Mietsteigerung im Berliner Speckgürtel - Strausberger sollen mehr Miete zahlen

Höhere Preise an den Tankstellen, im Supermarkt und jetzt auch noch auf dem Wohnungsmarkt: Rund 1.600 Haushalte in Strausberg (Märkisch-Oderland) sollen ab Juli eine Mieterhöhung von bis zu 18 Prozent bekommen. Doch es betrifft nur die Wohnungen, die aktuell sehr kostengünstig sind. Von Marie Stumpf
Seit 42 Jahren wohnen Rudolf Patzer und seine Frau in ihrer Wohnung in Strausberg-Vorstadt. Das Wohnzimmer ist liebevoll eingerichtet: Auf der Fensterbank sonnen sich zahlreiche Kakteen, auf den Regalen stehen Fotos ihrer Kinder. Ab Juli sollen die beiden Rentner nun 43 Euro mehr pro Monat für ihre Wohnung bezahlen, plus etwa 40 Euro mehr Heizkosten. Insgesamt kommen sie dann auf eine Warmmiete von rund 500 Euro pro Monat für vier Zimmer.
Vergleichsweise niedrige Mieten in Strausberg
"Ich bin mir im Klaren darüber, dass diese Mieten vergleichsweise im niedrigen Bereich liegen", erklärt Patzer "aber wenn meine Frau allein dastehen würde, dann müsste sie sich sehr gut überlegen, ob sie das durchhalten kann. Und so sehe ich das auch für andere alleinstehende Personen."
Rund 1.600 Haushalte in Strausberg sollen die Mieterhöhung bekommen – rund ein Drittel des Bestandes der Strausberger Wohnungsbaugesellschaft. Betroffen sind aber nur die Wohnungen, deren Quadratmeterpreis unter fünf Euro liegt.
Das Ehepaar Patzer bezahlt aktuell rund vier Euro pro Quadratmeter. Nach der Erhöhung läge er bei 4,65 Euro pro Quadratmeter und damit weiterhin unter dem offiziellen Mietspiegel der Stadt. Nach diesem beträgt der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen in Strausberg rund sieben Euro in den letzten sechs Jahren.
Im Vergleich zu anderen Speckgürtel-Gemeinden ist das Wohnen in Strausberg somit relativ günstig – so zahlt man in Schöneiche (Oder-Spree) laut aktuellem Mietspiegel rund acht Euro pro Quadratmeter.
Hilft der Mietspiegel wirklich?
Mit dem Mietspiegel sollen Mieter vor überhöhten Mieterhöhungen geschützt werden. Der Vermieter muss sich an dem Spiegel orientieren und darf den Quadratmeterpreis nur bis zu einem gewissen Rahmen anheben.
Es gibt jedoch einen Haken: Der Mietspiegel bildet nur die Wohnungen ab, die in einer bestimmten Zeit neu vermietet wurden. Da der Preis bei Neuvermietungen für gewöhnlich steigt, steigt auch der Mietspiegel mit den Jahren.
Unterschieden werden muss auch zwischen den Preisen für Wohnungen in Alt- oder Neubauten. So liegt auch in Strausberg der Quadratmeterpreis für die Wohnungen, die nach 2011 erbaut wurden, bereits bei rund zehn Euro.
Kritik: Mehr Geld fordern – nur weil es geht
Angesichts dieser Entwicklung sehen mehrere betroffene Mieter in Strausberg die jetzige Mieterhöhung gelassen. "Ist sicherlich berechtigt, wenn man sich die Mieten anschaut im gesamten Bundesland", meint etwa Siegfried Scholz aus Strausberg-Nord.
Kritik an der Mieterhöhung kommt dagegen von der Strausberger Linksfraktion. Mehr Geld zu fordern, nur weil es die Marktentwicklung zulässt, sei kein Grund – vor allem in Zeiten von allgemein steigenden Kosten, findet Fraktionsvorsitzender Gregor Weiß.
"Ich weiß, dass es um die Mietwohnungen geht, die einen sehr niedrigen Mietspiegel haben. Aber das sind auch die Mieter, die dort schon 20 oder 30 Jahre wohnen und das Haus mit ihrer Miete schon lange abbezahlt haben."
SWG: Brauchen das Geld für Instandsetzung
Die Strausberger Wohnungsbaugesellschaft (SWG) verteidigt ihre Mieterhöhung. Sie will damit die Wohnungen instandsetzen.
"Angesichts der Preissteigerungen bis zu 15 Prozent bei Baumaterial oder Handwerksdienstleistungen im letzten Jahr ist dann irgendwann auch eine Mietanpassung erforderlich", erklärt Geschäftsführer Markus Derling.
Die Mieterhöhung aufzuschieben, bis sich die Lebenserhaltungskosten wieder stabilisiert haben, hält er für keine gute Option. "Alles, was man immer weiter nach hinten schiebt, wird am Ende nur noch teurer."
Die Linksfraktion fordert nun eine feste Regelung für so genannte Härtefälle, etwa ältere Menschen mit nur einer kleinen Rente. Die SWG verweist dazu auf das Wohngeld, das Geringverdiener bei der Wohngeldstelle ihres Landkreises beantragen können.
Sendung: Antenne Brandenburg, 20.05.2022, 16:30 Uhr