Bernauer Jugendrichter Andreas Müller - "Cannabis-Legalisierung hätte wahnsinnig positive Folgen"

Der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller spricht sich seit Jahren klar für eine Cannabis-Legalisierung aus. Jetzt sieht er in der neuen Debatte um die kontrollierte Abgabe Möglichkeiten, dass sich gesetzlich etwas Grundsätzliches ändert.
In der neuangeschobenen Debatte um die Cannabis-Legalisierung im Zuge möglicher Ampel-Koalitionsverhandlungen im Bund hat der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller im rbb-Gespräch nochmals auf die Wichtigkeit hingewiesen, die bisherige gesetzliche Handhabung zu überdenken.
"Cannabis ist in der Bevölkerung. Cannabis sollte reglementiert werden und sollte frei zugänglich für jeden erwachsenen Bürger sein. Wie man es konkret ausgestaltet, ist dann eine nachrangige Frage. Es geht erst um die Frage des Ob und dann kann man es machen über verschiedene Möglichkeiten", sagte Müller dem rbb am Mittwoch.
"Apotheken halte ich für nicht ganz so gut, wäre aber auch ein Schritt zu Cannabis-Kontrollgeschäften. Es gibt viele Möglichkeiten, das vernünftig und sachgerecht zu reglementieren", betonte der Jurist. Eine Abgaben an Minderjährige sollte seiner Ansicht nach weiter verboten bleiben. Präventionmaßnahmen an Schulen sollten weiter gefahren werden.
"Die WHO hat Cannabis runtergestuft"
Dass Kritiker immer wieder das Argument anführten, dass Cannabis eine Einstiegsdroge für härtere Drogen wie etwa Kokain und Heroin sei, sehe Müller nicht so. "Es hat lange nicht mehr die Gefährlichkeit, die man ihr zugemessen hat, als man die Cannabis-Gesetze gemacht hat. Das Thema Einstiegsdroge wird heute von keinem Wissenschaftler weltweit vertreten", betont der Jurist.
"Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Cannabis als gefährliche Droge schon weit runtergestuft und wir wissen mittlerweile seit vielen Jahren, dass Cannabis unheimlich vielen kranken Menschen helfen kann; es ist dafür auch zugelassen." Die Gefahren, die möglicherweise von Cannabis ausgehen, seien im Vergleich zu Alkohol sehr viel geringer einzuschätzen, sagte Müller.
Vorteile überwiegen für Jugendrichter
Für Müller überwiegen die Vorteile einer Freigabe, "es würde Polizei und Justiz entlasten, die sich dann um wirkliche Kriminelle kümmern könnten. Insgesamt hätte eine Legalisierung oder Kontrollierung des Marktes wahnsinnig positive Folgen", so Müller im rbb-Interview.
Etwa sechs Prozent aller Fälle seien Drogendelikte. Zudem werde die Polizei "moralisch" entlastet. "Das Klima zwischen Polizei und Jugendlichen würde sich enorm ändern, wenn die Polizei die Konsumenten in Ruhe lässt. Zudem würden Menschen, die Cannabis gegen ihre Schmerzen nehmen müssten, nicht mehr kriminalisiert", so Müller weiter.
Müller mehrfach wegen seiner Haltung juristisch angegriffen
Seit Jahren kämpft er für das Thema. Er wurde wegen seiner Haltung bereits juristisch angegegriffen. So ist die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) im Frühjahr und Sommer mehrfach mit einem Befangenheitsantrag gescheitert, Müller in einem konkreten Cannabisverfahren als zuständigen Richter abzusetzen.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) urteilte, dass Müllers private Haltung nichts zur Sache beitrage. In einer Mitteilung hieß es damals: "Die Kammer weist in ihrem Beschluss rein vorsorglich darauf hin, dass Äußerungen von Rechtsansichten in Publikationen oder im Gespräch in der Regel nicht die Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit rechtfertigen würden. Entscheidend sei ein Bezug zwischen der Äußerung und dem konkreten Verfahren."
Müller hatte in der Vergangenheit zahlreiche Publikationen wie sein Buch "Kiffen und Kriminalität - Der Jugendrichter zieht Bilanz" auf den Markt gebracht. Auch bei öffentlichen Auftritten beispielsweise in TV-Talkformaten hat er seine private Haltung zur Entkriminalisierung von Cannabis wiederholt vertreten.
Müller hatte in der betreffenden Fallakte vermerkt, dass er das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über einen Normenkontrollantrag hinsichtlich der Strafbarkeit des Verkehrs von Cannabisprodukten in einem anderen Verfahren aussetzen wolle. Es könne nicht prognostiziert werden, wann mit einer dortigen Entscheidung zu rechnen sei, hieß es in der Landgerichts-Begründung.