"TOP" Software - Projekt für bessere Patientenversorgung geht in die Praxis

Mi 11.01.23 | 19:18 Uhr
Symbolbild: Das Gelände des Klinikums Frankfurt (Oder) (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 11.01.2022 | Ulrike Theilemann | Bild: dpa/Patrick Pleul

Das Klinikum Frankfurt (Oder) startet als erstes aus 14 Kliniken in die Praxisphase das "TOP"- Projekts. Ziel dabei ist, schädliche Auswirkungen von Medikamenten zu verringern und Ärzten notwendige Daten vorzulegen.

Im Klinikum Frankfurt (Oder) beginnt im Februar die finale Phase des Projekts "TOP" (Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit). In Kooperation mit den Krankenkassen Barmer und AOK Nordost soll das Projekt bundesweit für mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie sorgen, berichtet der Verbund.

Den Angaben zufolge sollen Patienten davor geschützt werden, aufgrund fehlerhafter Medikamentenverschreibung und unabgestimmter Wirkstoffkombinationen gesundheitliche Schäden zu erleiden. Aufgrund der Unübersichtlichkeit bei Arzneimitteltherapien können diese Schäden im schlimmsten Fall zum Tod führen, wie es weiter hieß.

Informationslücken mit einem Maus-Klick schließen

Der softwarebasierte Medikationscheck soll es behandelnden Ärzten ermöglichen, ohne Zeitverzug alle wichtigen Informationen zur medizinischen Vorgeschichte eines Patienten aus Routinedaten der Krankenkasse zu erfahren, teilte der Verbund mit.

Neben einer Liste aller verordneten Medikamente werden Ärzte auf Risiken der Arzneimitteltherapie hingewiesen. Somit können schlecht verträgliche Medikamente ausgetauscht oder abgesetzt werden und individuelle Dosierungen angepasst werden, wie es weiter hießt.

“Der Vorteil des Projekts ist, das wir die Krankenkarten Daten nutzen können und so entsprechende Informationslücken mit einem Maus-Klick schließen können. Das gibt mir und meinen ärztlichen Kollegen und Kolleginnen Sicherheit, das wir auf einer guten Grundlage aufbauen”, sagte Ulrike Theilemann vom Klinikum Frankfurt (Oder).

Laut einer Studie der Deutschen medizinischen Wochenschrift liegt der Mittelwert des Zeitaufwands, um fehlende Informationen zu beschaffen, bei Notfallpatienten bei 28,1 Minuten – bei elektiven Patienten bei 22,5 Minuten.

Viele Patienten kommen mit unvollständigen Daten

Vielen Patienten, die in der Klinik aufgenommen werden, fehlen oft die Angaben zu den Behandlungen von vorherigen Krankheiten und den dazu verordneten Arzneimitteln, sagte Theilemann von Frankfurter Klinikum dem rbb. Die Patienten kommen mit unvollständigen und nicht aktuellen Informationen in die Klinik, so Theilemann.

Dazu können viele Patienten selbst wenig konkrete Aussagen treffen, “sodass immer ein bisschen Unsicherheit mitschwimmt”, so Theilemann weiter. Dies sei besonders riskant, wenn Patienten an verschiedenen Erkrankungen leiden und mehrerer Medikamente von verschiedenen Ärzten verschrieben bekommen haben.

Wichtige Informationen wie zum Beispiel zu Allergien, Unverträglichkeiten oder Vorerkrankungen, die bei geplanten wie auch Notfallsituation erforderlich sind, seien oft nicht vorhanden, sagte Daniela Teichert von der AOK Nordost dem rbb.

Bei planbaren Operationen, "wo wir eigentlich davon ausgehen müssen, dass der Patient oder die Patientin mit den notwendigen Daten in die Klinik kommt”, sollen bei jedem dritten Patienten die behandlungsrelevanten Informationen fehlen, sagte Teichert. In Notfallsituationen soll es bei vier aus fünf Patienten zu Komplikationen aufgrund von fehlenden Daten zu verabreichten Medikamenten kommen.

Erfolge bei Vorgängerprojekten

Anhand von Vorgängerprojekten wie AdAM (Anwendung für ein digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management) und eLiSA (Electronic Life Saver) könne man das Ausmaß an möglichen Lösungen messen, heißt es vom Verbund.

Den Angaben zufolge soll durch die Softwareprogramme die Sterblichkeit bei den teilnehmenden Patienten um zehn bis 20 Prozent gesunken sein. Nach Angaben der AOK Nordost haben bisher durch das eLiSa Programm 11.300 Versicherte ihre Medikation überprüfen lassen. Die Auswertungen sollen erfolgreich Medikamente mit unerwünschten Wechselwirkungen gezeigt haben und somit sollen diese abgesetzt oder ausgetauscht worden sein.

Bundesweites Projekt mit Schwerpunkt in Brandenburg

Insgesamt nehmen 14 Kliniken aus sechs Bundesländern an dem Projekt teil. Aus Brandenburg sind so viele Kliniken beteiligt wie aus keinem anderen Bundesland. Dazu gehören neben den Frankfurter Klinikum das Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam, die Havelland Kliniken in Nauen und dem Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus.

Aus Berlin nehmen das August-Viktoria-Klinikum und das Humboldt-Klinikum aus der Vivantes-Gruppe teil.

Nach erfolgreichen Vorbereitungsmaßnahmen und Testläufen beginnt das Klinikum Frankfurt (Oder) am 1. Februar als erste Klinik mit der Praxisphase, da sich dort am meisten Teilnehmer eingeschrieben haben sollen - rund 750 Versicherte von Barmer und AOK Nordost, die regelmäßig fünf oder mehr Wirkstoffe einnehmen.

Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren und endet im September 2024. Gefördert wird es vom Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschusses mit 9.3 Millionen Euro.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.01.2023, 16 Uhr

Mit Material von Martin Krauss und Franziska Eberlein

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