Riskante Finanzgeschäfte - Justiz ermittelt gegen zwei Fürstenwalder Ex-Bürgermeister

Mo 14.10.19 | 16:42 Uhr | Von Fred Pilarski
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Audio: Antenne Brandenburg | 14.10.2019 | Autor: Fred Pilarski

Gegen die früheren Fürstenwalder Bürgermeister Manfred Reim und Hans-Ulrich Hengst wird wegen Untreue ermittelt. Grund sind riskante Kredit- und Zins-Tausch-Geschäfte, die sie um 2007 herum abgeschlossen haben - mit einem hohen Schaden für die Stadt.

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei frühere Bürgermeister von Fürstenwalde (Oder-Spree) wegen des Verdachts der Untreue in besonders schwerem Fall. Eine Sprecherin bestätigte am Montag eine entsprechende Meldung der Märkischen Oderzeitung. Der Strafrahmen liege zwischen einem halben und zehn Jahren.

In den 1990ern und 2000er Jahren hatte Fürstenwalde viel investiert: Das Spaßbad Schwapp, eine neue Feuerwache oder eine Biogasanlage. Finanziert wurden diese Dinge vor allem mit Kommunalfonds – dafür waren Zahlungen fällig, die, ähnlich wie Mieten, den Stadthaushalt für lange Zeit belastet hätten.

2007 beschloss die Rathausspitze deshalb, diese Lasten durch Kredite abzulösen. Der damalige Kämmerer und spätere Bürgermeister Hans-Ulrich Hengst (parteilos) hat damals, gemeinsam mit Bürgermeister Manfred Reim (FDP), diese Kreditgeschäfte verantwortet. Um sich gegen steigende Zinsen abzusichern, nahm Fürstenwalde zwei sogenannte Zins-Swaps auf.  

Kassenkredite mit Schweizer Franken

Das Prinzip dieser Swaps besteht darin, dass der Swap-Empfänger - in diesem Fall Fürstenwalde - für eine Zeitlang einen kontinuierlichen Zins zahlt. Der Swap-Geber - hier die West-LB - trägt das Risiko steigender Zinsen, könnte aber auch von sinkenden Zinsen profitieren. Eine Art Wette also.

Ein besonders problematischer Aspekt dieser ohnehin riskanten Geschäfte: Die Zins-Swaps wurden in Schweizer Franken abgewickelt. Deren Wert im Verhältnis zum Euro war damals tendenziell im Sinkflug. Was der Stadt zunächst schöne Kursgewinne gebracht haben dürfte.  Deshalb wohl wurde auch ein Teil der kurzfristigen Kassenkredite der Stadt in Schweizer Franken abgewickelt.

Teure Spekulation

Was den Fürstenwaldern eigentlich finanzielle Sicherheit bieten sollte, erwies sich aber als Zeitbombe, die mit der Finanzkrise 2009 explodierte: Der Euro fiel, der Franken schoss in die Höhe. Bis zu einem Drittel gewann die Währung an Wert. Dazu kam die bis heute andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die vermeintliche Absicherung gegen steigende Zinsen hatte sich als teure Spekulation herausgestellt.

Auf mindestens 5,7 Millionen Euro beziffert die Stadt den Schaden, sagte Stadtsprecherin Anne-Gret Trilling dem rbb.

Bürgermeister Rudolph versprach Aufklärung

Inwiefern das Verhalten der damals verantwortlichen Kommunalpolitiker nun strafbar war und den Tatbestand der Untreue erfüllt, ist jetzt Sache der Justiz.

Der aktuelle Bürgermeister Matthias Rudolph vom Bündnis Fürstenwalder Zukunft hatte 2018 seinen erfolgreichen Wahlkampf im Wesentlichen auf diese Vorwürfe aufgebaut und versprach Aufklärung.

Sendung: Antenne-Brandenburg, 14.10.2019

4 Kommentare

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  1. 4.

    was ist mit den wahlversprechen die altabschlussgebühren auszuzahleb.
    es gibt das bundesverfassungsurteil.
    das war doch das wahlversprechen des aktuellen bürgermeisters oder?
    reim und gengst haben noch viele immobilien in f+wa und keinen kümmerts.
    jeder fülltsich seine taschen der macht hat.
    mfg

  2. 3.

    Ich würde "schmutzige Geschäfte auf Kosten des Steuerzahlers" nicht unbedingt bei einer einzelnen Partei verorten wollen. Verantwortungslosigkeit im neoliberalen Geist findet sich bei allen Parteien, ich nenne nur Schröder-SPD (Agenda 2010) und Merz-CDU (Blackrock-Lobbyist). Die AfD mimt meines Erachtens nur den Populisten, obwohl sie vom Programm her ein neoliberales Programm vertritt. Nur die LINKE nicht - obwohl sie in der Tagespolitik den Neoliberalen leider auch in die Hände spielt. Die Seuche der "Privatisierung des Gemeineigentums" mit ihren Verstrickungen in die globale Finanzindustrie hat sich leider in den letzten 25 Jahren überall ausgebreitet.

  3. 2.

    Immer dort wo zwielichtige Geschäfte zum Nachteil des Steuerzahlers abgewickelt werden ist der Name FDP nicht weit.

    Warum nur?

  4. 1.

    Vorletzter Absatz: "n u n strafbar war" - oder nicht doch: "d a m a l s schon strafbar war"?
    Den beiden Verantwortlichen wird kaum ein Fehlverhalten nachzuweisen sein, wenn ihr Finanzgebaren seinerzeit "marktüblich" gewesen ist und einschlägige Rechtsbestimmungen (inkl. "Ermessensspielraum") ihm nicht entgegenstanden, was ich (nicht zuletzt aufgrund zahlreicher analoger Vorgänge andernorts) stark vermuten würde.

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