Bürgerversammlung in Grünheide - Mit der Task Force gegen Tesla-Sorgen

Fr 15.11.19 | 09:15 Uhr | Von Andreas Oppermann
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Voller Saal bei der Bürgerversammlung im Heydekrug in Grünheide.
Bild: rbb/Andreas Oppermann

Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) stellte sich weniger als 48 Stunden nach der überraschenden Ankündigung von Tesla-Chef Elon Musk, in Grünheide seine europäische Gigafactory bauen zu wollen, den Fragen der Bürger aus Grünheide und Umgebung. Von Andreas Oppermann

Zur Begrüßung stehen eingeschenkte Sektgläser in Saal des Heydewirts am Peetzsee. Grünheides Bürgermeister Arne Christiani ist die Freude über den großen Coup anzusehen. Er will sie mit den Einwohnern teilen. Vor allem aber will er, dass sich alle in Grünheide und seinen sechs weiteren Ortsteilen ernst genommen fühlen. Deshalb kommt auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) persönlich, um sich so schnell wie möglich den Fragen zu stellen.

Der Saal ist an diesem Mittwochabend voll. Die Stühle reichen nicht. Viele müssen stehen, um zunächst einmal auf Steinbach zu warten. Der verspätet sich, weil er einen Stau rund um das Schönefelder Kreuz nicht eingeplant hat. Und damit wird auch eines der Probleme, vor dem die Grünheider angesichts von bis zu 10.000 Beschäftigten in der geplanten Tesla-Fabrik Sorge haben, deutlich: Ist die Infrastruktur für so ein Giga-Projekt ausreichend?

Bürgerversammlung in Grünheide (Quelle: rbb24|Andreas Oppermann)
Wirtschaftsminister Steinbach (SPD) und Grünheides Bürgermeister ChristianiBild: rbb24|Andreas Oppermann

Minister im Stau

"Ich wünsche jedem Minister, dass er mal im Stau steht", kommentiert dieses Problem Henryk Pilz, der Bürgermeister von Erkner. Er freue sich zwar, dass es dem Land gelungen ist, Tesla zu gewinnen. Aber jetzt gehe es darum, die Menschen ernst zu nehmen. "Es stehen Veränderungen an. Denken Sie an die Menschen. Nehmen Sie uns bitte in den Prozess hinein, damit wir die Region gemeinsam weiterentwickeln können", sagte Pilz und traf damit genau den Ton, der den Abend bestimmen sollte.

Steinbach versprach ihm und den Grünheidern, dass die die Landesregierung diese Sorgen ernst nehme. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) werde direkt nach seiner Wiederwahl durch den Landtag in der kommenden Woche eine Arbeitsgruppe einrichten, die für das gesamte Projekt verantwortlich sein wird. "Sie wird direkt beim Ministerpräsidenten angedockt", versprach Steinbach. In ihr werden die betroffenen Ministerien vertreten sein. Sie habe die Aufgabe, all die berechtigen Fragen zu sammeln und so schnell wie möglich zu klären. Außerdem werde die Arbeitsgruppe der direkte Ansprechpartner von Tesla sein, um so schnell wie möglich das Genehmigungsverfahren zu bewältigen.

Ganz viele lokale Fragen

Steinbach sagte weiter: "Ich garantiere Ihnen, dass die Verfahren mit allen Fristen so durchgeführt werden, wie sonst auch." Angesichts des Wunsches von Tesla, noch im ersten Quartal mit den ersten Arbeiten beginnen zu wollen, sei dies extrem ambitioniert. Aber "wenn das klappt, dann ist das ein Signal in die Welt. Das zeigt dann, dass bei uns was geht", gab sich Steinbach optimistisch.

Alle Fragenden freuten sich über den Tesla-Coup. Echte Ablehnung äußerte kein Grünheider. Aber eine Reihe Fragen trieb sie dennoch um. Wie sieht es mit der ÖPNV-Anbindung aus? Werden die Bahnsteige in Fangschleuse und Hangelsberg verlängert, damit längere Regional-Express-Züge mehr Pendler zur Fabrik bringen zu können? Wird der Ausbau der A10 und der A12 beschleunigt? Ist ein Kraftwerk für die Fabrik nötig? Wird die S-Bahn bis zum Werk in Freienbrink verlängert? Und können die Dörfer ihren Charakter bewahren? Das waren nur einige der Fragen, die im Heydewirt gestellt wurden.

Der Wirtschaftsminister versicherte, dass der Landesregierung das alles klar sei - auch wenn es noch nicht auf alles eine Antwort gebe. Sicher sei, dass Tesla für die erste Ausbaustufe der Fabrik keine zusätzlichen Stromkapazitäten benötige. Dies hätten Ingenieure der Netzbetreiber Edis und 50 Hertz während der Verhandlungen bestätigt. Aber all die Fragen zur Ortsentwicklung und zum ÖPNV müssten in den nächsten Wochen und Monaten ernsthaft abgearbeitet werden.

Die Grünheider dankten es ihm mit Applaus. Und im Anschluss an die Bürgerversammlung mit vielen guten Wünschen und viel Schulterklopfen.

Beitrag von Andreas Oppermann

2 Kommentare

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  1. 2.

    E-Mobilität wird die Umweltzerstörung verschärfen. Giftige Batteriechemikalien in einem Schutzgebiet und intakten Waldgebiet zu bearbeiten zerstört die Umwelt. Ein intakter Wald kompensiert CO2, nicht Neupflanzung.
    Die Politik läßt sich von Tesla unter Druck setzen und betrügen: Steuergeldsubventionen werden von Tesla abkassiert. Die einzige Autobahnabfahrt am Berliner Ring ist für ein Industriegelände ein Nadelöhr, das Gelände liegt inmitten eines dichten Seengebietes und nahe dem geschützten Spreeuferbereich: künftige Spreehochwasser werden durch die Batterieproduktionshallen schwerste Umweltschäden, Grundwasservergiftung bringen. Das Verkehrschaos ist vorprogrammiert; volkswirtschaftlicher Schaden durch irreale und schädliche Arbeitsplatzversprechen wie z.B. am BER die seit Jahrzehnten fehlenden Arbeitsplätze!

  2. 1.

    Besondere Form der Bürgerbeteiligung und Demokratie in Brandenburg
    Es hat schon etwas, wenn der Bürgermeister der am stärksten betroffenen Stadt Erkner, Henryk Pilz, sich in einer Bürgerversammlung über die Gigafabrik deren Bau im nächsten Quartal beginnen soll, informieren muss. Geht es um die Menschen in Brandenburg oder erwartet uns wieder ein Großprojekt wie Cargolifeter, Lausitzring oder BER?

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