Geflüchtete in Brandenburg - Stübgen will Erstaufnahme-Standorte mit Containerdörfern erweitern

Fr 14.04.23 | 16:53 Uhr
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Symbolbild:Geflüchtete gehen über das Gelände der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (ZABH) des Landes Brandenburg.(Quelle:dpa/P.Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 14.04.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/P.Pleul

Die Erstaufnahme von Geflüchteten belastet die Kommunen in Brandenburg. Innenminister Stübgen will 1.500 neue Container-Plätze schaffen, die Koalition muss noch zustimmen. Die Grünen zeigen sich wenig begeistert.

  • Innenminister Stübgen will bestehende Erstaufnahme-Standorte mit Container-Dörfern erweitern
  • Ein schneller Ausbau sei nur an den schon bestehenden Standorten möglich
  • Koalitionspartner Grüne sieht in dem Vorschlag "kein Konzept" und nennt Rolle Stübgens "nur bedingt konstruktiv"
  • Auch Schließung der Erstaufnahme-Einrichtung in Doberlug-Kirchhain steht erneut in der Kritik

Zur Unterbringung der zahlreichen Flüchtlinge will der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) die Hauptstandorte der Erstaufnahme mit Containerdörfern erweitern.

An den Standorten in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree), Frankfurt (Oder) und Wünsdorf (Teltow-Fläming) sollen nach Stübgens Konzept so jeweils 500 und damit zunächst 1.500 weitere Plätze geschaffen werden, wie das Innenministerium am Freitag mitteilte. Dieser Ausbau wäre den Angaben zufolge in drei bis fünf Monaten realisierbar.

Dafür hat das Innenministerium beim Finanzministerium für dieses Jahr überplanmäßige Mittel in Höhe von gut 19 Millionen Euro beantragt. "Wir werden den Antrag kurzfristig und wohlwollend prüfen", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Ingo Decker, der Deutschen-Presse-Agentur.

Kabinett könnte am Dienstag über Ausbau beraten

"Der Bedarf ist dem Grunde nach nicht von der Hand zu weisen und das Brandenburg-Paket steht für diese Zwecke grundsätzlich zur Verfügung." Allerdings müsse auch noch der Finanzausschuss des Landtags zustimmen. Mit dem zwei Milliarden Euro starken Brandenburg-Paket will die Landesregierung die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abmildern.

Das nun beantragte Geld werde langfristig aber nicht ausreichen, sagte Stübgen rbb24 Brandenburg aktuell. Man brauch schließlich auch über 2024 hinaus zusätzliches Personal. Man hätte nun eine "Mischkalkulation" gemacht - dies sei möglich, aber unter den aktuellen Haushaltsbedingungen auch schwierig.

Der schnelle Ausbau der Unterkünfte sei nur an den Hauptstandorten der Erstaufnahme und im Wesentlichen mit Containern möglich, sagte Stübgen. Nun hoffe er auf eine schnelle Einigung innerhalb der Landesregierung. "Dann können wir im Juli damit anfangen, vor allem abgelehnte Asylbewerber nicht mehr in die Kommunen zu verteilen", kündigte der Minister an. Es wird erwartet, dass das Kabinett bereits am Dienstag darüber berät.

Die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen im Landtag hatten davor gewarnt, dass es eine zu große Konzentration an Geflüchteten in Ostbrandenburg geben könnte. Stübgen betonte, dass es eine Kabinettsentscheidung gewesen sei, nun erstmal kurzfristig 3.000 neue Plätze zu schaffen.

Eine Übergangseinrichtung auf Kreisebene sei aber ein anderes Thema, sagte Stübgen. Dies liege in der Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums. Ministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) habe "heute" (Freitag) noch Zeit, "ihren Bericht zu liefern" sagte Stübgen dem rbb. Dies werde dann bei der nächsten Kabinettssitzung kommenden Dienstag beraten.

Grüne Koalitionspartner sehen in Stübgens Vorschlag "kein Konzept"

Der grüne Koalitionspartner zeigte sich nicht überzeugt. "Was der Innenminister heute vorgelegt hat, ist nicht neu und es ist vor allem kein Konzept. Die Entlastung der Kommunen wird so nicht gelingen. Wir brauchen eine kurzfristige Erweiterung der Erstaufnahme jetzt und nicht erst im Oktober", sagte die Fraktionsvorsitzende Petra Budke dem rbb auf Anfrage. Nun würd es sich rächen, dass der Innenminister die Plätze in Doberlug-Kirchhain ohne Not aufgegeben habe, hieß es weiter.

Innenministerium erwartet 26.000 Ankommende in diesem Jahr

Mit dem Ausbau sollen in den Erstaufnahmen auch 17 weitere Arbeitsstellen geschaffen werden, unter anderem für Sozialarbeiter, Arbeitsvermittler und Psychologen. Denn die Flüchtlinge sollen künftig mindestens bis zu 18 Monate in der Erstaufnahme bleiben und nicht auf die Kommunen verteilt werden.

"Ein verlängerter Aufenthalt in der Erstaufnahme darf nicht nur auf Kosten der Betroffenen gehen", betonte Stübgen. "Deshalb werden wir den Geflüchteten verstärkt Sprachkurse und Qualifizierungsmöglichkeiten anbieten, um ihnen durch den verlängerten Aufenthalt auch Chancen auf eine künftige Beschäftigung zu eröffnen, wenn sie bereit sind, sich zu engagieren und zu integrieren."

Bis Ende des Jahres sollen zudem weitere 1.500 Plätze zur Erstaufnahme eingerichtet werden. Allerdings werde dafür noch ein geeigneter Standort gesucht, so das Innenministerium. In diesem Jahr werden 26.000 Geflüchtete erwartet - deutlich weniger als im vergangenen Jahr. 2022 wurden 39.000 Geflüchtete in Brandenburg erstmals registriert. Die Kommunen haben bereits mehrfach signalisiert, dass ihre Aufnahmekapazität erschöpft sei.

"Wir haben einen drastischen Anstieg, was die Grenze zu Polen betrifft über die Belarusroute. Das heßt, hier wird gezielt gesteuert aus Monskau und Minsk", sagte Stübgen dem rbb. "Das heißt, wir müssen uns weiter auf einen starken Zugang einstellen."

Modellprojekt für Geflüchtete ohne Bleibeperspektive geplant

Unterdessen sucht das Sozialministerium nach einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt für eine kommunale Übergangseinrichtung für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. In dem Modellprojekt sollen Flüchtlinge, die aus bestimmten Gründen derzeit nicht abgeschoben werden können, in Ausbildung oder Beschäftigung gebracht werden. Ihnen soll damit die Aussicht auf einen späteren Aufenthaltstitel oder eine Perspektive für die Rückkehr in die Heimat eröffnet werden.

Dazu sei man seit Wochen in intensiven Gesprächen mit den Kommunen, sagte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse. Ein interessierter Landkreis oder eine kreisfreie Stadt konnte aber bislang nicht präsentiert werden.

Grüne sehen Stübgens Rolle nur "bedingt konstruktiv"

Auch dies stößt bei den Grünen auf Widerspruch. "Der Wille einzelner Kommunen ist unseres Wissens nach da", sagte Budke. Die konkreten Pläne für die Modelleinrichtungen müssten aber erstmal ausreifen. "Das öffentliche Zögern der Kommunen ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass der Innenminister hier nur bedingt eine konstruktive Rolle spielt. Eine Landesinobhutnahmeeinrichtung durch die Hintertür wird es mit uns nicht geben", so Budke weiter.

Linke kritisiert Containerdörfer und sieht "sozialen Frieden gefährdet"

Die Linke-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige warf der Landesregierung "Planlosigkeit" vor und forderte eine Stabsstelle in der Staatskanzlei für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Auch sie verwies darauf, dass Stübgen die Erstaufnahme-Einrichtung in Doberlug-Kirchhain zum 30. Juni schließen wolle. "Statt in einer gut ausgebauten Einrichtung werden Geflüchtete in hastig errichteten Containerunterkünften untergebracht", kritisierte Johlige.

"Diese 1.500 Plätze jetzt einfach mal zu verkünden, die ja anscheinend noch nicht einmal
richtig abgestimmt sind in der Landesregierung, das reicht nicht aus", sagte Sebastian Walter, Co-Vorsitzender der Linken in Brandenburg. "Das verunsichert und das gefährdet auch den sozialen Frieden in diesem Land, weil er eben keine Sicherheit gibt und keine Planbarkeit. Und das ist eigentlich die Aufgabe, die ein Minister in dieser Zeit hätte", hieß es weiter.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 14.04.2030, 19.30 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    Klingt sinnvoll. Funktioniert es auch in Norwegen? Wie machen das andere Länder in Europa (nicht nur EU), wie machen das andere große Industriestaaten (mindestens USA, Kanada, Australien und Japan würde ich hinzuziehen wollen).

  2. 33.

    M.E. ist das Hauptproblem in Deutschland, die Anerkennung von Abschlüssen.
    Es dauert und dauert und wird teilweise - dann nach Monaten - abgelehnt.

    Nur ein kleines Beispiel:
    Vor einigen Jahren gab es den Fall eines Staplerfahrers aus (glaube ich, Nigeria).
    Dieser hatte in seinem Heimatland einen Staplerschein auf einem deutschen Gabelstapler gemacht.
    Jedoch wurde dieser hier nicht anerkannt.
    Warum - mir schleierhaft? Arroganz/Überheblichkeit?

    P.S. Dieses Problem gab es leider auch allzu oft bei der Anerkennung von Ausbildungen der DDR-Bürgern.

  3. 32.

    Da nehme ich aber mal an, dass in Norwegen die Voraussetzungen erfüllt sind, dass Flüchtlinge arbeiten dürfen. Hier ist das ja alles deutlich komplizierter....u.a.:

    "Üblicherweise dürfen Asylbewerber, wenn sie die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen, eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis beantragen. Nach 15 Monaten ist üblicherweise eine volle Erlaubnis möglich, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. "

    Quelle: https://www.anwalt.org/asylrecht-migrationsrecht/duerfen-fluechtlinge-arbeiten/

  4. 31.

    Warum sollte sich Frau Merkel jetzt äußern? In welcher Position?

    P.S. Sind Sie eigentlich "Dagmar"? Mit den ganzen Schreibfehlern?

  5. 30.

    Hier reden wir nicht von deutschen Staatsbürgern.

    Es geht um Flüchtlinge. Und für diese ist die Unterbringung in Containern, Zelten ect zumutbar

  6. 29.

    Eine solche Regelung gibt's in Norwegen. Wer da nach 6 Monaten sich und seine Familie dauerhaft ohne staatliche Hilfe ernähren kann, darf bleiben. Alles andere nicht

  7. 28.

    Die ganzen Ukrainer haben auch keine Bleibeperspektive. Gilt übrigens für alle Kriegsflüchtlinge. Maximale Aufenthaltszeit ist 3 Jahre.

  8. 27.

    Wann endlich erkennt die Politik, dass das Schiff voll ist.

  9. 26.

    Das ist das Problem, die Merkel ist bei besten Willen nicht zu übetrummpfen,
    Zu ihren Zeiten ging es um andere Flüchtlinge, jetzt geht es vorwiegend um Kriegsflühtlinge aus der Nachbarschaft, aber da zu scheigt sie beharlich.

  10. 25.

    Hendrik M Broder sagte letztens in einem Interview : "Deutschland nimmt zur Zeit so viele Flüchtlinge auf wie die anderen EU Staaten zusammen. Von fairer Verteilung in der EU keine Rede mehr. Deutschland wird mit der Flüchtlingspolitik allein gelassen, alle schauen nur noch weg. Wenn andere Staaten keine Flüchtlinge mehr aufnehmen ,wird das derzeit von der EU so hingenommen. Weiter sagte er," man muss sich das so vorstellen als wenn der Schaffner in einem Zug sagt es können immer nochmehr einsteigen ,obwohl er längst weiß, das der Zug eigentlich schon voll ist."

  11. 24.

    Wenn Sie ein Problem haben: Wir schaffen das! Dann reden Sie bitte mit denen dafür Verantwortlichen! Ich stand im Berufsleben u. habe mich dieser wirkl. nicht ganz einfachen Aufgabe gestellt u. am Ende auch gesundheitl. "draufgezahlt", weil es eben nicht die Lösung, die uns die Politik weismachen will. Sozialberufe wurden/werden immer noch ungut entlohnt! Setzen Sie sich mit denen auseinander, die uns Bürgern weismachen wollen, dass wir noch hilfsbereiter u. noch empathischer werden sollen. Da gibts genügend! Bbg will Personen ohne Aussicht auf ein Bleiberecht zurückführen, u. das gäbe die Rechtslage her. Wer etwas anderes will, muss die Rechtslage ändern! Alle Appelle sind an die Politik zu richten, nämlich eindeutige Gesetze zu schaffen. Das ist Sache der Politik u. nicht die des hilfsbereiten Bürgers. Und Bbg hat richtig erkannt, dass Kommunale Verwaltungen nicht nur f. Flüchtlinge tätig werden können, sondern dass andere Personen Rechte haben. Was soll daran falsch sein?

  12. 23.

    ....ich glaube nicht dass uns der größte Teil dieser Einwanderer in Bezug auf Bildung, Sprachkenntnisse und den Umgang unserer Wertvorstellungen integrieren lässt....tscha bin ich nun fremdenfeindlich, nein realistisch

  13. 22.

    Warum sollen Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive in Modellprojekten in Ausbildung oder Beschäftigung gebracht werden? Das Geld wäre besser darin investiert, daß diese Menschen unser Land auf dem schnellsten Wege verlassen.

  14. 21.

    Die Landeshauptstadt wird wieder mal systematisch verschont. Wenn man da eine Erstaufnahmeeinrichtung hätte, könnte die Landesregierung die Probleme vor Ort erleben, die es gibt für die Flüchtlinge aber auch für die Bürger.

  15. 20.

    "Wir brauchen eine kurzfristige Erweiterung der Erstaufnahme jetzt und nicht erst im Oktober", wenn das wirklich notwendig ist und sich nicht über andere Verteilungen in der EU oder mehr Zurückweisungen realisieren läßt, dann muß halt notfalls die Armee in Rekordzeit ein entsprechndes Barackendorf errichten irgendwo in Brandenburg, das sollte in Holzbausweise relativ schnell gehen, wird aber nicht gerade einen Schönheitswettbewerb gewinnen und u.U. historische Assoziationen wecken.

  16. 18.

    "Könnte man die Aufenthaltserlaubnis nicht an die schnelle Aufnahme einer Beschäftigung binden?
    Dies würde auch bei den Menschen in Deutschand deutlich mehr Akzeptanz für Flüchtlinge hervorrufen."

    Glaube ich nicht. Dann würde wieder was von die-Ausländer-nehmen-uns-die-Jobs-weg gefaselt.

  17. 17.

    Und solange wir immer und immer wieder der Welt verkünden dass Deutschland immer eine Lösung finden wird, solange geht diese Einwanderung weiter

  18. 16.

    Na dann fragen Sie mal die Rentner was die davon halten, aber nicht Böse werden nach der Antwort!

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