Neue Studie der Handelsberatung - Einzelhandel in Ostbrandenburg bricht unter Krisen weiter ein

Di 13.09.22 | 14:00 Uhr
Archivbild: Wohn- und Geschäftshäuser stehen am historischen Marktplatz der Stadt. (Quelle: dpa/H. Ditrich)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.09.2022 | Felicitas Montag | Bild: dpa/H. Dittrich

Bekleidung, Elektroartikel, Backwaren: Immer mehr kleine Fachgeschäfte verschwinden aus Ostbrandenburg. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die am Montag in Frankfurt (Oder) vorgestellt wurde. Aber es gibt auch Branchen, die weiter wachsen.

Der Einzelhandel in Ostbrandenburg verliert weiterhin Geschäfte und Ladenflächen. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie. Diese wurde von Gutachter der BBE Handelsberatung unter anderem im Auftrag des Handelsverbands Berlin-Brandenburg e.V. sowie der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (IHK) durchgeführt.

Demnach gibt es in der Region aktuell rund 3.337 Einzelhandelsbetriebe. Damit ist die Anzahl im Vergleich zur letzten Erhebung 2015/2016 um 597 beziehungsweise um 13,8 Prozent zurückgegangen. Das macht sich auch beim Leerstand bemerkbar. Laut Bericht stehen derzeit rund 1.200 Ladenlokale in Ostbrandenburg leer.

Onlinehandel verdrängt Einzelfachhandel

Dass der stationäre Einzelhandel in Brandenburg - trotz gewachsener Bevölkerung und steigender Nachfrage - weiter an Boden verliert, sei keine Überraschung, sondern ein bundesweiter Trend. Das sagt Dr. Ulrich Kollatz von der BBE Handelsberatung dem rbb: "Es verschwinden sehr viele kleintteilige, individuelle Ladenkonzepte. Die größeren Anbieter, Fachmärkte und Lebensmittelmärkte können sich eher behaupten und haben zum Teil ihre Flächen ausgeweitet, sodass wir zwar eine Anzahl verloren gegangener Einzelhandelsbetriebe, aber einen deutlich geringeren Rückgang der Verkaufsfläche aufweisen."

Besonders gefährdet sei der Bekleidungs-Bereich, aber auch Läden für Lebensmittel-Handwerk, wie Bäckereien und Fleischereien, so Kollatz weiter. Gewinner seien vor allem der institutionelle Onlinehandel, der Lebensmittel-Einzelhandel und Nonfood-Fachmärkte.

Für die Einzelhandelserfassung wurden von September 2021 bis April 2022 landesweit rund 21.000 Datensätze ausgewertet. Allein in Ostbrandenburg waren es rund 5.600. Die Erhebung findet seit 2011 alle fünf Jahre statt.

Frankfurt (Oder) - kein attraktiver Shoppingsstandort?

Seit 25 Jahren betreiben Kathleen und Detlef Scheibner auf der Karl-Marx Straße in Frankfurt (Oder) ihren Feinkostladen "Vom Fass". Während des Lockdowns boomte das Geschäft, erzählt Kathleen Scheibner. Da die Menschen nicht reisen konnten, hätten sie sich etwas für zu Hause gegönnt - einen hochwertigen Wein, ein gutes Öl oder Essig. Doch jetzt gehe die Kaufkraft zurück. "Seitdem die Energie und auch der Krieg in der Ukraine die Menschen beschäftigt und auch in Sorge treibt, ist es so, dass die Kunden leider etwas weniger werden und dass auch eine Kaufzurückhaltung zu spüren ist. Man erkundigt sich wieder mehr nach den Preisen und kauft nicht mehr so unbedarft ein." Trotzdem bleibt Kathleen Scheibner optimisitisch und setzt alle Hoffnugen auf das Weihnachtsgeschäft.

Das hat auch Anne-Darlin Haff zu spüren bekommen. Ihre Kinderboutique "Lille Verden" für nachhaltige Mode in Frankfurt (Oder) schließt Ende Oktober - nach nur zwei Jahren. Das hat zwar primär private Gründe, trotzdem sei die Kaufkraft in Frankfurt zu gering, um den Laden zu 100 Prozent Mitarbeiter-betrieben weiterzuführen, so die 28-Jährige. "Es ist geade für kleine Einzelhändler in Frankfurt sehr schwierig, weil wir eine Innenstadt haben, die von der Struktur her nicht zum Shoppen einlädt. Dazu kommt, dass wir die hohen Mieten und die Parkbegbühren haben, und das obwohl wir eigentlich so ein großes Potenzial in der Stadt hätten."

Nutzungsmix als Zukunftsmodell für Städte?

Urich Kollatz von der BBE Handelsberatung ist der Meinung, dass Innenstädte neu gedacht werden müssen, um die lokale Vielfalt zu erhalten. "Wir werden einen sehr breiten Nutzungs-Mix kriegen. Der Einzelhandel bleibt natürlich ein Schwerpunkt. Aber wir reden auch von diversen Dienstleistern, von Wohn-und Büronutzungen, von modernen Arbeitsformen und natürlich der ganze medizinische Bereich. Was davon zum Tragen kommt, hängt natürlich auch von der Größe der Stadt ab. Je größer ich bin, desto mehr habe ich die Chance, auch von anderen Nutzungssegmenten, eine tragfähige Größenordnung zu erreichen."

Aber auch die Themen Digitalsierung, Erreichbarkeit und Präsentation würden bei der Aufwertung von Innenstädten eine wichtige Rolle spielen, so Kollatz weiter.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.09.2022, 16:40 Uhr

 

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