Kohleausstieg - Finanzhilfen für Strukturwandel laufen an

Die milliardenschweren Hilfen des Bundes für die Kohleregionen laufen langsam an. Wirtschaftsminister Altmaier sieht den Strukturwandel auf einem guten Weg. Doch Experten zweifeln am sinnvollen Einsatz der Mittel.
Sieben Projekte zur Unterstützung der Kohleregionen mit rund 80,5 Millionen Euro sind gestartet. Der geschäftsführende Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht damit den Strukurwandel auf gutem Weg. "Viele Pflöcke sind gesetzt", erklärte Altmaier am Mittwoch. Insgesamt sollen 40 Milliarden Euro fließen, um den beschlossenen Ausstieg aus der Kohle in den Revieren abzufedern.
Experten zweifeln allerdings, ob das Geld immer sinnvoll eingesetzt werde. So würden Fördergelder genutzt, um Kindertagesstätten zu bauen und Heimatmuseen zu erneuern, das diene nicht unbedingt dem Strukturwandel, so Ökonom Joachim Ragnitz, Vizechef der Dresdner Niederlassung des Ifo-Instituts. Auch der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliades ist skeptisch. Der Strukturwandel werde nur dann erfolgreich, "wenn wir gute Industriearbeit durch gute Industriearbeit ersetzen". Davon sei bislang wenig zu sehen.
Diskussion um Kohleausstieg
Bis 2028 will allein der Bund 5.000 Jobs in den Kohleregionen schaffen, indem Behörden ganz oder teilweise verlagert werden. Altmaiers Bericht zufolge sind davon bereits 2.140 Stellen besetzt. Bei den Hilfstöpfen wird unterschieden zwischen Finanzhilfen - das sind 14 Milliarden Euro - und Strukturhilfen in Höhe von 26 Milliarden Euro.
So einig sich Vassiliades und Ragnitz beim Einsatz der Strukturgelder sind, so sehr gehen ihre Ansichten zum Ende der Kohleverstromung auseinander. Ein auf 2030 vorgezogener Kohleausstieg, den auch die geplante Ampelkoalition aus Klimaschutzgründen favorisiert, sei kaum zu bewältigen, so Ökonom Ragnitz. Für den Strukturwandel seien Investitionen mit langen Planungszeiten nötig, etwa Verkehrswege oder Stromtrassen.
Nach Einschätzung des Ifo-Experten dürfte der Kohleausstieg im Rheinischen und Mitteldeutschen Revier wegen ihrer zentralen Lage leichter zu verkraften sein. Gerade in der Lausitz könne das schwierig werden, weil das Kohlerevier nahe der polnischen Grenze ohnehin unter Abwanderung und Arbeitskräftemangel leide.
Vassiliades mit Forderungen
IG BCE-Vorsitzender Vassiliades dagegen zeigt sich offen für einen Kohleausstieg 2030. Bedingung sei aber, dass die Energiewende schnell genug vorankommt. "Wenn die Regierung ernst macht und den Ausbau von erneuerbaren Energien, Gaskraftwerken und Leitungen zügig vorantreibt, kann die Kohleverstromung auch schon 2030 auslaufen", erklärte er am Mittwoch. Wenn das nicht schnell genug erfolge, halte er das Ziel für illusionär.
Die Regierung müsse dringend Planung und Akzeptanz für Erneuerbare, Gas und Netze verbessern und beschleunigen." Die Frage, woher der Strom künftig komme, sei nicht beantwortet. "Wir haben keine Kraft und keine Reserven mehr, einfach den Ausstiegstermin vorzuziehen und Ausbauziele auszugeben, die dann krachend verfehlt werden", so der der Gewerkschaftsvorsitzende.
Sendung: Antenne Brandenburg, 3.11.2021, 15.30 Uhr