Industriestandort Eberswalde (Barnim) - Start-up baut erste Minus-CO2-Fabrik für klimafreundliche Kunststoffe

Mi 23.03.22 | 13:27 Uhr
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Christoph Hiemer präsentiert fertige Produkte aus Kohlenstoff
Audio: Antenne Brandenburg | 23.03.2022 | Helge Oelert | Bild: rbb

Ein Unternehmen will künftig in Eberwalde Kunststoff, Dünger und Aktivkohle herstellen und dabei noch CO2 binden, statt welches freizusetzen. Ab dem Sommer sollen dort pro Jahr 6.000 Tonnen Bio-Kohlenstoffe aus regionalen Biomasseresten produziert werden.

Der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen stellen zurzeit alle anderen Themen in den Schatten. Unter Hochdruck sucht die Bundesregierung in Sachen Energieversorgung nach Alternativen zur Abhängigkeit von Russland. Nicht wenige fürchten, dass der Klimaschutz dabei hinten runterfallen könnte. Immerhin gibt es diesbezüglich jetzt positive Nachrichten aus Eberswalde (Barnim).

Vom Stahlwerk zur Minus-CO2-Fabrik

Eine alte Fabrikhalle steht seit über zwanzig Jahren leer. Früher wurde dort Industriestahl gewalzt. Doch jetzt soll auf den 3.200 Quadratmetern wieder Leben einziehen. Christoph Hiemer und sene Kollegen treten an, um nicht weniger als die Klima-Zukunft entstehen zu lassen. Geplant ist eine so genannte Minus-CO2-Fabrik: eine der ersten Fabriken, die weniger Kohlenstoff abgeben als sie aufnehmen.

Dabei geht es um das CO2, das auf natürliche Weise in Holz gebunden ist. Christoph Hiemer will mit seinem Start-Up "Carbonauten" dafür sorgen, dass der Großteil dauerhaft der Atmosphäre entzogen bleibt und nicht wieder abgegeben wird.

CO2 speichern statt freisetzen

Dafür nutzt das Unternehmen Biomassen der Forst- und Landwirtschaft, Lebensmittel- und Holzindustrie, wie etwa geschreddertes Paletten-Holz als Rohstoff. "Normalerweise geht so ein Material in die Spanplatte oder in die thermische Verwertung - wird also verbrannt und zur Energieerzeugung genutzt." Das Problem dabei sei allerdings, dass gebundenes CO2 sowohl beim Verbrennen als auch beim Verrotten wieder in die Atmosphäre entweicht.

Retorten der Carbonauten zur Herstellung von Kohlenstoffen in Eberswalde
Produktiosanlagen zur Herstellung der Kunststoffe | Bild: rbb

Und genau das wollen die Carbonauten verhindern, indem sie aus dem Holz Bio-Kohlenstoffe - eine Art ökologisches Plastikmaterial - herstellen. Dafür werden Holzreste unter Luftentzug hohen Temperaturen ausgesetzt. Der durch chemische Reaktionen so entstehende Kohlenstoff wird weiterverwendet, sagt Christoph Hiemer. "Den Kohlenstoff binden wir in Granulaten, in den sogenannten Net-Materials."

Vom Auto-Teil bis zum Gartenschlauch lasse sich daraus vieles herstellen, wozu bisher fossile Materialien wie Erdöl genutzt wurden. Weiterer Vorteil: der neue Stoff könne den Produzenten zufolge sogar in der Erde verrotten, ohne CO2 wieder abzugeben. "Kohlenstoff verbleibt im Boden, und da führt er zu einer Erhöhung des Kohlenstoffgehalts. Die Bio-Kohle hat eben auch den Effekt, dass sie Wasser und Nährstoffe speichert und viele andere positive Wirkungen im Boden haben kann."

Künftig auch Grüner Wasserstoff?

Vier Millionen Euro werden in die Anlage investiert und rund 20 Arbeitsplätze geschaffen, wenn im Frühsommer die Produktion los geht. Bis dahin sei aber noch einiges zu tun. Dann wird in so genannten Retorten der Kohlenstoff bei etwa 700 Grad extrahiert. Als eine Art Abfallprodukt entstehen dabei Gase, die unter Umständen sogar für die Produktion von grünem Wasserstoff genutzt werden könnten. "Wir verfolgen gerade die Ideen und müssen sehen, dass wir im Laufe des nächsten halben Jahres die technischen Voraussetzungen dafür schaffen."

So sollen in den alten Industriebrachen von Eberswalde wieder neue Zukunftsvisionen ihren Platz finden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.03.2022, 14:10 Uhr

Mit Material von Helge Oelert

1 Kommentar

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  1. 1.

    Das nenne ich echte Innovation - und kein, von der Politprominenz als goldenes Kalb in die Höhe gehobenes E-Autowerk.

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