Demonstrationen an 32 Orten - Ostbrandenburger Politiker streiten um richtigen Umgang mit Corona-Protesten

Di 18.01.22 | 17:35 Uhr
Ordnungsamt beim Corona Spaziergang in Beeskow
Audio: Antenne Brandenburg | 18.01.2022 | Julian von Bülow | Bild: Tony Schönberg/rbb

Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen haben sich in Ostbrandenburg auch am Montag in zahlreichen Städten fortgesetzt. Doch dagegen regt sich Widerstand. Und auch die Politik debattiert, wie mit den zum größten Teil unangemeldeten Demonstrationen umzugehen sei.

Bundesweit haben am Montagabend wieder zahlreiche Menschen gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Allein in der Region Ostbrandenburg zwischen Uckermark und Oder-Spree haben sich insgesamt an 32 Orten Demonstrierende versammelt.

"Wir haben im Barnim und Märkisch-Oderland ein Niveau, das mit der Vorwoche vergleichbar ist", resümiert Polizei-Sprecher Roland Kamenz von der zuständigen Direktion Ost. "In Oder-Spree ist eine leicht geringere Beteiligung zu verzeichnen." Mehrheitlich seien die Versammlungen aber friedlich verlaufen. "Es sind vereinzelt Verstöße gegen die Eindämmungsverordnung zu verzeichnen, aber insgesamt ist es in Ordnung."

Hunderte Demonstrieren ohne Abstand und Maske

In Fürstenwalde (Oder-Spree) skandierte einer der Protest-Teilnehmer per Megafon die Parole der DDR-Montagsdemonstrationen "Wir sind das Volk" und, das sich die Gesellschaft nicht spalten lassen werde. Viele der Anwesenden reagierten mit Jubel und Applaus.

Ganz so einig scheint das Volk aber nicht zu sein. Von den 32.000 Fürstenwalderinnen und Fürstenwalder fanden sich am Abend laut Beobachtern rund 700 auf der Straße ein. Weiter östlich, in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) waren es 500, in Frankfurt (Oder) zur selben Zeit etwa 1.200 Menschen, die unangemeldet durch die Innenstadt zogen. Meist wurde dabei weder die Abstand- noch die Maskenregelung beachtet. Teils versuchte die Polizei die Identität derjenigen festzustellen, die gegen die Schutzmaßnahmen verstießen.

Anti Corona Demonstration in FürstenwaldeAnti Corona Demonstration in Fürstenwalde

Grüne: Polizei kann Versammlungen auflösen

Die Diskussion um den Umgang mit den unangemeldeten Demonstrationen beschäftigt derzeit vielerorts die Politik. So hatte es bereits Landrat Gernot Schmidt (SPD) aus Märkisch-Oderland in der vergangenen Woche abgelehnt, Verstöße durch seine Kreisverwaltung zu ahnden.

Zeitgleich zu den Protesten an diesem Montag beschäftigte sich der Hauptausschuss in Frankfurt (Oder) mit den mittlerweile wöchentlichen Zusammenkünften. Die Fraktion der Grünen-Bürgerinitiative Stadtentwicklung hatte die nicht angemeldeten Demonstrationen auf die Tagesordnung gesetzt. Der Fraktionschef der Grünen, Bodo Almert, kritisiert etwa, dass die Demonstranten das Versammlungsrecht sowie das Handeln von Stadtverwaltung und Polizei gezielt untergraben. Dem rbb sagte er: "Es gibt die Möglichkeit - so wie es in Potsdam oder Cottbus passiert - entsprechend darauf einzuwirken, dass das Recht eingehalten wird. Dass man die Versammlung daran hindert, loszumarschieren und stattdessen die Personalien feststellt." Zudem könnten Platzverweise als Gegenmaßnahme zu den Versammlungen erteilt werden.

Eskalation soll vermieden werden

Bürgermeister und Ordnungsdezernent Claus Junghans von der CDU hält dagegen. Ihm zufolge sei ein stärkeres Einschreiten derzeit nicht verhältnismäßig. Mit der Polizei sei er zu dem Schluss gekommen, dass es mit der Auflösung in Frankfurt (Oder) auch zu einer Eskalation hätte kommen können. "Diese Gefahr wollen wir angesichts der Tatsache, dass es sich um eine friedliche Veranstaltung handelt, nicht eingehen. Deshalb forcieren wir keine härteren Maßnahmen."

Oberbürgermeister René Wilke (Linke) sagte, er respektiere unterschiedliche Auffassungen zu den Maßnahmen. Dabei müsse sich allerdings an das geltende Recht gehalten und Versammlungen angemeldet werden.

Auch Vertreter der Polizeidirektion waren zugegen. Ihnen zufolge, seien alle verfügbaren Polizisten bei insgesamt neun Demos in Oder-Spree und Frankfurt im Einsatz gewesen. Die Verteilung der Kräfte werde dabei je nach Lage priorisiert.

Die Mehrheit schweigt

Während die Politiker in Frankfurt diskutieren und unangemeldete Demonstrationen durch das Land ziehen, gibt es aber auch Menschen, die die aktuelle Pandemie-Bekämpfung befürworten. Eine davon ist die Ärztin Hildegard Grefe. Sie hat zur Gegen-Demonstration "Ich bin geimpft und das ist auch gut so" in Bad Saarow (Oder-Spree) aufgerufen. Ihr zufolge seien die Protestierenden in der Unterzahl, während die große Mehrheit schweigt. "Auf die Idee bin ich gekommen, weil ich mich schrecklich geärgert und durch die Impf- und Corona-Gegner hilflos gefühlt habe. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder ich laufe die ganze Zeit mit der Faust in der Tasche rum oder überlege, wofür ich stehe, und setze ein positives Zeichen."

Zur Demo gekommen sind rund 20 Leute. Auch in Eberswalde (Barnim) und Fürstenwalde gab es ebenso Demonstrationen, die sich für die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung aussprachen.

Ob nun für oder wider das Impfen - die Demonstrationen werden die Brandenburger weiter beschäftigen. In Cottbus kündigten Protestierende gestern an, bis Ende des Jahres Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen anzumelden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.01.2022, 16:10 Uhr

Mit Material von Julian von Bülow und Robert Schwaß

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