Folgen der Corona-Pandemie - Kommunen leiden unter Steuereinbußen

Mi 03.06.20 | 12:11 Uhr | Von Tony Schönberg
Archivbild: Blick aus einem Kleinflugzeug auf die Grenzstadt Frankfurt (Oder), die direkt am Grenzfluss Oder mit seiner polnischen Nachbarstadt Slubice (r) liegt. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.06.2020 | Bürgermeister Friedhelm Boginski | Bild: dpa/P. Pleul

Seit Wochenbeginn verhandeln die Spitzen der Brandenburger Landesregierung über einen Corona-Rettungsschirm für angeschlagene Kommunen. Von Steuereinbußen in Folge der Pandemie-Maßnahmen sind auch Städte und Gemeinden in Ostbrandenburg betroffen. Von Tony Schönberg

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben seit Mitte März in nahezu allen Wirtschaftszweigen zu Einnahmeausfällen geführt. Durch den Shutdown waren besonders der Einzelhandel, die Industrie- und Handwerksbetriebe und der Tourismus in Brandenburg betroffen. Nach Angaben des Landesregierung fehlen den Brandenburger Städten und Kommunen darum nach Steuerschätzungen etwa 252 Millionen Euro an Gewerbesteuern.

Haushaltssperre in Frankfurt (Oder)

Die Stadt Frankfurt (Oder) hat nach Aussage des Pressesprechers Uwe Meier erhebliche finanzielle Schäden erlitten. Hinzu gekommen seien Mehrausgaben, wie etwa im ÖPNV, bei der Anschaffung von Schutzausrüstung oder durch das Abstrichzentrum. In der Folge verhängt Stadtkämmerin Corinna Schubert am Dienstag in Abstimmung mit Oberbürgermeister Renè Wilke (die Linke) zum 1. Juni eine Haushaltssperre. Diese gelte bis Ende 2020. Wie Schubert mitteilte, geht Frankfurt im Vergleich zum Haushaltsplan für das Jahr 2020 von Mindereinnahmen von 6,1 Millionen Euro aus. Allein die Verluste bei der Gewerbe- und Einkommenssteuer beliefen sich auf 4,2 Millionen Euro.

Mit der Sperre dürfen in allen Fachbereichen mindestens fünf Prozent weniger Ausgaben getätigt werden, als geplant waren. Weiterhin seien neue Projekte nur dann zulässig, wenn sie bereits im bisherigen Finanzplan enthalten waren.

Laut Uwe Meier wird sich die Haushaltssperre an die aktuelle Situation anpassen, wie er dem rbb am vergangenen Donnerstag gegenüber äußerte. Systemrelevante Bereiche, etwa in der Gesundheitsversorgung, würden von den Einsparungen nicht betroffen sein. Gleiches gelte für Pflichtausgaben und Instandhaltungsmaßnahmen für Kitas und Schulen.


Meier sagte: "Wir gehen davon aus, dass es uns gelingen wird, unseren Haushaltsplan bis zum Ende des Jahres wieder so in den Griff zu bekommen, dass kein Schaden über diesen Zeitpunkt hinaus entsteht."

Vom gemeinsamen Konjunkturpaket der Bundes- und Landesregierung erhofft Uwe Meier sich vor allem einen Ausgleich der verloren gegangenen Gewerbesteuer.  

Bad Freienwalder Handwerk läuft stabil

In Bad Freienwalde (Märkisch Oderland) plant Bürgermeister Ralf Lehmann (parteilos) hingegen keine Haushaltssperre. Zwar komme es auch hier besonders im Theater- und Kulturbereich sowie im Einzelhandel und Tourismus zu Einbußen, jedoch laufe die Handwerksbranche nach wie vor stabil. Die Auftragsbücher sind voll und lediglich im Lieferverkehr der Betriebe gibt es leichte Engpässe, so Lehmann am Dienstag. Bisher musste in Bad Freienwalde nur eine gastronomische Einrichtung ihr Geschäft aufgeben. Vor dem Eingang realistischer Steuereinschätzungen in den kommenden Wochen und Monaten lasse Ralf Lehmann sich auf keine Spekulationen ein und der Haushalt laufe normal weiter.

Interner Sparzwang in Schwedt

Von konkreten Zahlen spricht Riccardo Tonk, Kämmerer und Fachbereichsleiter für Finanzen in Schwedt (Uckermark). Die Mindereinnahmen der Einkommenssteuer liegen dort bei circa einer Millionen Euro. Große Unsicherheit herrsche auch bei der Gewerbesteuer.

Bis dato sei man allerdings noch im Plan-Soll und der Haushalt sei, bezogen auf die Einnahme- und Ausgabesituation, noch zu händeln. Wesentliche Reduzierungen seien Tonk zufolge in diesem Jahr nicht vorgesehen. Auch eine Haushaltssperre wie in Frankfurt stehe aktuell nicht zur Debatte. Mit Beginn der Corona-Einschränkungen verschickte der Finanzleiter jedoch am 1. April ein internes Schreiben an die Budget-Verantwortlichen der einzelnen Fachbereiche. Darin forderte Tonk die Mitarbeiter auf, Ausgaben zu prüfen und unnötige Aufwendungen zu reduzieren. Besonders neue Investitionen seien nun daraufhin genauer zu begutachten, ob diese durchführbar oder auf einen späteren Zeitraum zu verschieben seien.

Über die Haushalte der nächsten Jahre sagte Tonk, dass auf die weitere Entwicklung sowie die Programme und Zuwendungen von Bund und Land geschaut werden müsse. Riccardo Tonk hofft auf Zusagen und Sicherheiten für den in diesem Jahr beschlossenen Investitionshaushalt.

Eberswalde verabschiedet eigene Rettungspakete

"Es wird negative wirtschaftliche Folgen geben. Die Ausfälle schlagen schon in einer enormen Höhe zu Buche. In allen Bereichen gibt es Einschnitte, die wir auffangen müssen." So äußert sich Eberswaldes (Landkreis Barnim) Bürgermeister Friedhelm Boginski (FDP). Genau beziffern könne er den Schaden noch nicht. Den würde erst die Jahresendabrechnung im letzten Quartal zeigen. Eberswalde habe in den letzten Jahren zwar gut gewirtschaftet und konnte Rücklagen bilden, trotzdem könne Boginski noch keine sichere Prognose über das Jahr 2020 hinaus geben.

Allein im Tourismussektor fehlten schon jetzt Einnahmen aus Zoo, Familiengarten und den umliegenden Naturparks. Einige Hotels seien nicht aus der Krise gekommen und auch in der Gastronomie und im Handel werde es vermutlich zu Schließungen kommen. Daran würden auch die Lockerungen nichts mehr ändern.

Um möglichst viele Gewerbe zu unterstützen, hat die Stadtverordnetenversammlung bereits im April ein Rettungspaket im Umfang von 80.000 Euro für die Einzelhändler der Stadt verabschiedet, so Boginski. Ein weiteres, in Höhe von 200.000 Euro für die Unternehmen in Eberswalde, soll von den Stadtverordneten auf ihrer nächsten Versammlung am 25. Juni beschlossen werden.

Der Bürgermeister setzt neben Sparmaßnahmen bei freiwilligen Ausgaben auch in Zukunft weiter auf Zuzug und wachsende Einwohnerzahlen. Außerdem fordert Boginski bei den Staatshilfen nicht nur an die großen Wirtschaftsunternehmen, sondern auch in gleicher Weise an die Kommunen zu denken. Beim Personal in der Verwaltung soll nicht gespart werden, da auch nach der Pandemie noch große Aufgaben zu bewältigen seien.

Angermünde: weniger Geld für Straßen und Schulen

Auch in der Uckermärkischen Kleinstadt Angermünde haben die einschränkenden Corona-Maßnahmen ihre Spuren hinterlassen. Kämmerin Ingried Greschuss spricht von Verlusten bei der Gewerbesteuer von geschätzten 300.000 Euro. Dies entspräche einem Anteil von 15 Prozent. Da die Stadt allerdings nur kleine Industriegebiete habe, seien eventuell ausbleibende Zuwendungen des Landes das größere Risiko.

Sollten sich die negativen Prognosen bewahrheiten, müsste für Angermünde ein Nachtragshaushalt kalkuliert werden. Bei einem eh schon geringen Investitionsbudget, bedeutet das den Rotstift für geplante Straßen- und Brückensanierungen, so Greschuss. Ebenso könnte die Stadt einige Anschaffungen in Kitas und Schulen nicht mehr leisten. "Für 2021 wird es schon sehr sehr eng überhaupt Investitionen zu planen. Die können wir nicht aus Kassenkrediten finanzieren und unsere Liquidität reicht dafür mehr nicht aus."

Landtag berät über Rettungsschirm

Am Donnerstag will der Finanzausschuss des Landtags über einen Corona-Rettungsschirm entscheiden.  Bis zum Jahr 2022 sollen Städte und Kommunen nach derzeitigen Plänen gut eine halbe Milliarde Euro erhalten. Wie der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Steeven Bretz am Dienstag nach der Fraktionssitzung bestätigte, will die Landesregierung den erwarteten Ausfall der Gewerbesteuer in diesem Jahr zu 50 Prozent erstatten. 2021 sollen dann zwei Drittel der Steuer-Mindereinnahmen ausgeglichen werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.06.2020, 10:30 Uhr

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