Neue Tierschutz-Verordnung - Bundeswehr schränkt Diensthunde-Ausbildung und bestimmte Trainings ein

Fr 07.01.22 | 18:16 Uhr | Von Georg-Stefan Russew
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Archiv: Die Diensthunde „Vine (r) und Eric Junior tragen an der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr Sonnenbrillen. (Quelle: Thomas Frey/dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 08.01.2022 | Georg-Stefan Russew | Bild: Thomas Frey/dpa

Die neue Hundeverordnung sorgt bei Sicherheitsbehörden weiter für Unsicherheit. Auch Bundeswehr, Bundespolizei und der Zoll setzen Schutzhunde ein. Während letzterer Einzelfallüberprüfungen vornimmt, hat das Militär Ausbildung und Training gestoppt. Von Georg-Stefan Russew

Trotz veränderter Tierschutz-Hundeverordnung setzt die Bundeswehr weiterhin ihre sogenannten Schutzhunde ein. Dennoch sei es seitdem Inkrafttreten dieser Regelung zu Jahresbeginn in den Abläufen der Bundeswehr zu Einschränkungen gekommen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums dem rbb sagte.

Eher schwammige Formulierung verunsichert Bundeswehr

Dies betreffe die Ausbildung, Erziehung und das Training. Obwohl die Bundeswehr gänzlich auf sich zuziehende Bänder oder Stachel-Halsbänder verzichtet und mittels positiver Verstärkung arbeite, bleibe Rechtsunsicherheit. In der neuen Verordnung sei der Passus "andere schmerzhafte Mittel" nicht weiter definiert. Und gerade diese eher schwammige Formulierung bereite der Bundeswehr Kopfzerbrechen, denn im Einsatz müssen Hunde jederzeit mit starken Belastungen rechnen. Darauf müsse man in der Ausbildung reagieren können, so der Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Der Sprecher des Berliner Verteidigungsministeriums erklärte weiter, dass die Bundeswehr in Ausbildung und Training die Tiere nur schrittweise und dosiert auch an unangenehme Reize heranführe. So erfolge eine Gewöhnung. Eine Überforderung der Hunde sei so ausgeschlossen. Ob dieses Handling aber dennoch unter den Passus "andere schmerzhafte Mittel" in der neuen Tierschutz-Hundeverordnung falle, sei unklar.

Wegen dieser Rechtsunsicherheit seien Training und Ausbildung eingeschränkt worden. Das Verteidigungsministerium arbeite aber an einem Positionspapier, "um das Durchführen hoheitlicher Aufgaben mit Diensthunden weiterhin rechtssicher zu ermöglichen", hieß es in einer Stellungnahme.

252 Diensthunde bei der Bundeswehr

Bei der Bundeswehr gibt es aktuell 252 Diensthunde mit unterschiedlichen Fähigkeitsprofilen, davon haben circa 200 Tiere eine Schutzdienst-Ausbildung. Dabei versehen 173 Tiere als Schutz- und Spürhund ihren Dienst bei den Feldjägern oder Spezialkräften, 72 unterstützen Pioniertruppen und 40 befinden sich an der bundeswehreigenen Schule für Diensthundewesen.

Berlin rudert zurück

Zuletzt erreichte die Thematik hohe Aufmerksamkeit, als die Berliner Polizei in dieser Woche ankündigte, aufgrund der neuen Rechtsverordnung ihre 49 bereits umfassend ausgebildeten Schutzhunde nicht mehr einsetzen zu können. In einer Reaktion des Berliner Innensenats vom Donnerstag wurde dann die Rolle rückwärts geübt. Die Hunde dürfen wieder eingesetzt werden, aber nicht mehr in jeder Hinsicht trainiert werden. Die Verschärfungen der Hundeverordnung beträfen nur Ausbildung, Erziehung und Training, nicht den Einsatz, erklärte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Donnerstag.

Die Brandenburger Polizei hatte für sich reklamiert, dass die neue Regelung keine Verbindlichkeit der Anwendung auf das Diensthundewesen der Polizei habe. Es gelte das Tierschutzgesetz, so ein Sprecher. Danach sei es nur verboten, Tieren ohne vernünftigen Grund Schmerzen zuzufügen, hieß es.

Zoll setzt Diensthunde weiter ein

Unterdessen erklärte der Zoll, seine Tiere weitereinzusetzen. Man setze auf moderne Ausbildungsmethoden. So sei ein Abschnüren der Luft überhaupt nicht erforderlich, um dem Hund das "Trennen“ beizubringen. Hier kämen laut Zollsprecherin Yvonne Schamber unter anderem Clicker-Technik und Beutetausch zum Einsatz. Für Stachelbandhalsbänder und/oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel existiere ein explizites Verwendungsverbot. Zudem prüfe der Zoll in Einzelfällen stets die eigene Praxis, so Schamber weiter. Insgesamt verfüge der Zoll über 340 Hunde. Knapp 140 verfügen neben einer Spürhund- auch über eine Schutzhund-Ausbildung.

Die Bundespolizei hat sich bislang noch nicht positioniert, verwies im Potsdamer Präsidium darauf, dass man in der Überprüfung sei.

Unterdessen soll Niedersachsen bereits eine Gesetzesinitiative in den Bundestag eingebracht haben, mit dem eine Ausnahme von dem Verbot im Rahmen der Diensthundeausbildung geregelt werden könnte.

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.01.2022, 17:30 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Ohne die neue Hundeverordnung ausführlich gelesen zu haben, kann ich mir kein abschließendes Urteil bilden. Ich habe allerdings den Eindruck, dass das BMVEL seine Arbeit ohne ausreichende Sachkenntnis und ohne sich vorher mit Diensthundeausbildern aller Bereiche beraten zu haben, schlecht gemacht hat.
    Wie ist sonst zu erklären, dass in §1 Abs. 2 Punkt 1 und 3 Ausnahmen gestattet werden? Gerade für Versuchstiere sollten die Bestimmungen uneingeschränkt gelten.
    https://www.juraforum.de/gesetze/tierschhuv/1-anwendungsbereich
    PS: Die Vorschriften für Zwingerhaltung sollten auch für die Schweinehaltung in Kastenständen übernommen werden!

  2. 3.

    Was soll man dazu sagen, die Politik meint es nett, Umsetzung mangelhaft. Aber woher kommt es, das wir scheinbar nur noch Gesetze bekommen, die unüberlegt, unübersichtlich sind und die Staatsorgane an ihrer Arbeit hindern !? Meiner Meinung sitzen einfach zuviel fachfremde an Schaltern, an denen sie nichts zu suchen haben. Ich repariere doch auch keine Heizung, sondern mache meinen Beruf. Und da dieser sehr breit gefächert ist (Gartenbau) mache ich dort auch nicht alles, wie in meinem Fall keine Teiche und Pools, nicht mein Fach, so einfach ist das.

  3. 2.

    Das ist sehr interessant, denn offenbar weiß das BMVg und die Presse mehr als die Betroffenen an der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr. Hier wird nämlich fröhlich und munter, von "oben" angeordnet weitergemacht. Die Betroffenen werden seitens der Führung im Stich gelassen, schlimmer noch es ist befohlen mit dem Wissen das dieser Befehl "rechtswidrig aber verbindlich" ist, da es sich um eine OWI handelt.

  4. 1.

    natürlich heißt glauben nicht wissen. Aber ich glaube dennoch, dass die Diensthunde in Deutschland ein gutes Leben und fürsorgliche Halter haben. Zumindest die Umfelder in welche ich Einblick gewonnen habe bestätigten bisher meinen Glauben an die Fähigkeit der Ausbilder und persönlichen Hundeführer. Die Tiere leisten gute Arbeit und haben eine Aufgabe die ihnen Spaß macht (belohnt wird). Das ist deutlich tierfreundlicher als die meisten privaten Haltungen von Hunden, wo das Tier nur „da ist“.

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