Geld?

  9. 8.

    Ich denke auch, dass da die Grenzen menschlicher Phantasie bei weitem noch nicht ausgereizt sind. Das Zustellen des spezifischen Landschaftsgepräges wie mit einer großindustriellen Folie kann m. E. jedenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss sein. So sahen es Anfang der 1980er auch ökologische Bürgerinitiativen, als es seinerzeit um GROWIAN ging, der seinerzeit geplanten GROßWIndANlage an der Elbmündung und Nordseeküste.

    Der Ausbau der Windenergie-Anlagen ist sehr wohl landschaftsverträglich - die kleinen Anlagen zeigen dies ebenso wie auch die Entwürfe von Gestaltern, die vor etlichen Jahren in der Zeitung "Das Parlament" zu sehen waren. - Wie viel ist uns allen ein Landschaftsgepräge wert?

  10. 7.

    „Offensichtlich miserabler Wikungsgrad.“ – Ja, genau deshalb wird doch an neuen Anlagen geforscht! Schön, dass Sie die komplett ahnungslosen Konstrukteure darüber aufklären, dass die alle keine Ahnung haben. ;-)

  11. 6.

    Also, was die "guten Gründe" sind, warum in breiter Öffentlichkeit unter dem "Makel-Label Atomstrom" die Forschung an kalter Fusion abgelehnt wird, könnten Sie gerne mal darlegen. Ich verstehe es nämlich nicht...

  12. 5.

    Danke für die Info. Ich fand Ihren Beitrag sehr interessant. -->Uwe (3): Ja, es gibt Alternativen.

  13. 4.

    "Es sollte schon etwas dabei rumkommen - sonst macht das keinen Sinn in der Stadt." sagt der Bürgermeister. Offensichtlich miserabler Wikungsgrad. Nicht umsonst sind neue Windräder höher als der Kölner Dom.
    Klar, die Mini-Windräder spielen in der Mini-Leistungsklasse. Aber auch mit "Biegedrill-Torsionskopplung" ist trotzdem die abgegebene Leistung proportional zu Drehmoment und Drehzahl. Leider gibts dazu keine Hinweise zum geplanten Mini-Windrad. Um überhaupt eine nennenswerte Leistungsabgabe zu erzielen, müssen die Windräder mit hoher Drehzahl arbeiten, um das doppelte Manko von geringen Hebelarms und geringen Kraft auf den Flügel für das Drehmoment auszugleichen. Warum sie dann besonders "leiser" sind, wäre zu hinterfragen.

  14. 3.

    haben Sie einen anderen Vorschlag wie man Strom produzieren kann? Strom benötigen wir nunmal und irgendwo muss er herkommen. Aus guten Grund möchten wir kein Kohle-, Atomstrom etc aber außer Wind und Sonne gibt es derzeit keine halbwegs klimafreundlichen Möglichkeiten Strom zu gewinnen.

  15. 2.

    Daran habe ich bei der Überschrift auch sofort gedacht. Toll für den Menschen, tödlich für Vögel, Fledermäuse und Insekten.

  16. 1.

    Besser wäre ein Schutzkäfig um die Rotoren um Vögel nicht zu gefährden. Die kleineren Rotoren haben eine höhere Drehzahl und schreddern richtig. Abgesehen von den tötlichen Folgen für Greif- Zugvögel durch die großen Anlagen.
    Strom auf Kosten von wichtigen Tieren - eine einzigartige Glanzleistung seit Jahrzehnten.

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