Machtübernahme der Taliban in Afghanistan - "Was gerade in Afghanistan passiert, macht mir große Sorgen"

Der studierte Politikwissenschaftler Saif ist vor fünf Jahren aus Afghanistan geflohen, weil er in seiner Heimat bedroht wurde. Jetzt sorgt er sich um seine Freunde und Familie, die aus Angst vor der Taliban abgetaucht sind.
Der 39-Jährige Saif ist bereits vor fünf Jahren aus Masar-i-Scharif geflohen. Seinen Nachnamen will er aus Angst nicht nennen. Er hat in Afghanistan als studierter Politikwissenschaftler für Nicht-Regierungsorganisationen gearbeitet und schon damals wurde er bedroht. Deshalb ist er aus seiner Heimat geflohen und lebt heute in Berlin. Er kann seine Famile aktuell nur schwer erreichen, weil sie aus Angst vor den Taliban, abgetaucht sei. "Das, was gerade in Afghanistan passiert, meiner Familie, meinen Freuden, dass macht mir große Sorgen."
Auch die Bilder vom Kabuler Flughafen lassen Saif nicht in Ruhe. Er ist entsetzt, kann die Panik seiner Landsleute aber nur zu gut nachvollziehen: "Afghanen, die keine Perspektive haben, sind so verzweifelt, dass sie auf den Flügel eines Flugzeugs gestiegen sind. Bei dem Abflug sind einige Leute in den Tod gestützt."
Verein aus Bad Freienwalde kritisiert verspätete Evakuierung
Der Verein "Wir packen's an" aus Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) steht auch in Kontakt mit Afghanen, sagt die Vorsitzende Miriam Tödter: "Wir hören von afghanischen Freunden, sowohl aus Brandenburg als auch aus Berlin, dass sie versuchen, in täglichem Telefonkontakt zu ihren Familien zu sein. Das heißt, da finden Telefongespräche statt und im Hintergrund sind Schüsse und Schreie zu hören und dann bricht das Gespräch ab und dann wissen sie nicht was los ist. Haben die Schüsse ihren Angehörigen geholten, oder ist einfach mal nur wieder die Verbindung zusammengebrochen."
Der Verein kritisiert die verspätete Evakuierung von Ortskräften durch die Bundesregierung. Viele Menschen, die etwa für die Bundeswehr als Übersetzer oder Wachmann tätig waren, versuchen zu flüchten, weil sie um ihr Leben fürchten. "Ich halte es für ein absolutes Scheitern unserer Bundesregierung und dieses Außenministers. Es ist unverantwortlich, Hoffnung zu wecken vor Ort und dann die Leute so jämmerlich im Stich zu lassen", so Tödter weiter.
Zweite Bundeswehr-Maschine mit 125 Personen an Bord
Am Dienstagnachmittag ist die zweite Bundeswehr-Maschine in Usbekistan gelandet. An Bord waren laut Verteidigungsministerium 125 Personen. Die erste A400M der Bundeswehr, die in der Nacht zu Dienstag in Richtung Usbekistan startete, konnte nur sieben Menschen mitnehmen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.08.2021, 16:10 Uhr