Kreistag entscheidet im Dezember - BVB/Freie Wähler fordern weniger Beamtendeutsch in den Barnimer Behörden

Mo 28.11.22 | 17:10 Uhr
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Symbolbild: Ein Paar schaut sich am Briefkasten die Post an (dpa/Christin Klose)
Audio: Antenne Brandenburg | 28.11.2022 | Marie Stumpf | Bild: dpa/Christin Klose

Was in Kreistagen oder im Landtag beschlossen wird, bestimmt das Leben der Brandenburger. Doch viele der Beschlüsse sind oftmals so kompliziert formuliert, dass der Inhalt oft verborgen bleibt. Das wollen die BVB/Freien Wähler im Barnim jetzt ändern.

Ein Satz in den anderen verschachtelt. Einzelne Wörter zu schlangenartigen Substantiven wie "Rechts-behelfs-belehrung" aneinandergereiht. Oder unverständliche Zitate aus Paragrafen. Die Sprache in deutschen Behörden sucht ihresgleichen. Häufig sorgt sie für Unverständnis und bringt so manchen zum Beispiel beim Routinebesuch auf dem Amt oder bei Veröffentlichungen im Amtsblatt zur Verzweiflung. Deswegen fordern die BVB/Freie Wähler im Barnim, dass Beschlüsse künftig auch in leicht verständlicher Sprache zur Verfügung stehen sollten.

Inhalt verschwindet in den Ketten-Sätzen

Ein Blick in den aktuellen Haushalt des Landkreises zeigt das Problem. So heißt es zum Beispiel in einer Passage zur Jugendhilfe:

"Das Jugendamt leistet ambulante Hilfen im Bereich der Schulplanung. Aufgrund des Rechtsanspruches auf Beschulung an Regelschulen für Kinder und Jugendliche mit Anspruchsgrundlage nach § 35a SGB VIII in Verbindung mit einem Sozialpädagogischen Gutachten (bei vorliegender Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) ist eine Fallzahlverringerung nicht möglich."

Kauderwelsch! Niemand versteht, den genauen Inhalt. "Da ist nur Komma an Komma an Komma. Dann beziehen sie sich auf den Anfang des Satzes und man weiß schon nicht mal mehr, was dastand", fasst eine Bernauerin nach dem Lesen der Textpassage zusammen.

Leichte Sprache kostet Geld

Doch in Bernau soll mit dem Amts-Kauderwelsch bald Schluss sein. Denn bereits ab dem kommenden Jahr sollen es die politischen Beschlüsse auch in leicht verständlicher Sprache geben. Aktuell suchen die Verwaltungsmitarbeiter dafür Übersetzungstools im Internet, erklärt Pressesprecherin Linda Standhardt dem rbb. "Wir suchen Werkzeuge, wo wir einfach diese Texte einspeisen können. Sie werden übersetzt und man kann einfach mit kleinen Hilfestellungen nachjustieren, sodass sie in einfach und verständlich formulierte Sprache umformuliert werden."

Für solche Tools muss aber zunächst einmal Geld in die Hand genommen werden. Gleiches gilt für das Amtsblatt: Die darin veröffentlichten Beschlüsse sollen ab dem nächsten Jahr in zwei Versionen abgedruckt werden: eine einfache und die komplizierte. Dadurch dürfte das Amtsblatt allerdings um einiges umfangreicher ausfallen. Für die Stadt heißt der Mehrkosten von rund 3.000 Euro pro Auslage.

Exakte Formulierungen für Rechtssicherheit

Angesichts dessen stellt sich die Frage, warum Politikerinnen und Politiker nicht gleich verständlich schreiben? "Es ist nun mal so, dass es bestimmte Rechtsformen gibt, beispielsweise bei Satzungen oder wenn auf Gesetze Bezug genommen werden muss", sagt Péter Vida von den Freien Wählern und Bernauer Stadtverordneter. "Wenn die dann nicht formal korrekt formuliert werden, kann es eventuell im Rahmen eines Klageverfahrens angegriffen werden." Aus diesem Grund muss das traditionelle Behördendeutsch in den Beschlüssen wohl erst einmal bestehen bleiben.

Trotz allem wollen die Mitglieder der BVB/ Freien Wähler dafür jetzt durchsetzen, dass es wenigstens zusätzlich auch eine Version in einfacher Sprache gibt - nicht nur in Bernau, sondern im ganzen Barnim. Über den Vorschlag wird dann der Kreistag voraussichtlich am 7. Dezember abstimmen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.11.2022, 14:10 Uhr

Mit Material von Marie Stumpf

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich hoffe, die BVB/Freie Wähler setzen sich auch dafür ein, dass das Gendern in Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften unterbleibt!
    Die - schon in ungegendertem Hochdeutsch abgefassten - Regeln sind hochkomplex und schwierig zu verstehen und bieten eine weiten Interpretationsspielraum.

    Diese Vorschrift:innen mit - vermeintlich geschlechter:innenneutralen:innen - gegenderten Wörter*innen zu versehen, wird kaum zu einer besseren Verständlichkeit:innen derselbe:innen beitragen!
    Und es wird die Präsenz von Frauen in der Sprache nicht verbessern...

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