Zahl der Vögel geht stark zurück - Weißstörche finden in Brandenburg und Polen kaum noch Futter

Mi 31.05.23 | 13:11 Uhr
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Archiv: Bad Freienwalde: Der Weißstorch «Kurtchen Rotschnabel», wie er liebevoll von den Einwohnern in Bad Freienwalde genannt wird, fliegt über eine Wiese. (Foto: dpa)
dpa
Video: rbb|24 | 26.05.2023 | Material: Team Kowalski | Bild: dpa

Der Weißstorch gehört zu Polen - das ist und war eigentlich schon immer so. Doch in den letzten Jahren ist die Zahl der Vögel dort stark zurückgegangen. Woran liegt das und was bedeutet das für ihre Artgenossen in Brandenburg?

Nach Spanien leben nirgendwo anders auf der Welt so viele Weißstörche wie in Polen. Daher gilt unser Nachbarland als das Land der Störche. Gut ein Viertel der gesamten Storch-Weltpopulation hat dort seine Heimat. Doch die Zahlen der hier lebenden Störche geht seit Jahren zurück.

"Landesweit haben wir 20 Prozent der Storchenpopulation verloren. Im Südwesten Polens haben wir in den letzten 20 Jahren sogar 35 Prozent der Population verloren", sagte Storchenforscher Krzysztof Gajda dem rbb. Und das hat seine Gründe: Viele Nester sind dieses Jahr in Polen leer geblieben. Wo früher wilde Feuchtwiesen waren, findet man heute Mais-Monokulturen. Die Störche fänden also kaum noch Futter, sagte Gajda. Gründe dafür sind etwa der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Aber auch der Klimawandel mit seinen zunehmenden Hitze- und Dürre-Perioden.

Müll steht jetzt auf Speiseplan

Viele dieser Tiere müssten sich also anpassen, um nicht zu verhungern. So würden sie mittlerweile auch Müll fressen, Deponien sicherten polnischen Störchen zunehmend das Überleben. Vergiftungen blieben da nicht aus, so Gajda. Neben dem Monitoring der Bestände versuchen lokale Umweltbehörden dem Populationsrückgang mit künstlichen Nistgelegenheiten entgegenzuwirken. Mehr Frösche und Insekten werden die Störche dadurch wohl nicht für die Küken-Aufzucht finden.

Weniger Störche in Polen wirken sich auch auf Brandenburg aus

Das hat auch Auswirkungen auf den Brandenburger Bestand, der immer weniger durch die polnische Population gestärkt wird. Zwischen 2014 und 2022 sank die Zahl der hier lebenden Störche laut Naturschutzbund (Nabu) um zehn Prozent.

Das vergangene Jahr sei durch Trockenheit für den Nachwuchs ein schlechtes gewesen, sagte der Nabu-Weißstorchexperte für Südbrandenburg, Holger Teichert. Die Zahl der Jungstörche sei im Süden Brandenburgs um etwa zehn Prozent gesunken. Nahrungsmangel habe dazu geführt, dass Weißstörche ihre Jungen teilweise nicht mehr aufziehen konnten. Das Wasser in nahen Gräben habe gefehlt und es habe weniger Würmer und kleine Insekten gegeben. "Störche, die nicht satt werden, entfernen Jungtiere", erklärte Teichert.

Unterschiedliches Überwinterungsverhalten der Störche

Das sei deutschlandweit aber kein einheitlicher Trend, wie Nabu-Storchenexperte Kai-Michael Thomsen erklärte. Derzeit leben knapp 10.000 brütende Weißstorchpaare in der Bundesrepublik. Gerade in den westlichen Regionen Deutschlands sei die Populationsentwicklung sehr positiv. Dies liege am unterschiedlichen Überwinterungsverhalten der Tiere. Diese zögen westwärts nur noch bis Spanien oder Frankreich. "Ein Storch, der im Westen Deutschlands brühtet, braucht nur 2.000 Kilometer zu fliegen, um in sein Überwinterungsgebiet zu kommen", so Thomsen.

Dies bestätigte auch Holger Teichert vom Nabu. In Spanien oder Frankreich suchten sie meist Platz in der Nähe von Müllkippen. "Ein Festessen, dort gibt es Ratten und Mäuse. Allerdings lauern auch Gefahren, denn Störche können sich an Plastikmüllresten verletzen", so Teichert.

Westziehende Störche strecken Fühler auch nach Brandenburg aus

Zusätzlich setzten der Klimawandel und der Anbau von landwirtschaftlichen Monokulturen den Störchen zu, ergänzte Kollege Thomsen. In Zukunft rechnet der Storchenexperte deshalb mit einer weiteren Ausbreitung der westziehenden Tiere. "Das wird dann auch dazu führen, dass Ostdeutschland von den westziehenden Störchen stärker besiedelt wird. Das merken wir eben schon", so Thomsen weiter.

Wie sich hingegen die Zahlen der ostziehenden Tiere entwickeln wird, das hänge laut Thomsen von verschiedenen Faktoren ab - wie etwa der Klimaentwicklung in Ostafrika und dem Ausbau der Landwirtschaft.

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.05.2023, 15:40 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Wir haben letztes Jahr zusammen mit dem Nachbarn ein Storchennest gebaut und aufs Dach gestellt. Seit ein paar Tage ist tatsächlich ein Storch da. Leider ist er noch nicht richtig fest hier.Ich denke der Partner Inn fehlt noch. Hoffentlich klappt es noch mit dem Nachwuchs. Es wird knapp.


  2. 7.

    Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Fast 10 Milliarden Menschen verdrängen alle anderen Arten und tragen massiv zum Klimawandel bei - allein durch ihre Menge.

  3. 6.

    Mein lieber Herr Gesangverein , da haben Sie ja mal ganz,ganz tief in die Polemikkiste gegriffen.
    Bewegen Sie sich raus in die Brandenburger Prärie ,beobachten Sie Störche ,Reiher ,Fasane ,Rebhühner etc. inmitten teils intensiver landwirtschaftlicher Nutzung . Nicht jeder polemischer Propaganda glauben ! Landwirtschaftliche Nutzung ist der Schlüssel zur landeskulturellen Nutzung .Pflege ,Regelmäßiges Mähen und Abtragen fördert Bruträume und nicht der Selbstüberlass.

  4. 5.

    Die Artenvielfalt wird immer weniger, nur Menschen werden immer mehr. Grauenhaft.

  5. 4.

    Offenkundig ist Ihnen der Unterschied zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und Balkonen nicht bekannt. Würden Sie sich so intensiv mit Landwirtschaft beschäftigen, wie Sie sie verteufeln, wäre Ihnen klar, was es heute bedeutet, eine Landwirtschaft zu betreiben. Da brat' mir einer einen Storch - oder was essen Sie so?

  6. 3.

    Der Mensch ist auf diesem Planeten der Einzige, der die Lebensgrundlage aller zerstört. Und statt mal etwas daran zu ändern, wird immer nur herum gejammert, bloß keine Veränderungen! Mir tut es um die schwindende Artenvielfalt sehr sehr leid.

  7. 2.

    Schiebt es bloß nicht den Bauern, die unsere Umwelt vergiften und riesige Monokulturen anbauen, für dass sie wiederum Trinkwasser verschwenden und "Nassflächen trockenlegen, um Billigfutter für Menschen zu produzieren, in die Schuhe. Die müssen schließlich Geld verdienen, dass sie dann irgendwann fressen können!

  8. 1.

    :D, na das ist ja mal ein passender (Nach-)Name für den Beitrag!
    Zuletzt gesehen: 5 Stck auf einem Feld bei Blankenfelde und 2 Stck auf einer Wiese in Nuthe-Nieplitz.
    Dazu sehr viele Greifvögel (Milane/Bussarde) und stets auch Reiher und Kraniche.

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