rbb|24-Datenrecherche - Immer häufiger Starkregen - und das Dürreproblem bleibt

Fr 12.05.23 | 06:24 Uhr
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Symbolfoto:Junger Maisbestand auf einem trockenen Feld, im Hintergrund anbahnendes Gewitter.(Quelle:imago images)
Video: rbb|24 | 12.05.2023 | F. Grieger/T. Mandalka | Bild: imago images

Die Zahl der Starkregenfälle hat in den letzten Jahren in Berlin und Brandenburg deutlich zugenommen. Trotzdem lösen die Kurz-Sintfluten das Dürreproblem der Region nicht, sondern verschärfen es noch, wie neue Daten zeigen. Von Haluka Maier-Borst

96 Mal hat es im Jahr 2022 so richtig geschüttet in Berlin und Brandenburg - und damit wieder überdurchschnittlich oft. Das zeigen Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die rbb|24 zusammen mit Wissenschaftlerinnen des DWD speziell für die Region ausgewertet haben. Demnach gab es - mit Blick auf den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre - in vier Jahren besonders oft Starkregen.

Die Analyse basiert auf Daten des sogenannten CatRaRE-Projekt des Deutschen Wetterdienstes (DWD), das radarbasiert Starkregen-Ereignisse aufzeichnet. Starkregen definiert der DWD dabei als Regenmengen von über 15 Liter innerhalb einer Stunde oder 20 Liter innerhalb von sechs Stunden.

Die Meteorologin Katharina Lengfeld vom DWD ist zwar noch vorsichtig bei der Interpretation der Ergebnisse. Um von einem klaren regionalen Trend zu sprechen sei es noch etwas früh, auch weil man diese Radardaten erst seit gut 20 Jahren habe. "Aber man kann schon von einer Tendenz sprechen, die sich mit dem deckt, was man in Zeiten des Klimawandels erwartet", sagt Lengfeld.

Die Ursache für die Häufung der Starkregenfälle ist dabei die gleiche wie für die Dürre in Berlin und Brandenburg: der Klimawandel. Insgesamt ist es wärmer und die Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Dadurch trocknen einerseits die Böden aus. Andererseits ist mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, der sich später zu Wolken formen kann und dann für die häufigeren Starkregenfälle sorgt.

Besonders betroffen davon waren in den letzten 20 Jahren vor allem die Regionen westlich von Brandenburg an der Havel und nördlich von Cottbus, entlang der deutsch-polnischen Grenze. Berlin hingegen kam in den meisten Jahren glimpflich davon – wenn auch die Sturzfluten, die 2017 auf die Hauptstadt niedergingen, im Gedächtnis geblieben sind.

Man könne nicht sagen, dass eine Ecke von Berlin und Brandenburg prädestiniert für Starkregen sei, erklärt Ewelina Walawender, Geografin beim DWD: “Es gibt jetzt keinen großen Gebirgszug wie die Alpen, der es wahrscheinlicher macht, dass der Regen dort herunterkommt.” Entsprechend dürfte - statistisch gesehen - das Starkregenmuster in der Region über die Jahre gleichmäßiger werden.

Gegen die in der gesamten Region herrschenden Dürre und den Wassermangel helfen diese Art Niederschläge jedoch nicht wirklich. "Das sieht man eigentlich sehr gut am Jahr 2018, in dem es extrem viele Starkregenfälle gab. Dennoch war das Jahr 2018 ein Jahrhundertsommer mit extremer Hitze und Dürre", sagt Lengfeld.

Im Gegenteil: Es ist sogar so, dass Starkregen und Dürre sich gegenseitig verschlimmern. Wenn der Boden ausgetrocknet ist, kann er Regen schlechter aufnehmen. Der Boden bildet eine regelrechte Kruste, an der das Wasser abperlt. Das ist fatal besonders bei Starkregen - wenn besonders viel Wasser aufgenommen werden müsste. Die Folge: kann zu Ausspülungen kommen, zu Sturzfluten oder Überschwemmungen, weil das Wasser nicht versickert, sondern sich sammelt und abfließt. Nachhaltig mehr Wasser speichern die Böden durch diese Regenfälle so nicht. "Ich kenne das ja selbst von Bekannten, die sagen: 'Jetzt hat es doch so viel gestern geregnet, das müsste doch helfen.' Nur dem ist nicht so", sagt Lengfeld.

Aktuell ist die Situation im Erdreich in Berlin und Brandenburg daher nach wie vor angespannt. Dank eines nassen Winters ist zwar zumindest im oberen Erdreich die Menge an pflanzenverfügbaren Wassers im grünen Bereich.

Obere Bodenschicht ist durchfeuchtet
| Bild: rbb|24

Schaut man aber tiefer ins Erdreich, herrscht hier nach wie vor extreme Trockenheit. Laut Daten des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig verzeichnen weite Teile Brandenburgs extreme oder ungewöhnliche Trockenheit, wenn man auf den Gesamtboden bis 1,8 Meter schaut.

Die Forscherin Lengfeld sagt: "Wir brauchen keinen komplett verregneten Sommer, aber regelmäßigen, lange andauernden Landregen, damit sich die Lage im Erdreich merklich verbessert."

Trockenstress in Brandenburg
| Bild: rbb|24

Angesichts des Klimawandels muss in Zukunft weiter mit vielen Starkregenfällen gerechnet - und umgegangen - werden. Gegen die einzelnen Starkregenfälle lasse sich nichts machen, sagen Lengfeld und Walawender. Es könnte aber zumindest helfen, das viele Wasser erst einmal zu speichern und dann nach und nach wieder abzugeben. Das Konzept dazu nennt sich: "Schwammstadt". So baut Berlin beispielsweise unter dem Gendarmenmarkt ein unterirdisches Auffangbecken, aus dem Wasser langsam heraussickern soll.

Es bräuchte aber eben auch mehr Grünflächen, die das Wasser natürlich aufnehmen. Doch gerade in einer Stadt wie Berlin, in der aktuell um jeden freien Quadratmeter gekämpft wird, könnte es schwierig werden, deutlich mehr Platz als Puffer für die Wassermassen zu finden und zu schaffen.

Sendung: rbb24, 12.05.2023, 13:00 Uhr

81 Kommentare

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  1. 81.

    "Es lohnt sich mehr mit der Entwicklung des Menschen zu beschäftigen als mit der Erdgeschichte, wenn es um die Existenz des Menschen geht. Der Erde sind wir egal... " Das wäre ein Plädoyer für eine mehr an praktischen Maßnahmen ausgerichtete Strategie und weniger eine Strategie zur Beeinflussung des CO2-Budgets mit sehr langer Skala für evtl. Wirkungen. Den letzten Satz unterschreibe ich zu 100%.

  2. 80.

    "Böden können in unterschiedlichen Qualitäten wasserdurchlässig sein" Weite Gebiete in BRB bestehen im Untergrund aus den Sanddünenfeldern aus der letzten Kaltzeit - wir waren hier das Gebiet an der Eiskante und es lief das Warschau-Berliner -Urstromtal hier durch. Das mußte ich im Detail gerade bei einer Sanierungsfläche mal untersuchen. In diesen Sandschichten ist nicht so viel Speichervermögen für Wasser. Die Auflage an Boden ist bisweilen eher dünn.

  3. 79.

    "Aber Sie glauben ja auch, dass es gut wäre, dass der Mensch die seit 2,9 Mio Jahre stabile Eiszeit beendet, weil die "nicht Eiszeit" der "Normalfall" auf der Erde wäre." Ich glaube das nicht, ich habe das so in Isotpengeochemie gelernt. Ich würde das nicht werten wollen, ob es gut oder schlecht ist, es ist mehr eine Tatsachenfestellung an der man sein langfristiges Tun ausrichten und überdenken sollte. Die Reduktion von CO2-Produktion wird es n.m.M. nicht bringen (das sind sehr lange Skalen), es sollte mehr in konkrete Maßnahmen investiert werden, um auf evtl. Klimaumschwünge besser reagieren zu können - plötzliche Klimaumschwünge gab es in den Eiszeitaltern in beide Richtungen und die Ursachen sind durchaus noch nicht immer wirklich gut verstanden - dazu kommt jetzt dann noch die Zivilisation als Zusatzgröße.

  4. 78.

    Es gibt schon etwas mehr.

    Es gibt Anlagen zur Versickerung, Es gibt technische Möglichkeiten Regenwasser zwischenzudprichern, Es gibt Dach (und Fassaden-)Begrünung, Böden können in unterschiedlichen Qualitäten wasserdurchöässig sein, auch Straßen...

  5. 77.

    Es braucht mehr Grünflächen !!!
    Aber Grünflächen kosten nun mal Geld, machen Arbeit und benötigen Pflege.
    Also bleibt alles sowieso beim Alten: trockene Monokulturen oder trockener Asphalt ?

  6. 76.

    Gut dann präzisiere ich für Adrian.

    Wenn Sie alle Landflächen, wo die Umweltfaktoren für Wald geeignet sind an Land in Wald verwandeln reicht das niemals, um das vom Menschen zusätzlich ausgestoßene fossile CO2 wieder zu binden.

    Würde im übrigen 95% Wald in DE bedeuten. Aktuell 30%. Also selbst das Gedankenexperiment nach Umweltfaktoren reicht nicht.

    Aber Sie glauben ja auch, dass es gut wäre, dass der Mensch die seit 2,9 Mio Jahre stabile Eiszeit beendet, weil die "nicht Eiszeit" der "Normalfall" auf der Erde wäre. Nur Blöd, dass der moderne Mensch nur existiert wegen der stabilen Umweltbedingungen seit 2,9 Mio Jahre. Und die menschliche Zivilisation (Sesshaftigkeit, Ackerbau) überhaupt nur wegen der nochmaks besonders stabilen Umweltbedingungen seit der letzten Kaltzeit existiert.

    Es lohnt sich mehr mit der Entwicklung des Menschen zu beschäftigen als mit der Erdgeschichte, wenn es um die Existenz des Menschen geht. Der Erde sind wir egal...

  7. 75.

    "Wenn wir den gesamten Globus in einen Wald verwandeln haben wir noch nicht so viel CO2 gebunden wie wir in ein paar Jahren ausstoßen." Doch, das würde gut reichen - ist aber ein pures Gedankenexperiment, da das prinzipiell nicht geht (Klimazonen). Der Anteil des anthropogenen Kohlendioxidausstoßes am gesamten freien Kohlendioxid der Atmossphäre ist nicht so exorbitant hoch, wir reden immer noch von Spurengasen in der Atmossphäre. Die gebundene (chemisch oder physikalisch) Menge (anorganisch und organsich) ist um Größenordnungen höher als die freie Menge als Gas in der Atmosphäre. Ihr Gedankenexperiment wurde von der Natur annähernd mal im Karbon verwirklicht - gab als Nebeneffekt auch einen signifikant höheren Sauerstoffgehalt der Atmosphäre.

  8. 74.

    Aufforstung reicht vorne und hinten nicht. Wenn wir den gesamten Globus in einen Wald verwandeln haben wir noch nicht so viel CO2 gebunden wie wir in ein paar Jahren ausstoßen.

  9. 73.

    Gilt das mit den Veränderungen und die Angst davor auch für den Oderausbau?
    Sie merken die Brisanz mit solchen Deutungen...

  10. 72.

    Ja das stimmt ausserhalb des PIK liest man in Brandenburger Medien relativ wenig über die exzellenten wissenschaftlichen Einrichtungen. Wenn es die Probleme beim RB26 nicht geben würde, wüssten viele wahrscheinlich nicht mal, dass es in Müncheberg eine Forschungsstätte auf Weltniveau gibt.
    Da kommt das zweite b in rbb hin und wieder noch immer zu kurz. Über Brandenburg ja aber aus Brandenburg?

  11. 71.

    Also Sport ist gesund für Geist und Körper und gemessen an der "Teutonengrillware" fallen Sportfans eher wenig ins Gewicht. Trotzdem fehlt es an flächendeckenden Landregen - aber natürlich nicht während des Urlaubes.

  12. 70.

    Ich stimme zu hundert Prozent zu.
    Warum gibt es denn noch einen Welt umspannenden Profisport? Sportler ziehen schließlich Hunderttausende mit sich. Scheinbar alles egal.

  13. 69.

    „ Die größte Panik schieben die die Angst vor den notwendigen und häufig auch sinnvollen Veränderungen haben, weil sie eventuell ihren gewohnten Lebensstil anpassen müssen.“
    Genauso ist es, alles soll von „Oben“ so gemacht, dass man bloß nichts selber tun muss!

  14. 68.

    Zur ZALF habe ich weniger Kontakte aber die Hochschule in Eberswalde würde gehen. Ich frage mal rum. Schöner würde ich aber wenigstens Links zu solchen EInrichtungen in den Artikeln finden, da das doch dem rbb als Lokalsender bekannt sein sollte.

  15. 67.

    Wir brauchen noch mehr Wissen über die Gewinner des Klimawandels. Den Löwenzahn z.B.

  16. 66.

    "Die Ursache für die Häufung der Starkregenfälle ist dabei die gleiche wie für die Dürre in Berlin und Brandenburg: der Klimawandel."
    Wann kam der Anruf aus der Staatskanzlei?

  17. 65.

    Wo sehen Sie Panik.
    Ich sehe eine ziemlich entspannte Gesellschaft, die sich so langsam über die Zukunft Gedanken macht und heftig darüber diskutiert aber relativ träge agiert.
    Die größte Panik schieben die die Angst vor den notwendigen und häufig auch sinnvollen Veränderungen haben, weil sie eventuell ihren gewohnten Lebensstil anpassen müssen.

  18. 64.

    Wenn Sie dazu seriös Informationen suchen, empfehle ich beim ZALF nachzufragen oder zu suchen.
    Die betreiben neben einigen anderen im Lande Lysimeterversuche und das teilweise schon seit Jahrzehnten.
    UGT ebenfalls aus Müncheberg ist da ein passender Hersteller, Errichter und Betreiber solcher Messungen.
    Im kleinen aber auch im größeren Maßstab.
    Eberswalde (Drachenkopf) dürfte die bekannteste Messstation in Brandenburg sein.
    Schwerpunkt dort Untersuchungen für die Forstwirtschaft.

  19. 63.

    Sie behaupten alles würde irgendwann giftig.

    Stimmt schlicht nicht, wie Sie an den von mir beispielsweise genannten Gasen erkennen könnten.

    Auch 10 Vol% CO2 in der Atemluft tötet einem Menschen.

  20. 62.

    Und viele haben garkein Haus, sondern nur eine Mietwohnung, was raten Sie denen denn?

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