Rathäuser sollen ihre Pläne vorlegen - Deutsche Umwelthilfe fordert von Städten Müllvermeidungskonzepte

So 31.07.22 | 13:12 Uhr
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Archivbild: Ein Mülleimer im Mauerpark ist übefüllt. Vom Müllproblem sind nach Angaben der Bezirke die meisten Grünanlagen in Berlin betroffen. (Quelle: dpa/J. Carstensen)
Audio: Studio Frankfurt | So 31.07.22 | Kirmse, D. | Bild: dpa/J. Carstensen

Die Deutsche Umwelthilfe will es ganau wissen: Die Organisation hat rund 200 Städte angeschrieben und deren Konzepte zur Müllvermeidung gefordert. Darunter auch Oranienburg, Bernau, Eberswalde, Falkensee und Berlin.

Um den Verpackungsmüll zu reduzieren, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) von vielen deutschen Städten, darunter Berlin, aber auch die Brandenburger Städte Bernau, Eberswalde, Falkensee und Oranienburg mehr Einsatz im Kampf gegen Einweg-Becher und andere Wegwerf-Artikel.

Die Organisation schrieb dazu nach eigenen Angaben genau 202 deutsche Städte an und bat um deren Konzepte und Vorhaben, wie die Rathäuser bei der Müllvermeidung vorgehen wollen. "Die Vermüllung des öffentlichen Raums hat in den vergangenen Jahren dramatische Ausmaße erreicht", kommentierte die DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz in Berlin die Initiative ihrer Organisation. "Es muss dringend etwas getan werden, um auf Mehrweg umzusteigen."

Gebühren und Fördergelder als Steuerungsinstrumente der Kommunen

Die DUH setzt sich etwa für Fördergeld für Lokale ein, die auf Mehrweg umstellen, um so zusätzliche Kosten für Geschirrspüler und Geschirr zu dämpfen. Auch kommunale Steuern hält die DUH für sinnvoll, etwa um die Einweg-Verpackungen teurer zu machen. Zudem sollten Behörden zum Beispiel in städtischen Kantinen keine Becher, Teller oder Mitnehmboxen mehr nutzen dürfen, die nur für den einmaligen Gebrauch konzipiert sind.

Nach Schätzungen der Umwelthilfe könnten in den nun angeschriebenen Städten jährlich mehr als 2,5 Milliarden Einweg-Becher, -Essensboxen, -Teller und -Besteck vermieden werden. Dadurch wiederum würden 27.000 Tonnen weniger Müll anfallen und es würden 84.000 Tonnen CO2 eingespart. Bei der Schätzung ist die CO2-Menge eingerechnet, die bei der Produktion der Mehrweg-Alternativen anfallen würde.

DUH-Kritik an neuer Gesetzesregelung

In Corona-Zeiten ist die Menge des Einweg-Geschirrs stark gewachsen, etwa weil die Menschen viel im Homeoffice arbeiten und sich Essen bei Lieferdiensten bestellen. In den Mülltonnen landen daher mehr Pizzakartons und Plastikschalen als früher. Hinzu kommen Massen an to-Go-Kaffeebechern, die nach einmaliger Nutzung weggeworfen werden.

Allerdings könnte auch ein Bundesgesetz bald für Besserung sorgen: Ab Januar müssen Restaurants Mehrweg-Alternative anbieten. Sie können das Essen weiterhin in Einweg-Packungen verkaufen, der Verbraucher muss aber die Möglichkeit haben, auf eine Mehrweg-Alternative zurückgreifen zu können. Aus Sicht von DUH-Expertin Metz ist das aber längst nicht ausreichend. "Ein Gastronom hätte der Angebotspflicht Genüge getan, wenn er einen Mehrwegbecher ins Regal stellt und da verstauben lässt." Zudem gebe es umfangreiche Ausnahmeregelungen für kleinere Betriebe. "Allein in Berlin-Mitte fallen mehr als 500 Imbisse und Kioske nicht unter die Mehrweg-Angebotspflicht."

Tübingen erhebt Gebühren auf Einweggeschirr

Die Umwelthilfe hofft nun auf die Städte, damit das Müllproblem konsequent angegangen wird. Bereits in den vergenenen beiden Jahren hatte die DUH insgesamt 130 Städte und Landkreise angeschrieben und mögliche Regelungen und Maßnahmen. angeregt Die Rückmeldungen seien großteils positiv gewesen, sagt Metz. "Den meisten Stadtverwaltungen ist bewusst, dass es Handlungsbedarf gibt." Die Bereitschaft sei da, mitunter mangele es aber noch an Maßnahmen.

Als Positivbeispiele von Städten, die aktiv gegen Einweg-Verpackungen vorgehen, nannte die Umwelthilfe etwa Tübingen, wo seit diesem Jahr eine Verbrauchssteuer erhoben wird, bei der unter anderem für jedes Einweggetränkebehältnis 50 Cent berechnet werden. Wegen eines Rechtsstreit mit der lokalen McDonald's-Filiale soll die Steuer aber erst eingezogen werden, wenn sich Tübingen vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgesetzt hat.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.7.2022, 11:00 Uhr

60 Kommentare

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  1. 60.

    Meine Grundeinstellung ist eine positivere, als Sie vermuten. Aber die Blase der der Arbeitsplätze bei Lieferdiensten ist eine künstlich aufgebauschte, die von der Mehrheit der Bequemen und "Ich hab nur Zeit für mich" - Protagonisten beatmet wird. Ich halte lieber Arbeitsplätze der Händler und Gastronomen vor Ort am Leben, anstatt dafür verantwortlich zu sein, dass durch Lieferdienste der stationäre Handel und deren Arbeitsplätze vernichtet werden und dafür prekär Beschäftigte für mich dann Faulen strampeln müssen. Schonmal darüber nachgedacht? Und meine Einstellung vermeidet definitiv unnötigen Müll.

  2. 59.

    So konsequent war/bin ich leider noch nicht.
    Aber ich entsorge meinen Abfall entsprechend und lasse ihn nicht irgendwo fallen.

  3. 58.

    Das sehe ich auch so.
    Ich habe mir übrigens im Lockdown Essen in Mehrwegeverpackung liefern lassen oder auch abgeholt. Sonst hätte ich darauf verzichtet.

  4. 57.

    Da wird kein Müll exportiert sondern Rohstoffe,so steht es jedenfalls bei ALBA in Mahlsdorf an Firmenwand.

  5. 56.

    Wieder mal ziemlich radikal und alles in einen Topf geworfen... auch die haben ihre Existenzberechtigung, s. auch die Antwort von #jasa und auch da hängen Arbeitsplätze dran. Sie sollten bitte mal Ihre Grundeinstellung überdenken, man kann nicht alles einstampfen...

  6. 55.

    Da haben Sie natürlich recht, ich meinte die, die heute noch Pizza, Pasta u. ä. liefern, an jeden erdenklichen Ort. DIE dürften mit Mehrweg-Geschirr Probleme bekommen. Verbieten ist natürlich übertrieben, ebenso, wie das nur auf "Faulheit" zu schieben.

  7. 54.

    Ich meinte eher die Lieferdienste die Pizza, Pasta und so was liefern, mit Fahrrad, Moped nach Hause, in den Park usw.
    So, wie in Ihrem Beispiel geht das auch bei denen, die wie "Essen auf Rädern" immer die gleichen Kunden beliefern, allerdings ohne Pfand.

  8. 53.

    Bitte bei die Lieferdienste etwas differenzierter betrachten!
    Was ist daran schlimm, sich - als älterer Mensch - Getränke liefern zu lassen oder alle 14 Tage eine Obst-/Gemüsekiste aus Brodowin?
    Wie viele Restaurants ect. hätten während des Lockdowns ohne Lieferdienst schließen müssen?
    Wie schön ist es, wenn's es einen mit Corona erwischt hat oder die Hüfte kaputt ist, sich mal etwas anderes liefern zu lassen?
    Es muss m.E. alles nur in einem gewissen Rahmen bleiben ...

  9. 52.

    Lieferdienste sind das schlimmsten was existiert. Alles andere für die die Faulen und Luxusproblematiker, die ihre Hintern zu faul zum Bewegen sind. Dieser ganze Müll müsste nochmal besteuert und davor noch mit Preisen belegt werden, dass den Faulen schwarz vor Augen wird.

  10. 51.

    Das ist wahrscheinlich aufwendig, aber irgendwie müsste man das hinbekommen. Ich habe vor einiger Zeit angefangen, von einem Bauernhof in Brandenburg Fleisch zu beziehen. Die liefern das in einer Mehrweg-Kühlbox, für die man bei der ersten Bestellung 25€ bezahlt hat. Jedes Mal, wenn ich wieder bestelle, nehmen sie die bei mir lagernde Bestellkiste wieder mit und die Kiste, in der das neue Fleisch geliefert wird, verbleibt bei mir. So ist es dann eigentlich auch wie ein Pfandsystem.

  11. 50.

    "schrieb dazu nach eigenen Angaben genau 202 deutsche Städte an" Aha. Die umstrittene Organisation sucht also gerade wieder neue Einnahmequellen.
    Die DUH ist bekannt dafür, unter dem Schutzmantel der "Verbraucherschutzorganisation" ein Viertel ihrer Einnahmen aus "Abmahngeldern" zu finanzieren (Im Jahresbericht 2021: 2.800.855,00 €) und teils eigenartige Forderungen zu stellen. Bis hin zur Beantragung von Zwangsverhaftung von Landes- und Bundespolitikern.
    Da scheint mir FFF, FoodWatch, Greenpeace etc.pp. doch eher geeignet zu sein...

  12. 49.

    Das "Mehrweggeschirr, für den Kunden bepfandet wird..." könnte im Handel auch funktionieren, die ganzen Lieferdienste könnten dann aber einpacken- so eine Herausforderung ist dort wohl kaum zu stemmen.

  13. 48.

    "Und wenn Mehrweggeschirr, sei es nun der Kaffeebecher oder Essgeschirr auch ordentlich für den Kunden bepfandet wird...". Ja, das sehe ich genauso. In unserer Firma klappt das gut. Wir haben für alle Mitarbeitenden einen Kaffeebecher mit Namen eingraviert besorgt. Somit haben wir die Einwegbecher aus unserem Betrieb verbannt. In der Kantine gibt es nur Mehrwegverpackungen, wenn ich mein Essen mitnehmen will - dafür bezahle ich ein Pfand von 5€. Dieses Pfand wird mir rückerstattet, wenn ich den Behälter wieder zurück bringe. Klappt wunderbar. Wir sparen Massen an Ressourcen dadurch und Zehntausende an Euros pro Jahr. Also, Pfand ist das Zauberwort.

  14. 47.

    Ah, Wochenende und mal wieder eine PR-Aktion dieser Gruppe.

    "Mehrweg" habe ich neulich im Prospekt von Edeka bestaunt: Das Einweggeschirr ist jetzt einfach nicht mehr aus erdölbasiertem Plastik, natürlich teurer und wird als "Mehrweggeschirr" verkauft - als wenn jemand die ganzen dünnen Teller, Becher und Bestecke zurückschleppen, abwaschen, wiederverwenden würde.

    Nebenher: Wie oft könnte man die eigentlich wiederverwenden? Oder ist das so wie mit diesen tollen Papiertüten, bei denen das - im Gegensatz zu den bösen Plastiktüten - höchstens ein-, zweimal klappt?

    Aber die Umweltengel werden befriedigt und die Politiker können so tun, als würden sie etwas tun.

    Und wie es um das auch in den Medien Tag für Tag vielbeschworene Umweltbewusstsein unserer Menschen wirklich steht, zeigen die Müllberge ebenso wie der Andrang an den Flughäfen.

  15. 46.

    "Das Übel wird leider nicht bei den Wurzeln gepackt! " DAS ist eindeutig der wunde Punkt: wenn es nicht gekauft würde, würde es irgendwann nicht mehr produziert. Aber es ist ja so schön bequem, sich auf dem Weg zur Schule / Arbeit schnell einen Kaffee, ein Sandwich (!!!) oder einen Salat zu kaufen. Es ist offenbar alles noch nicht teuer genug. Es liegt in der Macht und Verantwortung eines jeden Verbrauchers.... In den Märkten gibt es Abfall-Trenn-Stationen, was machen die Käufer? Packen ihre Einkäufe draussen aus und um und werfen alle Verpackungen in den Mülleimer - finde den Fehler....
    Die Lieferdienste könnten einpacken, wenn sie auf Mehrweg umstellen müssten, ich halte das für nicht realisierbar.

  16. 45.

    Es ist verrückt die die DUH einfach nur gute Sachen macht. Ich bin echt froh über den Dauerauftrag, den ich damals bei der Dieselaffäre gestartet hab.

  17. 44.

    Nicht nur die Städte sind gefordert, sondern jeder einzelne Bürger. Die Bürger sollen ihren Müll wieder mit nach Hause nehmen! Oder sieht die Umwelthilfe das etwas anders??

  18. 43.

    "Ich nicht! Da liegt es sicher an Ihrer Biographie. " Genau, es sind immer die anderen die Müll produzieren.

    "Es gab auch ein Land ohne Capri und... da waren u. a. Pfandflaschen eher Mode. Und ausser Zweitakterdreck gab es weniger Müll."

    Das soll jetzt ein Witz sein? Ja klar gab es in der Mangelwirtschaft keine Capri-Sonne aber die DDR war eine größten Drecksschleudern die es gab. Wenn der Wind ungünstig stand stank ganz Berlin nach billiger Braunkohle und Zweitaktdreck.

    Vom Chemiedreieck Bitterfeld ganz zu schweigen, alles schon wieder vergessen warum die Städte und Dörfer alle komplett grau waren? Oder DDT, in der BRD schon 1972 verboten wurde das Gift in der DDR noch bis zur Wende eingesetzt.

    https://taz.de/DDR-verspruehte-DDT/!1653928/

  19. 42.

    Das Übel wird leider nicht bei den Wurzeln gepackt! Mich würde auch interessieren, was mit unserem recyelbaren Müll tatsächlich passiert und wie die illegalen Deponien (weltweit) mit deutschem Müll entstehen? Die Müllmafia kassiert immer mehr Geld fürs Recycling (Verpackungsverordnung), aber sie recyceln kaum, sondern exportieren den Müll, legal oder illegal! Ob Mehrweg- oder Einwegverpackungen, wird da wirklich recycelt? Der Händler bezahlt schon lange für eine entsprechend ordentliche Entsorgung beim Verbraucher, aber die Wirklichkeit sieht offensichtlich anders aus?

    https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Deutscher-Muell-auf-illegalen-Deponien-in-Polen,muell932.html

    Nur einer von vielen Berichten!

  20. 41.

    Nein, auch hier stimme ich Ihnen zu. Doch seit Jahrzehnten schon gibt es diese viel zu kleinen Abfallbehälter und nur deshalb habe ich darauf angespielt. Alles weitere haben schon einige hier komplett beschrieben was alles geändert werden muß. Und zwar gleich und nicht erst in der Zukunft. Mikroplastik befindet sich mittlerweile in unserer Nahrungskette. Wer gerne Meeresfisch isst, nimmt diese Partikel mit auf. Die Plastik Industrie muß gefordert werden andere Lösungen für Verpackungen zu finden. Möglichkeiten gibt es. Nur wollen die gar nicht. Also sind wir Verbraucher aufgerufen unser Verhalten neu zu überdenken. Ich habe schon seit langer Zeit aufgehört unnötig Plastik zu verbrauchen. Doch oft führt einfach kein Weg daran vorbei.

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