Brief an Habeck - Ost-Ministerpräsidenten wollen Ausnahmegenehmigung für Nutzung alter Kohlekraftwerke

Im Eilverfahren haben Bundestag und Bundesrat am Freitag grünes Licht für die Reaktivierung stillgelegter Kohlekraftwerke gegeben. Doch so einfach ist das nicht, sagen drei ostdeutsche Regierungschefs und die Leag.
Auch nach dem Votum von Bundesrat und Bundestag zur Reaktivierung stillgelegter Kohlekraftwerke sehen die Regierungschefs der ostdeutschen Braunkohleländer und der Betreiber in Jänschwalde rechtliche Probleme bei der Nutzung alter Kraftwerke.
Die Ministerpräsidenten von Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben daher am Freitag in einem gemeinsamen Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) um eine einheitliche bundesrechtliche Ausnahmeregelung gebeten.
Die Kraftwerke, die im Falle eines Lieferstopps beim Gas zum Einsatz kommen könnten, entsprächen nicht mehr den aktuellen Immissionsschutzauflagen, erklärten Dietmar Woidke (SPD), Michael Kretschmer (CDU) und Reiner Haseloff (CDU). Eine Nachrüstung sei bis kommenden Winter ausgeschlossen. Es müsse deshalb Rechtssicherheit geschaffen werden.
Leag: Auflagenkonforme Nachrüstung bis zum Herbst unmöglich
Auch der Kraftwerksbetreiber Lausitz Energie Kraftwerke AG (Leag) sieht in den Vorgaben derzeit noch unüberwindbare Hürden für sein Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde (Spree-Neiße) und fordert ebenso eine Ausnahmeregelung. "Im Augenblick können wir nicht sagen, dass wir mit dem Ergebnis zufrieden sind", sagte ein Sprecher. "Es sind Hürden da, die wir nicht so einfach überwinden können."
Da die Emissionsvorgaben für die Kraftwerksblöcke in der Sicherheitsbereitschaft nicht in der notwendigen Zeit erfüllt werden könnten, müsse der Bund eine Ausnahmeregelung für die Braunkohle treffen, so der Sprecher. "Wenn wir im Herbst zur Verfügung stehen sollen, kriegen wir es nicht ohne Ausnahmegenehmigung hin." Eine technische Nachrüstung der Kraftwerksblöcke sei bis zum Herbst nicht zu schaffen.
Die Leag bereitet sich den Angaben zufolge darauf vor, die derzeit noch in Sicherheitsbereitschaft befindlichen 500-Megawatt-Blöcke E und F des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde wieder anzufahren. Dafür sei zusätzliches Personal notwendig. Rund 100 von 200 zusätzlich benötigten Mitarbeitern seien bereits gefunden.
Sondergenehmigung auf Landesebene möglich - wenn sie beantragt wird
Laut rbb-Recherchen wird hinter den Kulissen der brandenburgischen Landesregierung bereits an einer Lösung des Problems gearbeitet. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es auf Anfrage, dass es durchaus die Möglichkeit für das Land gebe, eine Sondergenehmigung für Jänschwalde zu erteilen, wenn diese beantragt werde. Dies sei trotz des Bundesgesetzes auf Landesebene möglich.
Die Leag antwortete auf die Frage des rbb, ob sie einen solchen Antrag gestellt habe oder stellen werde: "Wir prüfen die verbleibenden Möglichkeiten für einen Reserve-Einsatz der beiden Kraftwerksblöcke zum Beginn der Herbst- und Winterperiode."
Die vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderungen angesichts der Gaskrise passierten am Freitag auch den Bundesrat [tagesschau.de]. Sie sind eine Reaktion auf die starke Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1.
Um Gas einzusparen, soll nun weniger Gas zur Stromproduktion genutzt werden. Stattdessen sollen Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen, die gegenwärtig nur eingeschränkt verfügbar sind, vor der Stilllegung stehen oder sich in der Reserve befinden.
Sendnung: rbb24 Brandenburg aktuell, 08.07.22, 19:30 Uhr