Oderausbau und Polen - Linke im EU-Parlament fordert schnelle Gesetzeseinführung plus Moratorium

Polen treibt trotz entsprechender Baustopps durch landeseigene Gerichte den Oderausbau immer weiter voran. Jetzt kommt die europäische Linke mit einer neuen Idee, Polen zum Umlenken zu bewegen.
Trotz gerichtlicher Anordnungen zum vorläufigen Stopp des Oder-Ausbaus treibt Polen die Arbeiten am Fluss immer weiter voran. Helmut Scholz von der Linken Fraktion im EU-Parlament fordert deshalb nun eine schnelle Umsetzung des EU-Renaturierungs-Gesetz.
Linke will Gesetzeseinführung beschleunigen
Bei einem weiteren Ausbau könnte Polen dann unmittelbar vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. "Also sowohl von der EU-Kommission als auch vom EU-Parlament aber auch aus mitgliedstaatlicher Ebene, denn das wäre eine direkte Vertragsverletzung", sagte Scholz dem rbb. "Das hätte wahrscheinlich viel eher weitreichende Durchsetzungsmöglichkeiten zur Folge als das, was gegenwärtig auf die Vertragsverletzungsverfahren hinsichtlich der Rechtsprechung in Polen auf den Weg gebracht wurde", sagte Scholz dem rbb.
Zuletzt hatte die Grünen-Fraktion im EU-Parlament die Einleitung eines sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens gefordert.
Nach den Plänen der EU-Kommission soll das Renaturierungs-Gesetz bis 2030 kommen und für mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete Wiederherstellungsmaßnahmen vorgeben. Mitte Juli hatten sich die Abgeordneten des Europaparlaments nach wochenlangen Debatten für das Gesetz ausgesprochen. Das Vorhaben könnte damit noch vor den Europawahlen im kommenden Jahr verabschiedet werden.
Trotz mehrerer Gerichtsentscheidungen lenkt Polen nicht ein
In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere polnische Gerichtsurteile gegeben, die einen Baustopp an dem Grenzfluss verhängt hatten. Zuletzt hatte das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau Anfang März entschieden, dass der Oderausbau gestoppt werden muss. Damit ist eine Beschwerde von polnischen Behörden gegen ein Urteil vom Dezember abgewiesen worden.
In der Begründung hieß es, dass die Bauarbeiten zunächst gestoppt werden müssten, da das Gericht nicht ausschließen könne, dass irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Auch das Umweltministerium von Brandenburg hatte gegen den polnischen Umweltbescheid für die Ausbauarbeiten Klage eingereicht.
Ein Moratorium wäre eine weitere Idee
Für Scholz ist Polens Vorgehen ein Unding: "Ich selber sehe das als gravierendes Problem der Verletzung europäischer Gesetzgebung und Rahmenrichtlinien, die wir erlassen haben in Bezug auf den Schutz der Ökosysteme." Es sei für ihn vollkommen unverständlich, warum sich die polnische Regierung und alle Behörden, die mit dem Oderausbau befasst sind, "selbst nicht an polnisches recht halten". Das sei schon sehr befremdlich. Scholz vermutet, das wirtschaftliche Eigeninteressen der vorrangige Treiber sind.
Letztlich müsste man auch über ein Moratorium nachdenken, so der EU-Abgeordnete, um damit gegebenenfalls den Oderausbau zu stoppen. Polen und Deutschland hatten sich nach Angaben von Helmut Scholz 2015 auf ein Abkommen zur gemeinsamen Verbesserung der Situation der Wasserstraßen an den Wasserstraßen im deutsch-polnischen Grenzgebiet [bgbl.de] geeinigt. "Das müsste jetzt in ein Moratorium übersetzt werden. Ich kann da nur der Bundesumweltministerin Lemke mehr Durchsetzungsvermögen wünschen, dass sie in der Bundesregierung dieses Moratorium auf den Weg bringt", so Scholz.
Sendung: Antenne Brandenburg, 05.09.2023, 08:30 Uhr