Hochwasserschutz als Vorwand - Polnische Regierung ignoriert gerichtlichen Stopp für Oder-Ausbau

Di 09.05.23 | 17:10 Uhr
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Bagger beim Oder-Ausbau in Polen bei Frankfurt (Oder)
Audio: Antenne Brandenburg | 09.05.2023 | Fred Pilarski | Bild: rbb

Trotz Gerichtsbeschluss werden die Bauarbeiten am Oderufer forgesetzt. Laut der polnischen Regierung sind die Baggerarbeiten aus Sicherheitsgründen notwendig. Der Zustand des Flusses ist am Dienstagabend auch Thema einer Diskussionsrunde.

Die umstrittenen Bauarbeiten am polnischen Oderufer werden fortgesetzt - obwohl das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau das im März untersagt hatte. Der für die Ausbauten zuständige Staatssekretär Marek Grobarczyk der national-konservativen Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) sagte einem polnischen Radiosender am Montag, dass er das Urteil auch weiterhin ignorieren wird.

Antenne Stammtisch am Dienstag

Der Oder-Ausbau und die Zukunft des Grenzflusses nach der Umweltkatastrophe im vergangenen Sommer werden am Dienstagabend auch beim Antenne-Stammtisch thematisiert. Bei der Gesprächsrunde diskutieren Experten und Anlieger über Perspektiven des Tourismus und die Fischerei in der Region.

Mit dabei sind unter anderem Dirk Teichel, Leiter des Nationalparks Unteres Odertal sowie Thomas Volpers vom Aktionsbündnis Lebendige Oder. Der Stammtisch aus dem Kienitzer Gasthaus "Zum Hafen" wird ab 18:30 Uhr bei rbb|24 und "Antenne Brandenburg" live gestreamt.

Er wolle demnach zwar keinen Streit mit den Gerichten, sagte Grobarczyk dem Privatsender RMF FM [rmf24.pl]. Die Steinaufschüttungen müssten nun aber gesichert werden, sonst könnte Hochwasser Brücken oder Schleusen beschädigen, argumentierte der Politiker. "Die Investition muss abgeschlossen werden, weil sie aus Sicherheitsgründen notwendig ist", sagte er. Schon im März hatte Grobarczyk die Forderungen des Gerichts auf Twitter [twitter.com/marekgrobarczyk] als "idiotisch" und "radikal" bezeichnet.

Im Gespräch am Montag verwies Grobarczyk nun zudem auf aktuelle Sanierungen für den Hochwasserschutz in Frankfurt (Oder). Dort wird die alte, verrostete und aus den 1950er Jahren stammende Spundwand auf 370 Metern Länge durch eine Bohrpfahlwand aus Beton ersetzt. Dazu sagte der PiS-Politiker: "Dort gibt es kein Problem. Das Problem liegt nur auf polnischer Seite."

Sorge wegen ökologischer Folgen

Das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau hatte Anfang März entschieden, dass der Oder-Ausbau gestoppt werden muss. In der Begründung hieß es, dass die Bauarbeiten zunächst gestoppt werden müssten, da das Gericht nicht ausschließen könne, dass irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Eine endgültige Entscheidung muss das Gericht noch in einem Hauptverfahren treffen, der Termin dafür steht noch nicht fest.

Geklagt hatten mehrere Umweltorganisationen per Eilverfahren. Auch das Brandenburger Umweltministerium hatte gegen den polnischen Umweltbescheid für die Ausbauarbeiten Klage eingereicht. Die polnische Wasserschutzbehörde hatte Widerspruch eingelegt und weitergebaut.

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.05.2023, 10:30 Uhr

30 Kommentare

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  1. 30.

    Steht auch im Artikel. Da geht es nicht um Dicherheit oder Hochwasserschutz.

    Noch nie haben Erhöhung der Fließgeschwindigkeit oder auch Flussbegradigungen etc. beim Hochwasserschutz geholfen, sogar eher geschadet.

    Aber hat jemand von der PiS Regierung was anderes erwartet? Anti-EU, Anti-DE Stimmung machen ist deren Kernkompetenz und es wird in Polen bald gewählt.

  2. 29.

    Danke für die Infos!
    Kurze Nachfrage: Also ist das Argument der "Sicherung von Brücken und Schleusen" wirklich nur vorgeschoben?

  3. 28.

    Sorry, hatte ich überlesen, dass oberste Verwaltungsgericht ist ja schon die Berufungsinstanz und damit der Beschluss sowieso rechtskräftig.
    @Dominik, hat's in #26 bereits richtig gestellt.

  4. 27.

    Sie irren bei einer einstweiligen Vergügung ist es genau umgedreht. Die ist sofort und solange rechtskräftig, solange keine höhere Instanz diese wieder aufhebt.
    Das ist ja der Sinn und Zweck einer einzweiligen Verfügung.

  5. 26.

    Noch ein Rechtsexperte mit gestörter Lesekompetenz.

    "Das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau hatte ...entschieden, dass der Oder-Ausbau gestoppt werden muss. In der Begründung hieß es, dass die Bauarbeiten zunächst gestoppt werden müssten, da .... irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Eine endgültige Entscheidung muss das Gericht noch in einem Hauptverfahren treffen..."

    Dagegen gibt es kein Rechtsmittel. Vorläufiger Baustopp ist Baustopp.

  6. 25.

    Mensch da hat einer richtig Ahnung. Die Wirtschaft bedankt sich.

    Von Harmonisierung keine Ahnung, von Fachbegriffen noch weniger. Gesetze machen tatsächlich die Staaten, die EU macht Richtlinien und Verordnungen, ich wette Sie kennen den Unterschied nicht.

  7. 24.

    Das Urteil ist erst dann rechtskräftig, wenn die Rechtsmittel dagegen erschöpft sind.

  8. 23.

    Ja so ist es. Aber ich denke in Zusammenfassung aller Ereignisse muss sich ersteinmal Polen bewegen. Denn da ist ja immer noch das Salzlakeproblem und die noch austehenden, aber sich bereits entwickende, Dürre.
    Punkt 2, die eigenen Gerichtsurteile müssen respektiert werden, dass das mind. für ein EU-Mitglied, welches sich Rechtsstaat nennt.
    Und 3. haben wir hier einen klassischen Nachbarkonflikt zwischen zwei EU-Mitgliedsstaaten, da MUSS dann auch die EU vermitteln und sozusagen den Moderator in Sachen Oderausbau spielen.
    Punkte 1 bis 2, sind für mich eigentlich selbstverständlich für ein Land, welches angeblich die europäischen Werte teilt, Punkt 3 ist meine persönliche Meinung zur Vermittlung.

  9. 22.

    Das Problem hierbei ist, dass durch die Erneuerung dieser Regulierungsbauwerke, der Fluss auch verengt wird. Dadurch erhöht sich die Fließgeschwindigkeit, was die Lebensraumbedingungen in der Oder ändert und der Fluss vertieft sich. Dadurch sinkt der umgebende Grundwasserspiegel. Fazit: Gut für Binnenschifffahrt und evtl. Bauern, die weiter an die Oder rücken können, fatal für den Fluss, die Auenlandschaft und die Naturregion als solche, egal auf welcher Landesseite.

  10. 21.

    Die Gräben scheinen eher tiefer zu werden zwischen Pl und D bei der Oder. Ich kann mir nur noch schwer vorstellen, wie man bei so weit divergierenden Ansichten bezüglich Nutzung der Oder (die sich auch immer mehr voneinander entfernen) noch sinnvoll miteinander reden kann.

  11. 20.

    Hier geht es einigen augenscheinlich nicht mehr um die Sache. Es geht um das (falsche) politische Diskreditieren ohne den geringsten Bezug, aber um fatale Zuordnung um Argumente schlecht aussehen zu lassen. Damit ist die Unterhaltung am Ende.

  12. 19.

    Hackt es jetzt eigentlich nur noch?? Es gibt ein rechtskräftigen Beschluss des zuständigen polnischen Gerichts, dass die Bauarbeiten vorerst einzustellen sind.
    Ich glaub ich stehe hier im Wald und sowas will Mitglied der EU sein. Und PIS bekommt von Leuten wie ihnen auch noch Applaus, wenn sie einfach mal kurze Hand, die Dinge selbst in die Hand nimmt und ihre eigene Rechtssprechung ignorieren.
    Mir schwant sowieso in welche Richtung sich unsere europäischen Werte zukünftig hin entwickeln werden, wenn unsere EU-Präsidentin sich um alles mögliche kümmert, die Chinesen maßregelt, aber ihren eigenen „Saustall“ nicht mal sauber halten kann.

  13. 18.

    "Diese Regierungen haben als erstes das Wohl ihrer Bürger und ihrer Länder im Auge und folgen nicht blindlings jedem Irrsinn der EU, erst an zweiter Stelle wollen sie dann das Klima und die Welt retten."

    Was für ein Unsinn, diese Regierungen haben in erster Linie ihr eigenes Wohlergehen im Sinn!

  14. 17.

    Gibt genug Expertise. Die wollen sie nur nicht wahrnehmen. Auf geht's, zerstören wir den nächsten Fluss......

  15. 16.

    Diese Regierungen haben als erstes das Wohl ihrer Bürger und ihrer Länder im Auge und folgen nicht blindlings jedem Irrsinn der EU, erst an zweiter Stelle wollen sie dann das Klima und die Welt retten.

  16. 15.

    So ganz eindeutig ist das "Problem" für mich nicht.

    Hier ist die Rede von: "... Die Steinaufschüttungen müssten nun aber gesichert werden, sonst könnte Hochwasser Brücken oder Schleusen beschädigen, argumentierte der Politiker. "Die Investition muss abgeschlossen werden, weil sie aus Sicherheitsgründen notwendig ist", sagte er. ..."

    Zählt diese "Sicherung" als Oder-Ausbau?
    Mein Denkfehler?

  17. 14.

    Ihnen ist aber schon aufgefallen, dass die polnische Regierung eben diese eigenen Gesetze ignoriert?

  18. 13.

    Sie stellen sich doch gerade über unseren Nachbarn, indem sie über dazu auffordern, polnische Gerichte zu ignorieren. Einfach weil Ihnen die PiS politisch nahe steht.

  19. 12.

    Das Problem ist nicht die EU, die reagiert wenn auch langsam. Das Problem sind rechte, nationalistische Regierungen wie in Polen oder Ungarn.

  20. 11.

    Cool diese Eu , es gibt Geber und es gibt Nehmerländer und es gibt Polen.
    Hand aufhalten und wenns geht Millionen rausquetschen.
    Wat sind wir Doof.

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