Zum "Rettet-die-Kastanien-Tag" - Zeit, mal an den Baum zu denken

Sa 14.11.20 | 11:50 Uhr
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Blühender Kastanienbaum (Quelle: dpa/Felbert+Eickenberg)
Audio: Antenne Brandenburg | 13.11.2020 | Eva Kirchner-Rätsch | Bild: dpa/Felbert+Eickenberg

Seit 2008 ruft die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zum "Rettet-die-Kastanien-Tag" auf. Auch am Samstag findet der Aktionstag wieder statt. Dabei geht es darum, den Kastanien etwas Aufmerksamkeit zu schenken und auf den Schutz der Bäume aufmerksam zu machen.

Die Kastanienauswahl in Fürstenwalde (Oder-Spree) ist groß. Fast 800 dieser Baumfamilie gibt es in der Spreestadt. Esskastanien, rot blühende, gefüllt blühende und ganz normale Rosskastanien. Und sie alle haben eins gemeinsam: jetzt im Herbst machen sie viel Arbeit, bestätigt Henry Lübker, Hausmeister am Fürstenwalder Scholl-Gymnasium. Das Laub einer fast 100 Jahre alten Kastanie auf dem Schulhof fordert aktuell seine gesamte Aufmerksamkeit. Zudem müsste die grünen Baumfrüchte mit den spitzen Stacheln aus dem Boden gekratzt werden, da sonst im Frühjahr unzählige neue Sprösslinge drohten.

Mottenplage macht Bäumen zu schaffen

Wie wichtig die Laubentsorgung tatsächlich ist, erklärt Thomas Schmidt, Baumexperte in der Fürstenwalder Stadtverwaltung. Denn in den Blättern befinden sich die Larven der Miniermotte.

Heimisch ist der Schmetterling in Deutschland seit Ende der 80er Jahre. Ursprünglich aus der Balkan-Region stammend, breitete sich der Schädling über Bayern und Baden-Württemberg immer weiter Richtung Nord aus. Seit Anfang der 2000er fühlt sie sich auch in Brandenburg wohl. Nach dem Schlüpfen bohren - oder auch minieren - sich die Raupen mit Vorliebe in die Blätter der Kastanie.

Und auch in Fürstenwalde sind die Spuren deutlich zu sehen. Schmidt sagt dazu: "Man sieht schon die kleinen Minen von der Rosskastanien-Miniermotte, wo auch die Puppen drinsitzen, die dann, wenn sie auf den Boden fallen, nach zwei bis drei Tagen in den Boden gehen." Ganze drei bis vier Generationen gibt es pro Jahr. Aus jedem Gelege schlüpfen dann bis zu 40 Raupen.

Die von der Miniermotte befallenen Blaetter eines Kastanienbaumes (Quelle: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)
Schäden der Miniermotte an der Kastanie | Bild: dpa Themendienst

Die Amsel als natürlicher Schädlingsbekämpfer

Deshalb wird das Kastanienlaub in Fürstenwalde professionell in einer Kompostieranlage entsorgt. Dabei wird es erhitzt und die Larven sterben ab. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten die Miniermotte zu bekämpfen. Laut Thomas Schmidt konnte festgestellt werden, dass sich auch Meisen gerne an den Larven bedienen. "Wenn Sie ganz gezielt Nistkästen in die Kastanien hängen, wirkt sich auch das positiv aus."

Allerdings setzt seit einigen Jahren nicht mehr nur der kleine Schädling den Bäumen zu. Viel schlimmer wirken sich die Trockenheit und der anhaltende Wassermangel aus. "Gerade bei der Kastanie kann man schon jetzt mittelfristig beobachten, dass die Trockenheit ihr mehr zusetzt als die Miniermotte", so Schmidt.

Trotz all dieser Widrigkeiten setzt die Stadt auch in Zukunft auf eine möglichst große Baumvielfalt. Und dazu gehören auch Rosskastanien. Die sollen keinesfalls aus dem Stadtgebiet verschwinden und werden auch in Zukunft nachgepflanzt. Gute Nachrichten, findet Hausmeister Lübker. Denn mal vom Laub abgesehen, sind Kastanien durchaus auch schön anzusehen. "Wenn der Baum blüht, sieht er herrlich aus."

Und vielleicht lohnt es sich für den einen oder anderen am Wochenende mal wieder genau hinzuschauen oder sogar den Gewächsen vor der Haustüre eine Kanne Wasser zu spendieren. Auch der Bau eines Meisen-Kastens zusammen mit der Familie, könnte beim derzeit eingeschränkten Freizeitangebot doch auch Spaß machen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.11.2020, 14:10 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Bin zwar Laie, habe aber per Hörensagen aufgeschnappt, dass sich für jede Art irgendwann immer ein Lieblingsfeind findet. Könnte mir also vorstellen, dass die Miniermotte ihre Präferenz auch auf die Rotblühende Rosskastanie verschieben könnte - und/oder dass eine andere Tier- oder Pilzart die "RoBlüRoKa" zu ihrem Leibgericht und Hauptwohnsitz erklärt. Vermutlich sorgt also auch bei Stadtbäumen vor allem Vielfalt (hier wohl leider verbunden mit harter Arbeit) für Stabilität.

  2. 3.

    Die heimische Rosskastanie ist empfindlich gegenüber der Miniermotte.

    Die Rotblühende Rosskastanie (Aesculus × carnea, Syn.: Aesculus rubicunda) ist robuster gegenüber der heimischen Rosskastanie was die Miniermotte angeht, ist aber nicht zu hundert Prozent sicher davor gefeit.

    Es handelt sich dabei um eine Hybride zwischen der von der Balkanhalbinsel stammenden Gewöhnlichen Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) und der nordamerikanischen Roten Rosskastanie (Aesculus pavia).

    Ich selber besitze zwei 3jährige Exemplare der rotblühenden Rosskastanie und kann bestätigen, das die Miniermotte diese nicht mögen, nur vereinzelt gibt es Versuche der Motte, sich in Bättern anzusiedeln.

    Daher sollte man evtl. darüber nachdenken, die rotblühende Rosskastanie als Strassen- und Parkbaum vermehrt zu nutzen. Denn somit würde man die Miniermotte im Laufe der Zeit zu verdrängen.

    Mehr Infos zur rotblühenden Rosskastanie:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Fleischrote_Rosskastanie

  3. 2.

    Ich nenne die Kastanie bei uns auf dem Gemeinschaftsstreifen immer "des Gärtners Fluch", denn ab Blüte(nabfall) bist Du mit ihr beschäftigt. Gerade entsorge ich wieder UNmengen an Laub! Immer schön kehren, ab in den Bigbag. Dann Deponie, Kompostieranstalt. Keine Miniermotte, ist die schöne rote Kastanie, einfach nur Laub, vorher Blüten, dazwischen Beulen im Auto (Kastanien). Meisen füttere ich gerade an. Ich liebe Meisen, auch die Kastanie, die Meisen machen weniger Arbeit ;-)

    Den Mottenbefall finde ich sehr schade, es zeigt sich, wer sich um die Bäume kümmert, wer kehrt, hat weniger Befall. Gegossene Bäume sind stabiler. Bitte kümmert Euch um die (arbeitsintensive...) Kastanie in der Nähe.

  4. 1.

    Hausmeister Lübker scheint ein sympathischer Alltagsheld zu sein: Jemand der weiss, dass es Sauerstoff, Sonnenschutz, Schönheit und vieles mehr von Bäumen in der Stadt nicht ganz umsonst gibt. Klar kriegt er dafür auch Lohn und Brot, aber offenbar macht er seinen Job gern und mit Respekt und scheut dabei auch vor echter Handarbeit nicht zurück.

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