rbb-Podcast "Feld, Wald & Krise" - Folge 6 - Meerwasser für Brandenburg

Mi 20.07.22 | 17:49 Uhr
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In 30 Jahren könnte der Straussee in Strausberg ausgetrocknet sein. Was ist mit dem Rest des Landes? Die neue Podcast-Folge von "Feld, Wald und Krise" fragt, wie es um die aktuellen und künftigen Wasservorräte in der Region steht.

3,7 Milliarden Kubikmeter – das ist die Menge Grundwasser, die sich in Brandenburg jährlich neu bildet, mit fallender Tendenz. Davon sind zwei Milliarden Kubikmeter nutzbar: Für die Trinkwasserförderung, für Energieversorger, Industrie und Landwirtschaft. Etwas mehr als eine Milliarde Kubikmeter werden in Berlin und Brandenburg davon tatsächlich entnommen.

"Klimaabschlag" auf Wassergenehmigungen

Das klingt nach einem satten Polster für die kommunale und wirtschaftliche Entwicklung. Doch das verfügbare Grundwasser ist äußerst ungleich verteilt. Nach den Zahlen des Landesumweltministeriums schöpfen zwar die meisten Regionen die verfügbaren Wassermengen zu weniger als 50 Prozent aus. Doch in zehn Prozent der sogenannten Bilanzgebiete überstrapazieren die Nutzer den Wasserhaushalt schon jetzt und entnehmen mehr Grundwasser als neu gebildet wird [lfu.brandenburg.de].

Brandenburgs Umweltminister rechnet mit einem klimabedingten Rückgang der Grundwasserneubildung um 25 Prozent bis 2060. Entsprechend restriktiv sollen künftige Grundwasserentnahmen mit einem "Klimaabschlag" reduziert werden.

Kritik an Wasserstrategie

Die Berliner Hydrogeologin Irina Engelhardt hält es für wahrscheinlich, dass die Situation für das Grundwasser ernster ist, als die vom Brandenburger Umweltministerium veröffentlichten Zahlen hergeben. Grundsätzlich begrüßt es die Professorin an der TU Berlin, dass sich das Land endlich auf den Weg gemacht hat, eine Wasserstrategie zu entwickeln. Allerdings hat sie methodische Kritik. So seien unter anderem die letzten Dürrejahre nicht berücksichtigt worden, ebenso wenig die Abflusswirkung kleiner Gräben und Bäche. Auch die Verdunstung dürfte nach ihrer Einschätzung höher liegen als vom Land prognostiziert.

Wasserverbrauch gedeckelt

Zu den besonders betroffenen Wasserkrisen-Regionen zählt das östliche Berliner Umland. Also dort, wo sich rund um die Tesla-Ansiedlung gerade eine starke wirtschaftliche und Siedlungs-Entwicklung abspielt. Der Wasserverband Strausberg-Erkner hat bereits Restriktionen für Neukunden verfügt. Maximal 105 Kubikmeter dürfen pro Tag entnommen werden, ab 2025 soll diese Grenze für alle Privatkunden gelten. Der Durchschnittsverbrauch im Verbandsgebiet beträgt derzeit 175 Liter pro Tag – weit mehr als im Bundesdurchschnitt.

Meerwasser für Brandenburg

Für die Metropolregion wird sich die Situation künftig noch weiter verschärfen. Berlin versorgt sich derzeit noch aus eigenem Grundwasser und Uferfiltrat der Spree. Die wird jedoch bis zu 50 Prozent aus abgepumptem Grundwasser aus dem Bergbau gespeist. Mit dem Kohleausstieg 2030 oder 2038 würden nun sehr schnelle Entscheidungen nötig, sagt Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Die Grünen). Vogel denkt dabei an Fernleitungen aus Elbe und Oder, kann sich aber auch Meerwasserentsalzungsanlagen an der Ostsee vorstellen, aus denen Wasser über eine Pipeline nach Brandenburg geführt wird.

Während Axel Vogel hinsichtlich des Ostsee-Wassers von ferner Zukunft spricht, hält Hydrogeologin Irina Engelhardt diese Möglichkeit für naheliegend. Mit Entsalzungsanlage und Pipeline könnte die Trinkwasserversorgung Brandenburgs komplett sichergestellt sein. Die Kosten schätzt sie auf circa 600 Millionen Euro.

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6 Kommentare

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  1. 6.

    Der Kohlebergbau hätte schon vor 30 Jahren enden müssen....jeder weitere Tag heute verschlimmert das Problem.
    Haben Sie eine Vorstellung wieviel Energie zur Entsalzung nötig ist? Vermutlich nicht.

  2. 5.

    Warum muss man das erst aufwendig entsalzen? Kann man doch VOR erreichen der Ostsee "abfangen" und dann durch Nord Stream 3, 4 und 5 ins Land zurück verteilen.. in die Wälder zB. wo es dann versickert und die Waldbrandgefahr senkt und für die Tiere ist das auch gut.
    Wenn erstmal die ganzen Tagebaue nix mehr abpumpen (gehen zwar viele Häuser kaputt)und dadurch das Grundwasser steigt ist schon einiges geschafft.

  3. 4.

    Fortsetzung kleine Fließgewässer.
    Kenne da so einige Gräben deren Bedeutung und Ausbau nicht mehr zeitgemäß oder sinnvoll erscheinen.
    In Müllrose mitten im Wald parallel zur Bahnlinie ein Graben mit betonierter Sohle, der letztenendes in den Kanal mündet, anstatt den Wald zu speisen, wenn denn mal Wasser drin ist. Davon gibt es noch viele Beispiele im Land, wo unnötig künstlich Wasser abgeleitet wird, obwohl keine Hochwassergefahr besteht. Vielleicht früher mal belastet und daher so gebaut, aber heute kaum noch.
    Die Verschwendung oder Nichtnutzung von Niederschlagswasser in den Städten sollte vor allem anderen mit höchster Priorität angegangen werden.

  4. 3.

    Die Variante Ostseewasser ist in Punkto Effizienz sicher interessant. Wobei ich mir die gerechte Verteilung im Land schwierig vorstelle. Daher wäre die Überleitung von der Oder über die vorhandenen Schifffahrtsstraßen Oder-Spree und Oder-Havel und von der Neiße bzw. Elbe in die Lausitzer Gewässer das interessantere, weil bis auf die Elbe keine Leitungen notwendig wären und teilweise sogar die leistungsfähigen Pumpwerke schon existieren. Damit wäre die Verteilung im Land über die 4 wichtigeren Flüsse im Land Elster, Spree, Dahme, Havel, problemlos und flächig machbar. Lokal und wo notwendig damit im Winter und bei Überschuss Grundwasseranreicherung zur Speicherung für Trockenzeiten sollte über viele kleinere Maßnahmen gut funktionieren.
    Eine große Frage ist der Spreewald. Können wir uns den noch zu jederzeit leisten? Muss Sachsen dafür jederzeit ausreichend Wasser bereitstellen? Oder darf da auch mal etwas trocken fallen?
    Interessant sicher auch die vielen kleinen Fließgewässer.

  5. 2.

    Mit der Meerwasserentsalzung sowie Bewässerungskonzepten kann man relativ schnell eine positive Wirkung auf Umwelt und Böden erzielen.
    Nur Windräder aufstellen oder Kohle verbieten bringt selbst im Jahr 2060 noch keinen Effekt.

  6. 1.

    "Maximal 105 Kubikmeter dürfen pro Tag entnommen werden"
    Wer braucht denn so viel Wasser?

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