Kampf gegen Klimawandel - Was Ostbrandenburg zum Klimapaket sagt

Do 10.10.19 | 16:12 Uhr
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Windenergieanlagen des Windparks Odervorland in Sieversdorf (Quelle: dpa/Pleul)
Bild: dpa/Patrick Pleul

Sprit und Flüge werden teurer, Elektroautos und Bahntickets günstiger. Die Bundesregierung hat neue Maßnahmen zum Klimaschutz beschlossen. In Ostbrandenburg gehen die Meinungen dazu auseinander. Von Philip Barnstorf

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch neue Maßnahmen zum Klimaschutz verabschiedet. Geplant sind eine CO2-Abgabe für Unternehmen, höhere Kfz-Steuer für besonders spritfressende Neuwagen und teurere Flugtickets. Auch sollen Ölheizungen verboten werden. Vorgesehen sind außerdem Fördermaßnahmen: Elektroautos sollen von der Kfz-Steuer ausgenommen werden. Die Pendlerpauschale soll steigen und Bahnfahren günstiger werden.

Auch sollen der Ausbau erneuerbarer Energien und klimafreundliche Haussanierungen gefördert werden. So will die Bundesregierung die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um gut die Hälfte im Vergleich zu 1990 reduzieren. Als Nächstes werden Bundestag und Bundesrat das Paket diskutieren.

Sorgen im Kleingewerbe

Was bedeuten diese Maßnahmen für Ostbrandenburg? Paul Marczuk handelt mit Gebrauchtwagen in Frankfurt (Oder). Er sieht das Klimapaket kritisch: "Die Debatte in den Medien verunsichert die Leute. Die wollen dann keine Autos mehr kaufen. Das Geschäftsjahr 2019 lief bisher ganz schlecht", sagt der 31-Jährige. Auch bei Elektromobilität ist er skeptisch. Elektroautos seien viel schwerer zu reparieren als Autos mit Verbrennungsmotoren. Deshalb rechnet Marczuk sogar damit, dass es in 20 Jahren keine Gebrauchtwagenhändler mehr geben wird.

Schaden für Logistikbranche?

Auch Jens Jankowski von der Industrie und Handelskammer Ostbrandenburg sieht dem Klimapaket sorgenvoll entgegen. Besonders durch die ab 2021 ansteigend geplante CO2 Abgabe von zunächst 10 Euro pro Tonne fürchtet er wirtschaftlichen Schaden. "Der Verkehrsbereich und der Wohnbereich sehen darin nur eine intensive Kostensteigerung. Das wird zu Wettbewerbsnachteilen führen", warnt der Experte für Energie und Innovation. Gerade im Grenzgebiet könne das Logistikgeschäft schnell nach Polen abwandern.

Aber der 49-Jährige sieht auch Positives: "Ostbrandenburg ist bei den Themen Oberleitungsbusse und Straßenbahnen gut unterwegs. In Frankfurt fahren auch schon gasbetriebene Busse." Allerdings fehlten noch viele Ladestationen und Wasserstofftankstellen.

Sanfter Einstieg

Reimund Schwarze forscht an der Frankfurter Europa-Universität zu Klimapolitik. "Die Wirtschaft wird nicht mit untragbaren Härten konfrontiert", entgegnet er den ökonomischen Sorgen. "Wir steigen sanft ein bei der CO2-Abgabe. Erst in zwei Jahren werden sie das an der Zapfsäule mit zwei Cent sehen. Vielleicht wird das gar nicht auffallen, wegen der üblichen Preisschwankungen auf dem internationalen Ölmarkt." Der habilitierte Volkswirt fürchtet sogar, dass derart geringe Beträge nichts bewirken. "Ich hätte mir eine weitergehende Einstiegsstufe gewünscht. Es gibt viele Beispiele für eine zu geringe CO2 Bepreisung. Etwa in Kanada haben Centbeträge nichts bewegt."

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Moore gegen Klimawandel

Auch Friedhelm Schmitz-Jersch vom NABU Brandenburg findet die Maßnahmen zu lasch. "Der CO2-Preis von zehn Euro pro Tonne mit moderater Steigerung ist viel zu niedrig. In Schweden gilt schon lange ein Preis von mehr als 100 Euro pro Tonne. Da hat sich auch die Wirtschaft umgestellt", kritisiert der studierte Jurist.

Gerade in Brandenburg, wo es sowieso schon weniger regnet als in anderen Landesteilen, sieht er dringenden Handlungsbedarf. "Nach zwei extremen Hitzesommern mit Waldbränden und absterbenden Bäumen fehlt Wasser. Darunter leiden unsere Wälder und Flüsse, aber auch die Landwirtschaft." Deshalb fordert Schmitz-Jersch auch Maßnahmen über das Klimapaket hinaus. In Brandenburg lohne sich etwa der Moorschutz, um Wasser in der Landschaft zu halten und CO2 zu speichern.

5 Kommentare

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  1. 5.

    Intelligente Lösungen für den ÖPNV? Den macht man erstmal teurer damit möglichst viele Pendler beim Auto bleiben.

  2. 3.

    Herr Schmitt-Jersch vom Nabu findet immer alles schlecht. Naja als ehemaliger Staatssekretär hat man ja auch eine gute Pension und während seiner aktiven Zeit in der Landesregierung war es mit dem Klimaschutzes auch nicht so toll?

  3. 2.

    Solange der schwedische Staatskonzern Vattenfall einen Großteil seiner Energie aus fossilen Brennstoffen erzeugt, sollte man dieses "positive" Beispiel schön in der Schublade lassen. Umweltverschmutzung ins Ausland verlagern ist kein Vorbild.

  4. 1.

    "Die Debatte in den Medien verunsichert die Leute. Die wollen dann keine Autos mehr kaufen"

    ah, wäre das schön. Aber ich glaube nicht, dass das passiert. Evtl. warten einige, wie es sich entwickelt, insgesamt aber wird sich da wohl leider eher nichts groß ändern :-(

    Und dass sich Elektroautos schlechter reparieren ließen höre ich das erste mal- wenn, dann wird immer davon gesprochen, dass die durch weniger Teile, die auch noch verschleißfrei/arm sind, sehr viel wartungsärmer sind. Eigentlich eine gute Nachricht für Gebrauchthändler (aber schlecht für Reparaturwerkstätten).

    Besser aber wäre es sowieso, wenn sich die Anzahl der Kraftfahrzeuge reduzieren würden- egal mit welchem Antrieb. Dazu bedarf es natürlich Investitionen und intelligente Lösungen für den ÖPNV.

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