Weniger Mitglieder, verfallene Anlagen - Verbände in Ostbrandenburg beklagen Bedeutungsverlust der Leichtathletik

Immer weniger junge Menschen in Brandenburg interessieren sich für die Leichtathletik. Das berichten Vereine mit Blick auf den Nachwuchs. Die Gründe dafür liegen an mangelhafter Repräsentation, Konkurrenz zum Fußball und vor allem am Geld.
Aktuell messen sich die besten Leichtathletinnen und -athleten der Welt im ungarischen Budapest. Doch beim Blick in den Medaillen-Spiegel ist Deutschland nur schwer zu finden - bislang steht das Team noch komplett ohne Edelmetall da [sportschau.de]. In Brandenburg fürchten viele Vereine längst um den Stellenwert der Leichtathletik.
Immer weniger Vereine mit Leichtathletik-Abteilungen
Denn mittlerweile hat der Sport in der Region deutlich an Bedeutung verloren und wird oft nur noch in der Schule betrieben. Das berichtet auch Manja Lindner vom Kreissportbund Märkisch-Oderland. "Wir haben weniger Sportlerinnen und Sportler, die Leichtathletik betreiben und in Märkisch-Oderland nur noch vier Vereine mit kleinen Abteilungen. Daher glaube ich, dass wir in Brandenburg und im Oderland weniger Leichtathleten haben als vor 20 Jahren."
Gleiches weiß auch Clara Bechly zu erzählen. Sie ist die Leichtathletik-Chefin vom Sportclub Frankfurt (Oder). Gerade einmal 100 Mitglieder zählt ihre Abteilung noch. Vor allem der Nachwuchs fehlt, obwohl es genug Kinder gebe. Der Mangel wirft Fragen auf. "Wir können nur Vermutungen anstellen, dass gerade durch die Corona-Zeit viele gemerkt haben, dass sie sich zu Hause beschäftigen können und keine Lust mehr haben, rauszugehen", sagt Bechly. "Wir haben die neuen Medien, die für Kinder viel spannender sind."
Geld-Mangel, kaputte Sportanlagen und wenige Wettbewerbe
Doch die Gründe für das Tief im Sport auf der Bahn, in der Sprunggrube oder im Wurfkreis sind vielfältiger. Laut Bechly fehlt es grundsätzlich auch an Geld. Abseits vom Fußball Sponsoren zu finden, sei besonders in einem Flächenland wie Brandenburg nur schwer möglich. Der Schritt in den Profi-Sport gelingt oft nur mit Bundeswehr oder Polizei als Arbeitgeber im Rücken.
Zudem gebe es mittlerweile auch schlicht weniger Wettbewerbe und gezielte Förderung in der Schule, womit auch die Leichtathletik weniger präsent ist, so die Frankfurterin. "Damals gab es die Spartakiaden und so weiter, wo noch jeder von der Schule quasi gezwungen wurde, daran teilzunehmen. Das gibt es einfach gar nicht mehr. Wir hatten früher noch die Kinder- und Jugendspiele in Frankfurt, die es auch nicht mehr gibt. Jetzt haben wir noch die Kinder- und Jugendspiele im Land Brandenburg, wo aber nur noch wir vom Verein aus hinfahren."
Auf Schulebene gebe es hingegen wenige Abordnungen. Dies liege zum Teil auch an der Lehrerschaft. So sei diese laut Clara Bechly - selbst Grundschullehrerin - im Alltag mit immer mehr Aufgaben belastet, sodass neben dem Unterricht kaum Zeit, etwa für Wettkämpfe am Wochenende, bleibe.
Hinzu kommt, dass auch die Sportanlagen im Land häufig in einem schlechten Zustand sind, sagt Manja Lindner vom Kreissportbund Märkisch-Oderland. Selbst an den Schulen sei die Leichtathletik im Sportunterricht so eingeschränkt.
Leichtathletik nicht mehr modern?
Eine wichtige Rolle spiele zudem die Mentalität der Kinder. "Leichtathletik ist an sich vielleicht gar nicht mehr modern und eine technisch belastete Disziplin", sagt Lindner. "Das heißt man muss sehr hart arbeiten. Sport hat auch etwas mit Leistung zu tun und ist ein typischer Wettkampf mit objektiven Ergebnissen. Wir müssen den Kindern beibringen, dass auch wenn man nicht gut war, trotzdem wieder hingeht." Dafür seien aber auch engagierte Übungsleiter notwendig. Auch dort fehle es zunehmend an Personal. Und diejenigen, die sich engagieren, tun dies oft ehrenamtlich.
Trotz vieler Baustellen ist die Hoffnung für die Leichtathletik nicht verloren. Junge Sportler aus dem Oderland und Oder-Spree waren bei den letzten Landes- und Deutschen Meisterschaften erfolgreich am Start. Doch um auch zukünftig oben mitzumischen, brauche es weiterhin Engagement. "Es gibt in Brandenburg gute Ansätze, wie der Landessportbund mit der Talentiade oder 'Jugend trainiert für Olympia', wo wir Sportarten wie Leichtathletik wieder unter die Kinder bringen", so Lindner. "Doch bei so etwas muss mehr investiert werden, dass wir der Jugend solche Ereignisse auch präsentieren."
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.08.2023, 16:40 Uhr