Obstforschung in Müncheberg (MOL) - Heimische Aprikosen trotzen dem Klimawandel

Fr 08.05.20 | 19:10 Uhr
  1
Hilmer Schwärzel und Reporterin Sabine Tzitschke inspizieren Obstbäume
Audio: Antenne Brandenburg | 08.05.2020 | Bild: LVGA

Die extremen Wetterwechsel der vergangenen Monate stellen die Brandenburger Vegetation auf eine harte Probe. Während exotische Obstbäume an ihre Grenzen kommen, erweist sich in Müncheberg die heimische Aprikose als überraschend robust. Von Sabine Tzitschke

In Müncheberg (Märkisch Oderland) wächst der größte Sortengarten für Obstpflanzen in Brandenburg. Über 1.400 Baumarten, von Äpfeln, Birnen, Pflaumen bis zu Kirschen, werden hier seit 90 Jahren wissenschaftlich betreut. Die Auswirkungen des wechselhaften Klimas lassen sich an der Vielzahl der Gewächse besonders gut beobachten.

Nach einem ungewöhnlich milden Winter brachte der März neun Tage Frost mit bis zu minus zwölf Grad. Dafür war der April mit teils sommerlichen Temperaturen zu heiß und nahezu im ganzen Land frei von Niederschlägen. Extrembedingungen auch für die Vegetation. In diesem Frühjahr zeigte sich erstmals, dass nur die alten und damit heimischen Sorten ausreichend Früchte bringen. Darüber hinaus sorgte die Frostperiode für eine kleine Sensation in der Forschungsanstalt: das Wunderkind ist die Aprikose.

Südländische Sorten gegen den Klimawandel?

Auf der Aprikosenplantage von Müncheberg wachsen hunderte Bäume, kleine Stämmchen und riesige Sträucher. 20 verschiedene Sorten aus allen Teilen Europas und dem persischen Raum. Viele von ihnen sind kahl. Andere Pflanzen hingegen blühen und treiben grüne Blätter. Das reinste Glück für den Leiter des Forschungsstandortes Hilmer Schwärzel.

Die Frostnächste im März hätten den italienischen, ungarischen und französischen Aprikosen den Tot gebracht. Nicht nur die zeitigen Blüten seien erfroren, sondern oft gleich der ganze Baum. Ein Frühjahr wie 2020 führt die Menschen wieder zurück zu bewährten Standards, so der Wissenschaftler.

Regionalität im Vorteil

Das große Thema von Hilmar Schwärzel ist die Forschung an und mit Bäumen. Sein Fokus liegt dabei auf dem Klimawandel. Nach 35 Berufsjahren findet er sich nun bestätigt und sieht die Modelle widerlegt, die mediterrane Pflanzenimporte als zukünftige Alternative für die Region sehen.

Dank Schwärzels wissenschaftlicher Sammelleidenschaft für Obstbäume gibt es noch 20 Aprikosenbäume auf der Plantage, die prächtig in der Blüte stehen. Darunter sind resistente Sorten, wie Clarina, Mino und Mira. Bäume, deren Ursprünge schon im 19. Jahrhundert im Mitteldeutschen Raum liegen.

Bereits 1985 habe der Wissenschaftler aus Mutterbäume aus dem Mannfelder Land in Sachsen-Anhalt Saatgut gewonnen. In diesem Jahr könnten die Bäume aus eben jener Zucht zwischen 150 und 200 Kilogramm Aprikosen bringen. Darum empfiehlt der Experte sowohl professionellen, als auch privaten Obstanbauern ihre Lehren zu ziehen.

Die Mühe lohnt sich

Produzenten, die auf exotische Sorten mit zeitiger Blüte setzen, um die ersten auf dem Markt zu sein, werden Schwärzel zufolge immer wieder vor dem Totalverlust stehen. Denn trotz des Klimawandels, Hitze und Dürreperioden werden späte Fröste die Region auch in Zukunft nicht verschonen. Alte, heimische Aprikosensorten hätten dagegen eine bessere Chance, obwohl diese keine Plantagen-Normgrüße erreichten und schwieriger zu ernten sein.

Hoffen auf milde Nächte

Natürlich hinterlässt der Frost auch bei den heimischen Sorten seine Spuren. So seien große Teile bei Clarina und Co sind in Müncheberg erfroren und hätten bis zu 75 Prozent ihrer Blüten verloren. Trotzdem reichen die verbliebenen 25 Prozent noch immer für einen vollen Ertrag, erklärt Dr. Schwärzel. Auf weitere Frostnächte zu den Eisheiligen kann der Obstforscher allerdings gerne verzichten. Sonst sieht es auch dafür schlecht aus.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.05.2020, 13:10 Uhr

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Toll so ein riesiger Sortengarten für Obstpflanzen in Brandenburg. Es ist sehr schön, das daran schon so lange geforscht wird- sehr gute Arbeit !!! So etwas wäre wünschenswert, auch in anderen Regionen in Brandenburg. Auch die Region Ketzin/Havel, Werder/Havel, ist sehr trocken und heiß. Viele Bäume in unserer Region, gehen durch den Klimawandel kaputt. Das Havelland ist generell sehr heiß und trocken, auch bedingt durch die großflächige Landwirtschaft. Obstpflanzen und deren Erforschung, ist sehr wichtig für das gesamte Land Brandenburg. Viele Grüße und Bleiben Sie, Alle gesund.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Bild in groß
Bildunterschrift