Potsdam-Mittelmark - "Lug und Betrug!" - Anwohner wütend über Schließung von Sparkassen-Filialen

So 21.05.23 | 14:02 Uhr
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Symbolbild:Der Schriftzug «Sparkasse» an einer früheren Filiale des Geldinstituts an einer Hausfassade.(Quelle:dpa/H.Schmidt)
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 20.05.2023 | Michael Scheibe | Bild: dpa/H.Schmidt

Wegen "gesunkener Nachfrage" will die Mittelbrandenburgische Sparkasse mehrere Filialen schließen. In Wilhelmshorst (Potsdam-Mittelmark) wollen Anwohner das nicht hinnehmen - und konfrontieren die Verantwortlichen in einer Gesprächsrunde.

Wegen der geplanten Schließung von rund 30 Filialien der Mittelbrandenburgischen Sparkasse regt sich Unmut. Besonders frustriert sind die Menschen auch in Wilhelmshorst (Potsdam-Mittelmark). "Wir sind entsetzte von den Schließungsplänen", sagt Claudia Nowka (Bündnis für Michendorf), Bürgermeisterin der Gemeinde Michendorf, zu der Wilhelmshorst gehört, dem rbb.

Die Attraktivität und die Persönlichkeit des Ortes gingen verloren. Ältere Menschen, die nicht mobil sind, könnten mehrere Kilometer entfernte Geldautomaten nicht einfach erreichen, sagt Nowka. "Das führt dazu, dass sie andere Leute fragen müssen, ihnen Geld mitzubringen. Das wollen wir nicht hinnehmen."

Noch werden Kunden in der Sparkasse im Ortsteil Wilhelmshorst beraten und können Überweisungen tätigen, aber nicht mehr lange. Im November soll die Filiale schließen. Für die Menschen aus Wilhelmshorst sei die nächste Sparkassen-Filiale vier Kilometer entfernt in Michendorf, so Bürgermeisterin Nowka.

Landesweit sind von den Kürzungsplänen insgesamt 31 Standorte betroffen. In neun Fällen sollen - wie in Wilhelmshorst - Filialen und Geldautomaten verschwinden. Und auch anderswo regt sich Widerstand: In Brüssow (Uckermark) protestierten Ende April 150 Menschen gegen die Pläne der Sparkasse Uckermark, fünf Filialen dicht zu machen.

Sparkasse: Schließung wegen gesunkener Nachfrage nötig

Digitalisierung und Fachkräftemangel nennt Robert Heiduck, Sprecher der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, in einer Gesprächsrunde in Wilhelmshorst als Gründe für die Schließungspläne. In der Runde sind auch Dutzende Anwohner und Bürgermeisterin Nowak.

"Seit 20 Jahren schließen Banken ihre Filialen. Warum? Weil die Nachfrage gesunken ist", argumentiert Heiduck. Im konkreten Fall der Sparkasse in Wilhelmshorst sprächen die Fakten für eine Schließung: "Die Hälfte unserer Kunden wickelt nur noch online ab oder besucht andere Filialen", sagte er. Auch die Nachfrage für den Geltautomaten sei zu gering, um diesen weiter zu betreiben.

Anwohner: "Lug und Betrug!"

"Lug und Betrug", kontert ein Anwohner, der nach eigenen Angaben genau vor der betroffenen Sparkassen-Filiale wohnt. "Sie kommen hier mit irgendwelchen Zahlen her, wollen die Menschen hier aber einfach platt machen", sagt er. Die Anwohner und auch die Bürgermeisterin Nowak bezweifeln, dass die Angaben der Mittelbrandenburgischen Sparkasse bezüglich der Auslastung der Filiale zutreffen. "Ich glaube Ihnen, dass Sie diese Zahlen nicht mögen, aber das ändert nichts daran, dass sie stimmen", sagt Sprecher Heiduck.

Rückendeckung erhält er dabei von Landrat Marko Köhler (SPD), der auch im Verwaltungsrat der Mittelbrandenburgische Sparkasse sitzt. Die nächste Filiale sei zwar vier Kilometer entfernt, schlimmer wäre es aber, wenn nun auch die anderen Filialen aus wirtschaftlichen Gründen hätten geschlossen werden müssen. "Sonst wären das Distanzen von zehn oder 15 Kilometer", sagt Köhler.

Bürgermeisterin Nowak sagt, er hoffe nun, dass sich eine andere Lösung findet - oder zumindest der Geldautomat, der noch in Wilhelmshorst stehe, weiterbetrieben werde.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.05.2023, 19:30 Uhr

66 Kommentare

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  1. 66.

    Immer werden die alten Leute vorgeschoben, wenn alte Strukturen erhalten bleiben sollen. Wie oft gehen alte Leute zur Bank um sich über die neusten Anlagemöglichkeiten beraten zu lassen? 2-3 mal die Woche? Wohl kaum. Überweisungen kann man per PC oder Telefonbanking machen oder per Überweisungsträger, wenn dieser per Postbrief zur nächsten Bank geschickt wird. Kontoauszüge kommen als PDF nach Hause oder auf Wunsch auch als Postbrief. Die Alten Leute sind nicht so doof wie hier einige denken!

  2. 65.

    Ein wenig Tüddelich....

    Ich muss mir deswegen keine schwarz-weißt Doku's anschauen - es reicht in Schweden Urlaub zu machen. Das kommst mit Bargeld überhaupt nicht weiter. Zahlen mit Karte oder Handy ist angesagt. Und - das schafft sogar Vaddern mit 74.

    Der brave deutsche Michl stellt sich eben gern etwas dumm an.

  3. 64.

    Nicht mal meine 86jährige Mutter hat in den letzten 10 Jahren eine Sparkassenfiliale von innen gesehen.vor 2 Jahren noch zu einer Direktbank gewechselt weil keine Kontoführungsgebühr und einfacheres Onlinebanking. Den Hype Sparkasse verstehe ich nicht.

  4. 63.

    Zitat: "Sie werden sich wundern . . ."

    Wundern kann man sich nur über Ihre Theorie, Michael. Denn wenn es eine Nacht-und-Nebel- Geldabwertung durch "die da oben" geben sollte, um die Staatsschulden zu tilgen, was an sich schon ein absurdes Szenario Ihrerseits darstellt, wäre selbstverständlich auch das Papiergeld unterm Kopfkissen weniger wert. Denn "die Regierung" würde ja nicht 10% vom Konto abbuchen, sondern alles würde um diesen Satz teurer werden.

    Und z. B. beim Autokauf bzw. -verkauf besteht die Möglichkeit der Direktüberweisung; dauert ca. 20 Sek. bis das Geld überwiesen ist.

  5. 62.

    Ach, die vielen Supermarktketten in einem Dorf ...
    M.E. geht es doch nicht nur/vornehmlich ums Bargeld.
    Viele Ältere - ohne Online-Banking - haben Schwierigkeiten bei Überweisungen, haben "Ängste" um ihr Geld (mehrfache Kontostand-Abfragen im Monat) usw.

  6. 61.

    Bein vielen großen Supermarktketten kann man Geld abheben, wenn man dort für 5-10 Euro eingekauft hat. Wo ist das Problem?

  7. 60.

    Uih, was haben sie bloß für Vorstellungen vom Land? Der Arzt ist keine zwei Minuten weg, Kita ( nicht nur eine!) um die Ecke und der Sprit wird in Polen getankt! Jedes Wochenende ist in jedem kleineren Dorf was los, wo die Menschen mit Freude und Begeisterung hingehen. Abgesehen von der frischeren Luft und herrlichen Natur abgesehen....... Vielleicht sollten sie mal Urlaub auf dem Land machen.

  8. 58.

    Achtung Finanztipp: Inflation betrifft Bargeld ganz genau so wie Geld auf dem Konto.

  9. 57.

    Ja, hab ich ausgerechnet. Ob ich dreifuffzig in Münzen oder mit der Karte zahle bin ich nacher in etwa gleich viel ärmer. Große Mehrausgaben kann ich nicht feststellen.

  10. 56.

    Wer zu spät kommt den bestraft was Leben.

  11. 55.

    Sie werden sich wundern was passiert, wenn das Bargeld abgeschafft ist. Eines Tages werden sie aufwachen und beim Blick auf ihr Online-Banking feststellen, das Ihr Guthaben um z. B. 10 % abgewertet wurde, weil das wer auch immer so beschlossen hat. Irgendwie müssen ja die Staatsschulden finanziert werden. Solange es Bargeld gibt ist das nicht möglich. Und wenn Sie mal Ihr Auto an Privat verkaufen, viel Glück beim Warten auf die Überweisung des Käufers.

  12. 54.

    Hat schon einmal ein Kunde die Mehrausgaben ausgerechnet, wenn er seine Einkäufe nur noch mit Karte bezahlt? Und wir Alten sind mit dem Onlinebanking in den A... gekniffen. Ich möchte auf Bargeld nicht verzichten. Meine Sparkasse zahlt mir auf mein Tagesgeld (Sterbevorsorge) stolze 0,001 % Zinsen. Für die Geschäftsleitung müssen ja auch ein paar € für den Inflationsausgleich übrig bleiben. Dafür sorgt der Aufsichtsrat schon. Es gab Zeiten, da wurde vor Ort an die Kunden in den Dörfern Geld ausgezahlt. Das wäre aktuell aus Sicherheitsgründen leider nicht mehr möglich. Der GLÄSERNE Bürger bleibt jedoch die Zukunftsoption unserer Regierung.

  13. 53.

    Kein Wunder auch in dieser Branche hat man Jahrelang Stellen abgebaut.Und nun ist man am Heulen das man keine Mitarbeiter findet.Wie verlogen ist eigentlich das Managment!!!!

  14. 52.

    Das mit der Sparkasse ist nichts Neues.Hier in Marienfelde hat man die Filiale nach einem 4 wöchigen Aushang in einer Macht und Nebelaktion geschlossen.Mit dem Hinweis wenn Sie Gesprächsbedarf haben "" Suchen Sie die Filiale am Oberhoferweg oder Lankwitz Kirche auf.Snderthalb Jahre gab es nach einer Sprengung auch keinen Geldautomat also auf nach Lankwitz oder zum Oberhoferweg. Schön für die Älteren die nicht mehr so gut zu Fuss sind.!!!!!

  15. 51.

    Dieser Zwang, immer Bargeld in der Tasche zu haben, ist doch schon längst überholt. Wofür braucht man das eigentlich auf dem Land? Steckt man das aus Tradition unter die Matratze- für schlechte Zeiten? Ich fahre zum Arbeiten in die Stadt, erledige meine Einkäufe: in der Stadt, ebenso persönliche Bankgeschäfte. Ich genieße die Ruhe in meinem Eigenheim auf dem Land- Bargeld ist da völlig unnötig. Auch meine Eltern, beide über 70 und zwei Straßen weiter, sind im Besitz einer Bankkarte und benötigen Bargeld nur, wenn mal was für feierliche Anlässe in eine Glückwunschkarte gesteckt werden soll...
    Übrigens hat bei uns die Gemeinde sich für den Erhalt der Bushaltestelle im Ort eingesetzt und zur Freude aller "Landbewohner" auch durchgesetzt. Sinnvoller als die Bankgebühren in die Höhe zu treiben, um Filialen oder Automaten für 5 oder 6 Leute die Woche zu betreiben. Wirtschaftlicher Humbug, den alle Kunden mittragen müssen.

  16. 50.

    Und dafür zahlt man dann 7,50€ Kontoführungsgebühren im Monat.

    Das System Sparkasse ist seit den 90ern am sterben. Zu viel Geld ging in die Hohen Reihen, statt Regional zu bleiben und zu investieren. Der Landrat sitzt mit im Verwaltungsrat und reibt sich die Hände.

    Alternativen gibt es genug, bei Denen kann man sogar kostenlos in vielen anderen Banken Geld abheben. Aber die Deutschen sind Gewohnheitstiere und Wechseln ungern, sonst wäre die ganze Debatte schon vor 10 Jahren aufgekommen.

    Diba diba du~

  17. 49.

    Bitte, steht den Leuten frei. Aber dann halt nicht meckern wenn es zum Arzt, zum Kindergarten, oder zur Bank ein bisserl weiter ist. Oder wenn der Sprit teurer wird. Oder man ein Windrad sieht. Oder eine Bahntrasse. Oder eine Hähnchenmastanlage. Landleben hat nunmal auch Nachteile. Es lohnt sich nunmal nicht eine Praxis, oder ein Geschäft, oder eine Bankfiliale offen zu halten, wenn im Einzugsgebiet zehnmal weniger Menschen leben als im städtischen Bereich. Weite Wege folgen automatisch. Wer nicht mehr mobil ist kuckt in die Röhre, das ist einfach so auf dem Land.

  18. 48.

    Ca 1% der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Ca 40% wohnen in Klein- und Kleinststädten. Das Argument zieht überhaupt nicht.

  19. 47.

    Muss auch hier in Potsdam 4 km bis zur nächsten Sparkasse fahren. Ehrlich verstehe ich die ganze Aufregung nicht.

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