PCK in Schwedt - Gespräche über Öl-Lieferungen über Polen stocken

Fr 23.09.22 | 17:47 Uhr
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PCK steht am Eingang des Raffinerie in Schwedt (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: Antenne Brandenburg | 23.09.2022 | Dorett Kirmse | Bild: dpa/Annette Riedl

Nachdem die PCK Schwedt unter Treuhand-Verwaltung gestellt worden ist, hat Deutschland großes Interesse an Öl-Lieferungen über Danzig. Doch die Gespräche kommen nicht voran - möglicherweise auch, weil sich Polen weitere Vorteile aus der Situation erhofft.

In den Verhandlungen mit Polen über Öllieferungen an die PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) gibt es noch keine Lösung. Polen hat offenbar weiter Gesprächsbedarf und verlangt indirekt eine Verstaatlichung; das würde eine Enteignung des russischen Eigentümers Rosneft bedeuten. So erklärte das polnische Klima-Ministerium in Warschau auf Anfrage, die Treuhandverwaltung reiche nicht aus, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Auch eine Taskforce zur Zukunft der Raffinerie tagte am Freitag, neue Fortschritte wurden aber nicht bekannt.

Deutschland will ab Jahresende kein russisches Öl mehr nutzen. Das war aber bisher das Geschäftsmodell von Rosneft in Schwedt: Der Brennstoff kommt dabei direkt über die Druschba-Pipeline aus Russland. Vor Kurzem hat nun die Bundesregierung Rosneft-Deutschland unter Treuhand-Verwaltung gestellt und die Geschäftsleitung ausgetauscht.

Um die Raffinerie Schwedt ohne Rosneft-Öl ausreichend auszulasten, ist man nun aber auf Lieferungen über den polnischen Hafen Danzig und das Pipeline-System dort angewiesen. Mit Tanker-Transporten zum Hafen Rostock und die Pipeline von dort nach Schwedt kann nur um die 60 Prozent der Auslastung gesichert werden. Als nötig gilt aber mindestens 75 Prozent.

Polnischer Ölkonzern Orlen an PCK interessiert?

Hintergrund des jetzigen polnischen Drucks könnte sein, dass der polnische Öl-Konzern Orlen nach Angaben deutscher Regierungskreise Interesse an einem Einstieg in Schwedt und der Übernahme von Rosneft-Anteilen hat. Orlen ist der größte polnische Ölkonzern, der Staat ist Anteilseigner.

Vergangene Woche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einem Eigentümerwechsel zum polnischen Investor Orlen eine Absage erteilt: Es gehe nicht um einen Wechsel, sondern das PCK-Vermögen treuhänderisch zu verwalten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters heißt es nun aus Kreisen der Bundesregierung, dass es Gespräche mit Kauf-Interessenten gebe. Darunter seien auch solche aus Polen, sagte ein Regierungsvertreter gegenüber Reuters.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums betonte, Polen habe die Treuhand-Lösung begrüßt. Die Gespräche mit Polen und der Austausch zum Pipeline-Netz und Öl-Lieferungen seien konstruktiv.

"PCK Raffinerie Schwedt ist bislang nicht in Staatshand"

Aus dem polnischen Klima-Ministerium hieß es allerdings auch: Polen sei zwar bereit, Schwedt bei der Versorgung mit Öl zu unterstützen. Voraussetzung sei aber, dass Rosneft keine Anteile an der Raffinerie mehr halte. "Die PCK Raffinerie Schwedt ist bislang nicht in Staatshand."

Rosneft hält gut 54 Prozent der Anteile, Shell ist mit gut 37 Prozent zweitgrößter Eigentümer. Shell will sich seit Längerem aus der Raffinerie zurückziehen. Interesse hatten Verbio und Enertrag angemeldet, beide aus der Erneuerbaren-Energien-Branche. Sie wollen Schwedt eine Perspektive geben, wenn auf Öl aus Klimaschutz-Gründen verzichtet wird.

Das deutsche Energie-Sicherungsgesetz würde eine Enteignung von Rosneft erlauben. Dieser Schritt wäre jedoch eine weitere Eskalation und Deutschland müsste mit einem ähnlichen Schritt gegen deutsche Betriebe in Russland rechnen. Rosneft hatte schon gegen die Treuhand-Verwaltung protestiert und erwägt juristische Schritte.

Schwedter Bürgermeisterin: Öl aus Danzig "wichtig"

Die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekathrin Hoppe (SPD) wünschte sich nach der ergebnislosen Sitzung der deutschen Taskforce zur Zukunft der Anlage weitere Gespräche der Bundesregierung mit Polen. "Es ist wichtig, dass zusätzlich zu der Rohöl-Menge aus Rostock auch ein gewisser Anteil noch vom polnischen Hafen in Danzig nach Schwedt gepumpt werden kann", sagte Hoppe dem rbb. Damit könnte man eine Auslastung zwischen 75 und 80 Prozent schaffen, so die Bürgermeisterin.

Geplant sei auch der Einsatz von sogenannten Fließverbesserern in der Pipeline zwischen Rostock und Schwedt, so Hoppe weiter. "Dadurch können die Kapazitäten nochmal um zehn Prozent gesteigert werden." Ob die Schrittgeschwindigkeit des Rohöls tatsächlich erhöht werde, das müsse man aber erst im Dauerbetrieb testen, sagte die Bürgermeisterin.

Betriebsrat fordert Sicherung von Arbeitsplätzen in Partnerunternehmen

Der Betriebsrat der PCK-Raffinerie forderte am Freitag die Sicherung weiterer Arbeitsplätze. Für die Zukunft von Schwedt gehe es nicht nur um die PCK-Arbeitsplätze, sondern auch um die Jobs in den Raffinerie-Partnerunternehmen und weitere Arbeitsplätze in Schwedt und in der Uckermark. "Diese Arbeitsplätze müssen Bund und Land mit dem Zukunftspaket genauso in den Blick nehmen!", erklärte die Betriebsratsvorsitzende Simona Schadow.

Die PCK-Raffinerie Schwedt spielt mit seinen gut 3000 direkt und indirekt Beschäftigten für die Versorgung von Ostdeutschland mit Benzin und anderen Raffinerieprodukten eine zentrale Rolle. Auch Teile Westpolens werden ebenso wie der Flughafen Berlin-Brandenburg mitversorgt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.09.2022, 14:30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Von wegen Rentabilitätsgrenze... Erst überlegen und dann kommentieren. Schwedt ist seit Jahren der Goldesel im Osten der Republik. Sei es für Shell, Rosneft oder sonst wen. "Billiges" Öl aus der Pipeline, im Vergleich zu anderen Raffinerien geringere Lohnkosten und eine fast 100%ige Auslastung an 365Tagen! Das sollen andere erstmal nachmachen. Wird in Schwedt kein Öl mehr verarbeitet, sieht es in der Hauptstadt schnell anders aus. Und andere Raffinerien kümmert es einen Dreck ob Berlin/Brandenburg fährt oder fliegt. Fakt! Die Logistik in ganz Deutschland arbeitet am Limit. Im Osten kommt weder Treibstoff mit dem LKW noch der Bahn an, sollte es soweit kommen...

  2. 22.

    Schwedt arbeitet schon länger nur knapp über den Rentabilitätsgrenze. Das bißchen Spritersparnus bei einem allgemeinen Autobahn-Tempolimit könnte der das Genick brechen. Das Versprechen der Vollauslastung war deshalb in der Tat dumm, liegt dieser Industrietweig doch längst im Sterben. Shell hat das erkannt und versucht, sich von dem fossilen Ungetüm zu trennen.

  3. 21.

    Die Bundesregierung hat die Sanktionen beschlossen, nicht Habeck alleine. Man schaue sich dabei die Umfragen an, welche Parteianhänger mehrheitlich weiterhin mit dem Kriegstyrannen Putin dealen wollen.

  4. 20.

    Damals wurde Berlin übrigens aus Leuna beliefert (für deren Benzin brauchte es keinen extra Anti-Klopf-Zusatz) wie auch der BER bekanntlich sein Kerosin längst auch aus anderen Raffinerien bezieht. Schwedt arbeitet schon lange knapp über der Rentabilitätsgrenze.

  5. 19.

    polen sollte deutschland nicht mehr mit gas beliefern

    besser lieber noch kein öl

    es darf nicht sein das rosnef eingetümmer ist und denn ganzen kreig finanziert

    danke

  6. 18.

    Welche "Wirtschaft" meinen Sie? Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind wohl finanziell kaum in der Lage, die Raffinerie zu übernehmen. Und die global player werden nicht in ein Pferd investieren, das gerade politisch totgeritten wird. Da wird dann eher "dichtgemacht", und dorthin gegangen, wo Energie, und damit Produktion billiger ist

  7. 17.

    Sie haben Berlin vergessen. Diese Stadt hat Benzindurst wie keine andere. Dieseldurst ebenso und der BER ist ein B-BB-Projekt und daneben noch die Regierungsflieger. Alle wollen Kerosin von PCK.

  8. 16.

    "Nicht Deutschland will auf das Erdöl aus der Drushbatrasse verzichten, Hr. Habeck wünscht das."
    Wenn man Deutschland auf Teile des rechten und linken Rand der Gesellschaft begrenzt oder auf die direkt betroffene Region (B+BRB) mag das vielleicht stimmen. Beides steht nicht in Zusammenhang!
    Nur ist das genannte eben nur ein kleiner Teil von Deutschland.
    Da Sie es nicht belegen, kann man auch einfach das Gegenteil behaupten. Deutschland will das russische Öl nicht mehr.
    Die deutsche Wirtschaft hat offensichtlich wenig Interesse an russischem Öl, sonst hätte sie sich die Raffinerie ja schon lange selbst einverleibt.

  9. 15.

    Nicht nur Indien, auch andere Länder im arabischen Raum beziehen russisches Öl, um es an uns teuer weiter zu verkaufen. Und das beste, Griechische Reedereien, also Firmen eines EU Landes, transportieren munter das russische Öl um die Welt, und verdienen sich eine goldene Nase. Der Ausstieg nach den ganzen "Ausnahmen und Übergangslösungen" dürfte den Preis weiter anheizen, Und so zur Kompensation der Verluste auf russischer Seite führen.

  10. 14.

    Eigentlich ist es ganz einfach. Nicht Deutschland will auf das Erdöl aus der Drushbatrasse verzichten, Hr. Habeck wünscht das. Das Erdöl ist von den Sanktionen gar nicht betroffen. Aus purem Idealismus wird einfach verfügt das DEUTSCHLAND das Erdöl nicht wünscht und braucht. Das Öl aus der Trasse einfach weiter nutzen und gut ist. Treibstoffe aus Indien zu beziehen, aus russischem Öl, ist ja wohl auch nicht die Lösung.

  11. 13.

    Wer mit den Polen handelt oder sich auf sie verlässt, hat verloren. Nehmen ist deren Stärke, beim Geben hapert es dann schon und sollte das Ganze mit Arbeit verbunden sein, ist es völlig vorbei.

  12. 12.

    So ist es! Ich hoffe, die Wähler werden das berücksichtigen und aus Solidarität auch die, die nicht direkt betroffen sind.

  13. 11.

    Polen hatte die Variante Danzig angeboten, aber dann im Nachhinein die Bedingungen neu definiert. Es will eigentlich nur, dass die Rosneft Anteile möglichst billig nach einer Enteignung von Deutschland auf Orlen übertragen werden. Dann können Sie, Polen, den Preis fürs Öl und die endprodukte für den deutschen Verbraucher bestimmen. Für die PiS Regierung gilt auch, Polen first.

  14. 10.

    Es ist wie immer bei Herrn Habeck. Erst alles dicht machen und dann keine Alternative haben. Wenn es dann nicht klappt sind die anderen Schuld (Polen). Herr Habeck hat per Handschlag alle Arbeitsplätze garantiert und die Vollauslastung von Schwedt versprochen. Geschieht dies nicht, werden Raffineriekapazitaeten verknappt und die Preise steigen.

  15. 9.

    "Lubmin mit alternativen Energieformen"
    Falscher Primärenergieträger.
    Falsche Baustelle.
    Falsche Schlußfolgerung.

  16. 8.

    ..war nicht Lubmin mit alternativen Energieformen im Gespräch?

  17. 7.

    Schon ziemlich verwirrend, wenn Polen an einem großen Exportschlager ("polnisches" Benzin/Diesel aus Schwedt) so relativ wenig Interesse zeigt, zumindest in der rbb Filterblase.
    Eine künstliche Verknappung kann doch kaum im Interesse der polnischen Volkswirtschaft sein, oder hat man ein alternatives Angebot für die Tanktouristen in der Hinterhand.
    Die mögliche Theorie den Preis für einen polnischen Einstieg bei PCK nach unten zu drücken klingt doch plausibel. Bestenfalls zahlt der deutsche Michel sogar noch dafür wenn Polen die Russen davonjagt.

  18. 6.

    Die polnische PiS-Regierung ist ja einer der lautstärksten Vorkämpfer für Demokratie und Freiheit im Moment... und das heißt konkret: Druck zu machen um sich fremdes Eigentum anzueignen... keine weiteren Fragen.

  19. 5.

    Na genau so wie ich es schon die ganze Zeit ausgesprochen habe, ist es gekommen.
    Und dreist wenn die Polen dem ganzen zustimmen / dulden oder sonstwie an der Versorgung beteiligt sind, reicht die Pipeline nicht um die fehlenden 15% und Leuna zu versorgen, denn die Polen wollen da ja auch daraus versorgt sein.
    Die Reserve wird also ebenfalls aufgebraucht.
    Na das wird'n Spass.

  20. 4.

    Wenn die Polen das nicht wollen, sollten wir sie auch nicht mehr beliefern.

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