Pflegeschule Eisenhüttenstadt - Junge Pflegeschüler starten mit viel Idealismus ins Berufsleben

Do 06.10.22 | 17:19 Uhr
Archiv: Eine Pflegekraft hält die Hand einer Bewohnerin einer Pflegeeinrichtung. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.10.2022 | Michael Lietz | Bild: Britta Pedersen/dpa

Das Image der Pflegeberufe ist nach wie vor mehr als schlecht. Ein Knochen-Job, der schlecht bezahlt ist, viele steigen schnell wieder aus. Und dennoch oder zum Glück, gibt es nach wie vor viele junge Leute, die einen solchen Pflegeberuf erlernen wollen.

50 junge Menschen haben in dieser Woche an der Pflegeschule Eisenhüttenstadt ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen, was sich zunächst sehr positiv anhört. Aber man hätte auch noch gerne mehr genommen. "Gebraucht werden sie - händeringend. Am Freitag haben wir wieder unsere Absolventen verabschiedet. Jeder hat einen Arbeitsvertrag in der Tasche. Keiner geht in die Arbeitslosigkeit und von daher gehen die nahtlos ins Berufsleben", versucht die Personal-Chefin der Pflegeschule - Doreen Schneider - Interessierten den Beruf schmackhaft zu machen.

Sehr idealistische Ansätze für Berufseinstieg

Unter den 50 Neuen an der Pflegeschule Eisenhüttenstadt sind auch Aliyah aus Eisenhüttenstadt, Daniela aus Fürstenwalde und Dohukaan aus Müllrose. Ihre Beweggründe trotz aller Widrigkeiten in einen Gesundheitsberuf einzusteigen, sind sehr individuell. Gemeinsam eint sie aber ein eher idealistischer Ansatz. "Ich wollte nie ins Büro, sondern was mit Menschen machen“, erklärte Aliyah. "Krankenschwester war schon immer mein Traumberuf", setzte Mitauszubildende Daniela nach. "Meine Oma ist an Krebs erkrankt. Ich habe sie zu Hause gepflegt. Dann habe ich ein Praktikum gemacht. Es ist ein schöner Beruf", erklärte Dogukaan seinen Ansatz.

Aliyah, Daniela und Dogukann sind voll motiviert. Sie erhalten im ersten Lehrjahr etwa 1.200 Euro. An der Pflegeschule in Eisenhüttenstadt wird vor allem Theorie gepaukt. Praxis gibt es in Krankenhäusern wie zum Beispiel in Beeskow, Eisenhüttenstadt, Guben, Woltersdorf oder im Lutherstift in Frankfurt. Dass dort, im Alltag, auch Träume platzen, sei nachvollziehbar. "Es gibt viele 16-Jährige, die pandemiebedingt im Vorfeld nicht die Möglichkeit hatten, ein Pflegepraktikum zu machen. Und das zeigt sich in den ersten Praktikumswochen, dass die pure Realität da ist", sie dann mitunter die Ausbildung abbrächen, erklärte die Praxiskoordinatorin der Pflegeschule, Anne Schröder.

Etwa 2.800 Euro brutto bekommen die Berufsanfänger. Nicht viel für diesen Knochenjob, meint die Azubi Laura Nitschke aus dem ersten Lehrjahr. Aber darauf komme es ihr ja gar nicht an: "Dadurch, dass ich die Dankbarkeit von den Menschen zurückbekomme, sehe ich darüber hinweg und bin mit weniger Geld zufrieden. Weil mich das einfach glücklich macht helfen zu können, weil ich weiß, ich habe da irgendjemandem geholfen und zum Lächeln gebracht."

Personalmangel wird in den kommenden Jahren ausufern

Doch Idealismus reiche nicht aus, erklärte die Gewerkschaftsseite. Einer Analyse der Unternehmensberatung PwC [pwc.de] zufolge werde sich der Personalmangel in den nächsten Jahren dramatisch verschärfen. Bis 2035 könnten deutschlandweit fast 1,8 Millionen Fachkräfte fehlen, heißt es in dem Papier. Besonders betroffen sind demnach Kranken- und Altenpflege; in beiden Bereichen könnte mehr als ein Drittel des eigentlich benötigten Personals fehlen. Doch auch an Ärztinnen und Ärzte wird es laut PwC in großer Zahl mangeln, sofern sich die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen nicht verbesserten.

Zu den Ursachen zählt laut Studie vor allem in der Pflege ein schlechtes Image des Berufs. Hinzu kämen der demografische Wandel und eine hohe Unzufriedenheit mit dem Job - nicht nur in der Pflege, sondern auch unter Medizinern. Folge ist demnach ein Trend zur Abwanderung in weniger belastende Tätigkeiten.

Bund führte Tariftreue zum 1. September ein

Viele Pflegekräfte in Deutschland bekämen aber seit dem 1. September mehr Geld, denn Pflegeeinrichtungen müssten mindestens nach Tarif bezahlen. Damit wolle die Bundesregierung den Pflegeberuf attraktiver machen und der - in der Altenpflege – unterdurchschnittlichen Bezahlung entgegenwirken. Die Lohnsteigerung betreffe mehr als 1,6 Millionen Pflegekräfte in Deutschland, allein 628.000 von ihnen in der Altenpflege.

Von der Tarifpflicht umfasst sind vor allem private Anbieter in der Altenpflege, von Pflegeheim-Ketten bis zu Familienunternehmen. Für konfessionelle Träger wie Caritas und Diakonie spielt sie keine Rolle, weil sie bereits nach einem eigenen Tarif Zahlen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.10.2022, 14:40 Uhr

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