Interview | Karina Dörk, Landrätin Uckermark - "Wasserstoff wäre für die Uckermark die bessere Alternative"

Mo 13.01.20 | 18:21 Uhr
Karina Dörk, Landrätin im Landkreis Uckermark, im rbb-Studio Frankfurt (Oder)
Bild: rbb (Philip Barnstorf)

Elektromobilität sieht sie skeptisch und beim Gute-Kita-Gesetz fordert sie Nachbesserungen. Im Interview spricht Landrätin Karina Dörk über die wichtigsten Themen in ihrem Landkreis: Vom Breitbandausbau, über das neue Bildungsamt, bis zur Tesla-Ansiedlung.

rbb: Frau Dörk, wie ist der Stand beim Breitbandausbau in der Uckermark?

Karina Dörk: Das ist ein gigantisches Projekt für die Uckermark. 140 Millionen Euro werden verbaut. Wir werden es schaffen, dass wir die weißen Flecken mit Glasfaserkabeln versorgen und damit Betrieben und Bewohnern bessere Zukunftsmöglichkeiten verschaffen.

Wieviel muss der Landkreis zahlen?

Wir haben die Projekte überarbeitet und bekommen Gelder über die Bundes- und die Landesförderung. Wir werden als Landkreis einen Eigenanteil für die Kommunen mit übernehmen. Durch verschiedene Fördermöglichkeiten haben wir jetzt fünf Millionen Euro an Eigenmitteln zu leisten und decken damit den gesamten kommunalen Raum ab.

Wie ist der Zeitplan des Ausbaus?

Nachdem wir im September die Vergabe gemacht haben, ist es gelungen, schon im Dezember alle Verträge mit den Anbietern zu schließen. In den Verträgen sind ganz klare Vorgaben verankert.  Ich gehe davon aus, dass wir relativ zeitnah den ersten Spatenstich vollziehen können. Wir wollen dann in den kommenden 3,5 Jahren die Glasfaserförderung abschließen. Der Ausbau ist aber sukzessive. Es wird strangweise ausgebaut und gleich freigeschaltet. Es wird also nur beim letzten so lange dauern. Wo das sein wird, ist noch nicht absehbar.

Zum ersten Januar wurde in der Uckermark ein Bildungsamt geschaffen, das im März seine Arbeit aufnehmen soll. Worum geht es dabei?

Wir haben in der Landkreisverwaltung an verschiedenen Stellen Bereiche, die sich mit der Bildung auseinandersetzen: das Schulverwaltungsamt, das Kreisentwicklungsamt, aber auch das Jugendamt. Wir haben diese Strukturen jetzt gebündelt und wollen den gesamten Bildungsstrang über Kita, Schule und Ausbildung im neuen Bildungsamt so vernetzen, dass wir strategisch arbeiten können.

Warum brauchen Sie das Bildungsamt?

Wir haben über ein Bundesförderprogramm im letzten Jahr ein Bildungsmonitoring gemacht. Das hat große Herausforderungen  gezeigt, denen wir uns stellen müssen. Wir haben dann gemeinsam mit dem Bildungsministerium einen sogenannten Letter of Intent verabschiedet. Ich bin dem Bildungsministerium sehr dankbar, dass die Außenstelle des staatlichen Schulamtes nach Angermünde kommt. Da werden wir eine enge Verknüpfung mit unserem Bildungsamt suchen.

In kaum einem anderen Landkreis verlassen so viele Schüler die Schule ohne Abschluss. Ist das nicht eher der Kern der Sache?

Wir haben ein großes Problem beim Übergang von der Kita zur Schule festgestellt. 37 Prozent der Kinder haben schulrelevante Entwicklungsverzögerungen. Das ist eine erschreckende Zahl. Außerdem haben wir festgestellt, dass viele junge Menschen keine Ausbildung machen können, weil sie keinen Schulabschluss haben oder sich in anderen Problemlagen befinden. Da müssen wir gegensteuern, weil es wichtig ist, dass jeder einzelne sein Leben in die Hand nehmen kann, wenn er einen Schulabschluss hat. Auch im Hinblick auf die Wirtschaft, die nach Fachkräften sucht, ist es wichtig, dass die jungen Menschen einen Beruf erlernen und als Fachkräfte arbeiten können.

Wieso sind diese Probleme in Ihrem Landkreis so ausgeprägt?

Das liegt zum Teil an der Sozialstruktur. Die ist in der Uckermark anders als in vielen anderen Landkreisen. Wir haben mit dem Bildungsministerium auch Förderschulen diskutiert. Bei denen gibt es keinen anerkannten Schulabschluss. Dadurch haben es junge Menschen schwer, eine duale Ausbildung in einem Betrieb zu machen, obwohl sie eigentlich dazu in der Läge wären.

Zu einem anderen Thema: Das Gute-Kita-Gesetz bringt für ihren Landkreis nicht nur Gutes, oder?

Ich glaube, brandenburgweit ist das Gute-Kita-Gesetz nicht unbedingt gut, weil in der Ausfinanzierung noch einige Fragen offen sind. Im Moment bekommen Kitaträger für Kinder aus sozial schwachen Familien 12,50 Euro Monatsbeitrag. Das heißt, da läuft ein erhebliches finanzielles Defizit bei den Trägern auf.  Wir haben als Landkreis im Dezember einstimmig dafür votiert, dass wir den Trägern erst einmal für zwei Jahre 18,04 Euro dazu geben.

Aber es ist ganz wichtig, dass sich Bund und Land dieses Problem nochmal angucken und gegensteuern, denn es macht wenig Sinn, wenn die einzelnen Städte klagen, um dieses Defizit auszugleichen.

In der Uckermark gibt es viel regenerative Energie. Werden Sie daher von der Tesla-Ansiedlung profitieren?

Ich gehe davon aus, dass unsere Windenergie dadurch stärker in Anspruch genommen wird. Aber ich glaube kaum, dass sich viele Nachunternehmer in der Uckermark ansiedeln werden. Hoffnung habe ich dennoch.

Ist Elektromobilität in Ihrem sehr großflächigen Landkreis schwer umzusetzen?

Bei weiten Wegen wird die Elektromobilität sicher nur eine partielle Rolle spielen. Ich glaube aber, dass es möglich ist, Wasserstoff aus Windenergie zu erzeugen. Das wäre für unsere Region die bessere Alternative, weil man mit vernünftig komprimiertem Wasserstoff auch weitere Strecken fahren kann. Hoffentlich orientiert sich die Auto- und Schwerlastindustrie stärker in diesen Bereich.

Die Wasserstoffoffensive, die Brandenburg zur Wasserstoffregion machen will, ist der richtigere Schritt. Man muss aber das eine tun und sollte das andere auch nicht lassen.

Das Interview führte Stefan Kunze.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.1.2020, 14:10 Uhr.

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